Die "Gewinnwarnungen" der deutschen Mode-AGs sind nur die sichtbaren Schleifspuren der seit acht Wochen anhaltenden Umsatztalfahrt der gesamten Branche. Die Anführungszeichen sind im Fall von Hugo Boss berechtigt, denn tatsächlich legen die Metzinger immer noch zwischen 6 und 8 Prozent im Umsatz und bis zu 7 Prozent im operativen Ergebnis zu, das am Ende bei etwas unter 20 Prozent vom Umsatz liegen wird. Das ist nur deshalb ein Problem, weil Claus Dietrich Lahrs vor kurzem noch einen optimistischeren Ausblick gegeben hat, weshalb der Hugo Boss-Kurs jetzt gefallen ist. So ging es auch der Gerry Weber-Aktie, nachdem Halle bekanntgegeben hat, dass das Umsatzziel für 2014 verfehlt werde. Auch Tom Tailor hat die Erwartungen fürs laufende Geschäftsjahr vorgestern gedämpft, die Hamburger leiden wie alle unter der katastrophalen Retail-Konjunktur dieses Herbstes.
Es ist im Falle der drei genannten wachstumsstarken Unternehmen freilich Jammern auf hohem Niveau. Deren Umsatz-Probleme möchten die meisten nicht börsennotierten Unternehmen mal haben. Für nicht wenige Einzelhändler nimmt die Misere dagegen allmählich existenzgefährdende Ausmaße an. Wer davor schon schwach auf der Brust war, dem gibt der Umsatzeinbruch demnächst womöglich den Rest.
Zugleich gibt es Firmenkonjunkturen, die sich von Konsumklima und Frequenzproblemen abgekoppelt zu haben scheinen. So meldete Hermès diese Woche ein Plus von währungsbereinigt 9 Prozent für die ersten neun Monate. Die Franzosen rechnen für 2014 mit einem Zuwachs um die 10 Prozent. Echter Luxus hat offenbar immer Konjunktur, ebenso wie richtig Billig: Primark wuchs im gerade abgelaufenen Geschäftsjahr um 16 Prozent beim Umsatz, selbst flächenbereinigt noch um 4 Prozent und 29 Prozent beim operativen Gewinn. Mehr als 1 Euro bleibt bei jedem 8 Euro-Pullover auf dem Gewinnkonto der Iren. Und das Geschäft einer angesagten Marke wie Michael Kors explodiert geradezu: mit einem Wahnsinns-Plus von 43 Prozent nach sechs Monaten.
Und sonst?
Rumpelt es auffällig bei den deutschen Sportartiklern. Allen voran in Heilbronn, wo der langjährige "Mister Intersport" Klaus Jost im Streit mit Aufsichtsrat und Vorstandskollegen ausgeschieden ist. In der Öffentlichkeit wird das schlechte Krisenmanagement angeprangert, tatsächlich geht es hinter den Kulissen auch um die richtige Richtung für Europas führende Sport-Verbundgruppe.
Bei Jack Wolfskin übernahm Melody Harris-Jensbach den CEO-Posten von Michael Rupp. Sie erwartet eine schwere Aufgabe. Jeder Deutsche hat vermutlich drei Outdoor-Jacken im Schrank und die Tatze ist irgendwie durch. Finanzinvestor Blackstone hat 700 Millionen für das Unternehmen ausgegeben, das nicht mal halb soviel umsetzt, und wird in Idstein entsprechend Druck machen.
Unruhe auch in Herzogenaurach: Bei Adidas ist Herbert Hainer seit Wochen unter Dauer-Beschuss. Da wirkt es fast schon entlastend, wenn der Sportartikel-Gigant einen Gewinneinbruch meldet, der niedriger als erwartet ist. Leider ist es immer noch ein Gewinneinbruch. Und nebenan bei den Kollegen von Puma zieht demnächst womöglich ein neuer Eigentümer ein. So wird in Analystenkreisen jedenfalls der plötzliche Kursanstieg diese Woche erklärt.
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