"Nicht zukunftsfähig." Mit dieser Begründung zur Einstellung des Roland-Formats stellt Deichmann auch dem klassischen Multilabel-Schuhfachhandel ein Zeugnis aus. Die 45 Filialen sollen bis Ende 2020 abgewickelt werden. Flankiert wird die Nachricht diese Woche von einer Veröffentlichung des Statistischen Bundesamts, nach der seit dem Jahr 2000 die Hälfte aller Schuhhändler in Deutschland verschwunden sind. Ende 2017 waren es noch 3.818. Allein in den vergangenen fünf Jahren mussten 900 Unternehmen ihre Läden dichtmachen, und das trotz leicht gestiegenen Marktvolumens.
Dieses Wachstum und noch viel mehr greifen Zalando und Amazon ab, die sich in kürzester Zeit ein Riesen-Stück vom Umsatzkuchen einverleibt haben. Der Onlinehandel insgesamt hat mittlerweile auch bei Schuhen über 20% Marktanteil. Modische Kunden kaufen bei Modehändlern, im preiswerten Bereich bei Zara und H&M, im gehobenen Segment bei den großen lokalen Bekleidungshäusern, von denen sehr viele in den letzten Jahren Schuhe in ihre Sortimente aufgenommen haben. Und natürlich bei Branchenprimus Deichmann, der seit Jahren wächst und einen Super-Job macht. Dass es selbst für Preisformate nicht trivial ist, sich im deutschen Markt zu behaupten, zeigt das Straucheln des polnischen Shootingstars CCC, der international ansonsten sehr erfolgreich wächst.
Natürlich klagen die Schuhhändler über rückläufige Frequenzen und den massiv gestiegenen Preiswettbewerb. Doch das – wie das Wetter – trifft alle gleichermaßen. Es sind von daher auch hausgemachte Probleme und strukturelle Schwächen. Nicht nur dass viele klassische Schuhgeschäfte kaum modernen Ansprüchen an Auftritt und Präsentation genügen. Auch halten sie vielfach ein Serviceversprechen aufrecht, das die Kunden häufig nicht suchen oder für das sie nicht zu zahlen bereit sind. Viele Läden haben zudem Megatrends wie etwa den Siegeszug der Sneaker verschlafen oder es nicht geschafft, sich als Anbieter auf diesem Feld glaubwürdig zu positionieren. Und am unterentwickelten Online-Anteil können auch Marktplätze wie Schuhe24 bisher nicht viel ändern. Immerhin geht es voran. Initiativen wie die gerade verkündete Allianz von Tamaris und ANWR sind zu begrüßen.
Der Strukturwandel, der das Modebusiness seit über 20 Jahren erfasst hat – die Vertikalisierung, die Konzentration, die Internationalisierung, die Digitalisierung – passiert jetzt im Schuhhandel. Nur im Zeitraffer. Bei dem Tempo dieser Veränderung wird es so manchen aus der Kurve tragen. Insbesondere wenn es um Antworten auf die digitale Konkurrenz geht, sind die Schuhgeschäfte strukturell in einer schlechteren Ausgangsposition als die Bekleidungshäuser.
Das kann für die Modehändler freilich kein Trost sein.
Und sonst?
… eröffnete die Met Gala die aktuell laufende Ausstellung zum Thema Camp. Die schönsten Exponate waren indes auf dem roten Teppich zu bewundern. Die besten Aufnahmen zeigte danach die New York Times.
… inspirierte die Absage von DFB-Ausstatter Hugo Boss das Online-Magazin Watson zu lustigen Montagen.
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