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P&C, Sinn und der Multilabelhandel

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Jür­gen Mül­ler

Patrick Clop­pen­burg zieht sich aus dem Ver­wal­tungs­rat der Schwei­zer P&C‑Muttergesellschaft zurück, eben­so sei­ne Schwes­ter Catha­ri­na. Die Fami­lie gibt die Füh­rung des Fami­li­en­un­ter­neh­mens aus der Hand. Ste­fa­no Del­la Val­le über­nimmt.

Dass die Nach­richt zwei Tage nach der geschei­ter­ten Über­nah­me von Sinn erfolgt, ist natür­lich Zufall. So eine Ent­schei­dung trifft man nicht über Nacht, auch wenn Patrick Clop­pen­burg eine ande­re Dra­ma­tur­gie im Sinn gehabt haben wird. Seit der erfah­re­ne Waren­haus­ma­na­ger Del­la Val­le als Bera­ter in Zug anheu­er­te, waber­ten die Gerüch­te um einen bevor­ste­hen­den Füh­rungs­wech­sel in der Hol­ding. Inso­fern kommt der Rück­zug nicht völ­lig über­ra­schend. Dem jüngs­ten Sohn des 2023 ver­stor­be­nen P&C‑Patriarchen Har­ro Uwe Clop­pen­burg wird ein eher wech­sel­haf­tes Inter­es­se am ope­ra­ti­ven Han­dels­ge­schäft nach­ge­sagt. Aber auch wenn er jetzt kei­ne offi­zi­el­le Funk­ti­on mehr hat, bleibt er als Mehr­heits­ge­sell­schaf­ter der star­ke Mann im Kon­zern.

Schwer vor­stell­bar ist zudem, dass Patrick Clop­pen­burg mit der Chef-Posi­ti­on sei­ne Ambi­tio­nen fal­len lässt. Dass es mit der Über­nah­me von Sinn nicht geklappt hat, ist sicher ein Rück­schlag. Die Ent­schei­dung der Gläu­bi­ger­ver­samm­lung kam am Mon­tag sehr über­ra­schend. Dahin­ter steckt wahr­schein­lich mehr ein Miss­trau­en gegen­über den P&C‑Absichten als ein Zutrau­en in das Fort­füh­rungs­kon­zept von Isa­bel­la Göbel. Die Plä­ne der alten und neu­en Inha­be­rin ste­hen unter einem nicht unbe­deu­ten­den Finan­zie­rungs­vor­be­halt. Denk­bar, dass das letz­te Wort in die­ser Ange­le­gen­heit noch nicht gespro­chen ist.

Der Bie­ter­wett­be­werb um Sinn ist vor dem Hin­ter­grund der seit Jahr­zehn­ten lau­fen­den Kon­so­li­die­rung des Mul­ti­la­bel­han­dels zu sehen. Patrick Clop­pen­burg sieht P&C dabei in der Rol­le des Prot­ago­nis­ten. 2021 hat er bereits die däni­sche Depart­ment Store-Ket­te Magasin du Nord über­nom­men. Aktu­ell wird ihm Inter­es­se an P&C Ham­burg nach­ge­sagt. Ob Nord-CEO Felix Schrö­der dem Erben des ande­ren Fami­li­en­stamms den Tri­umph einer Wie­der­ver­ei­ni­gung der seit 1911 getrennt ope­rie­ren­den P&Cs gewäh­ren wird? Das Mana­ger-Maga­zin schreibt, dass die Düs­sel­dor­fer auch an PKZ in der Schweiz und an Breu­nin­ger dran sind. Die Ver­kaufs­plä­ne der Stutt­gar­ter hat­ten die Bran­che im ver­gan­ge­nen Jahr geschockt. Laut Wirt­schafts­wo­che sind die anfäng­li­chen Bie­ter inzwi­schen größ­ten­teils abge­sprun­gen. Last but not least spe­ku­liert man in Münch­ner Ein­zel­han­dels­krei­sen auch über ein Inter­es­se P&Cs an Hirm­er.

Den Fokus einseitig auf bes­se­re Einkaufskon­di­tio­nen zu legen, wäre kurzsichtig. Mehr noch als auf das letz­te Pro­zent im Ein­kauf kommt es im Ein­zel­han­del auf Kun­den­nä­he und Exzel­lenz im Ver­kauf an.

Die gro­ßen Beklei­dungs­fi­lia­lis­ten mit ihren Mul­ti­la­bel­sor­ti­men­ten gehör­ten mal zu den Stars der Zunft. Seit den 90er Jah­ren ändert sich das. Ver­ti­ka­li­sie­rung und Digi­ta­li­sie­rung haben den Raum für die­ses Geschäfts­mo­dell enger gemacht. Zara und H&M haben die Fuß­gän­ger­zo­nen erobert. Der größ­te Kun­de für die deut­sche Beklei­dungs­in­dus­trie ist mitt­ler­wei­le Zalan­do. Dyck­hoff, Boe­cker, Hett­la­ge, Weh­mey­er sind längst vom Markt ver­schwun­den. Sinn ist mit Lef­fers fusio­niert, nach dem zwei­ten von inzwi­schen vier Insol­venz­ver­fah­ren hat man 2018 das „Lef­fers“ im Namen getilgt. Von den einst­mals vier Waren­haus­kon­zer­nen ist nur noch Gale­ria übrig. Wöhrl muss­te 2016 Insol­venz in Eigen­ver­wal­tung anmel­den und wird seit­her vom Grün­de­ren­kel Chris­ti­an Grei­ner geführt.

Das Mul­ti­la­bel-Busi­ness abzu­schrei­ben, wäre den­noch falsch. Denn gleich­zei­tig mit dem Nie­der­gang der einen, sind auf der ande­ren Sei­te neue fami­li­en­ge­führ­te Filia­lis­ten auf­ge­stie­gen. Allen vor­an Mode­park Röther mit sei­nen inzwi­schen 54 groß­flä­chi­gen Stores. Peter Graf ist aus Öster­reich nach Deutsch­land expan­diert und hat Appel­rath-Cüp­per über­nom­men. Aber auch Böck­mann und Kauf­haus Stolz brin­gen es inzwi­schen auf eine statt­li­che Zahl an Läden.

Dass groß­flä­chi­ge Mul­ti­la­bel-For­ma­te wei­ter funk­tio­nie­ren kön­nen, bewei­sen zudem vie­le loka­le Platz­hir­sche. Kun­den­nä­he, Indi­vi­dua­li­tät und kur­ze Wege zäh­len in die­sem Markt­seg­ment mehr als die Grö­ßen­vor­tei­le der zen­tral geführ­ten Filia­lis­ten, die zudem meist mit erhöh­ter Kom­ple­xi­tät ein­her­ge­hen. Die Her­aus­for­de­rung ist, Grö­ße im Ein­kauf mit Stär­ke im Ver­kauf zu ver­bin­den. Dar­an arbei­ten sich Han­dels­ma­na­ger in allen Fili­al­sys­te­men ab.

Den Fokus ein­sei­tig auf bes­se­re Einkaufskon­di­tio­nen zu legen, was häu­fig die Haupt-Moti­va­ti­on hin­ter einer Fusi­on ist, wäre dabei kurz­sich­tig. Mehr noch als auf das letz­te Pro­zent im Ein­kauf kommt es im Ein­zel­han­del auf Kun­den­nä­he und Exzel­lenz im Ver­kauf an.

Ob Patrick Clop­pen­burg das auch so sieht? In die­sem Punkt war P&C näm­lich schon mal wei­ter.

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