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Minus 4. Wann kommt der Aufschwung?

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Jür­gen Mül­ler

Minus 4. Das ers­te Halb­jahr war für den sta­tio­nä­ren Mode­han­del ein Kampf. In den ers­ten sechs Mona­ten blie­ben die Erlö­se laut TW durch­weg unter Vor­jahr, und das teil­wei­se auf Minus­vor­la­gen. Beson­ders geknif­fen sind offen­bar die Mono­la­bel-Stores, wäh­rend die Mul­ti­la­bel-Anbie­ter über­durch­schnitt­lich (aber immer noch mit zwei Pro­zent im Minus) abschnit­ten. Sie­ben von zehn Betrie­ben lau­fen ihren Umsät­zen hin­ter­her und müs­sen das nun im zwei­ten Halb­jahr auf­ho­len.

Ein­zi­ger Trost: Die Unter­neh­men haben über­wie­gend kon­ser­va­tiv geplant und gut gehaus­hal­tet. Fast zwei Drit­tel (64%) ver­zeich­nen gleich­blei­ben­de oder gar höhe­re Erträ­ge. Aus Sicht der Indus­trie ist das trotz­dem kei­ne opti­ma­le Aus­gangs­la­ge für die anlau­fen­de Order­run­de.

Doch es gibt auch posi­ti­ve Signa­le. Das kräf­ti­ge 3,5%-Plus, das der BEVH für den Online­han­del im zwei­ten Quar­tal mel­det, zeigt nicht nur eine Kanal­ver­schie­bung an, son­dern ist zugleich der Beleg, dass die Men­schen nach wie vor kon­sum­wil­lig sind – wenn das Ange­bot stimmt und man sei­ne Ziel­grup­pe erreicht. Beklei­dung war sogar über­durch­schnitt­lich nach­ge­fragt und konn­te allein im zwei­ten Quar­tal um 5,3% zule­gen.

Zwei Drit­tel die­ses Wachs­tums gehen frei­lich auf das Kon­to von Shein und Temu, sagt der BEVH. Über alle Waren­grup­pen hät­ten die asia­ti­schen Platt­for­men ihren Absatz allein im zwei­ten Quar­tal um 37% auf fast eine Mil­li­ar­de Euro gestei­gert. Es ist gekauf­ter Umsatz – die Chi­ne­sen haben wegen der US-Import­zöl­le ihre Wer­bung in Euro­pa mas­siv ver­stärkt. Dass Shein und Temu zusätz­li­che Mil­lio­nen an Goog­le über­wei­sen, lässt sich kaum ver­hin­dern. Aber es wird aller­höchs­te Zeit, dass der Gesetz­ge­ber für glei­che Rah­men­be­din­gun­gen bei Import­be­stim­mun­gen und Regel­ver­stö­ßen sorgt.

Unge­ach­tet des­sen scheint sich der Online­han­del von sei­ner Post-Coro­na-Depres­si­on erholt zu haben. Der sta­tio­nä­re Han­del, der immer noch die bevor­zug­te Ein­kaufs­stät­te für die meis­ten Ver­brau­cher ist, wird nach­zie­hen. Für eine bes­se­re Kon­sum­stim­mung zu sor­gen ist nach einer TW-Umfra­ge die größ­te Her­aus­for­de­rung für die kom­men­den Mona­te. Es wird sehr dar­auf ankom­men, dass die neue Regie­rung wirt­schafts­po­li­tisch die rich­ti­gen Signa­le setzt. Das schul­den­fi­nan­zier­te Inves­ti­ti­ons­pa­ket mag man grund­sätz­lich ableh­nen. Das Geld, das damit in die Wirt­schaft gepumpt wird, kann indes die Zuver­sicht und die Kon­sum­lau­ne för­dern. Das klein­ka­rier­te Geran­gel um die Strom­steu­er, die de fac­to für den Ein­zel­nen gar nicht die gro­ße Ent­las­tung bedeu­tet, war in die­ser Hin­sicht kon­tra­pro­duk­tiv.

Die Controller sollen ihren Job machen, doch auch ihr Gehalt bezahlen die Kunden. Mehr denn je kommt es deswegen jetzt auf den Verkauf an.

Das Zutrau­en der Bevöl­ke­rung scheint grund­sätz­lich da zu sein. Das HDE-Kon­sum­ba­ro­me­ter hat sich in den ver­gan­ge­nen Mona­ten ste­tig ver­bes­sert und ist aktu­ell auf dem höchs­ten Stand seit einem Jahr. Per Ende Mai sind die Umsät­ze im Ein­zel­han­del ins­ge­samt um 2,5 Pro­zent gewach­sen und damit bes­ser als erwar­tet gewe­sen. Für 2025 hält der Han­dels­ver­band an sei­ner Pro­gno­se von plus 2% fest. Auch das Ifo-Insti­tut hat neu­lich eine über­ra­schend posi­ti­ve Aus­sicht gege­ben. Eine Erho­lung der Kon­junk­tur rücke näher. 2026 kön­ne das BIP wie­der um 1,5% wach­sen.

Allein, auf eine bes­se­re Kon­junk­tur zu hof­fen, ist zu wenig. Statt­des­sen gilt es, an der eige­nen Fir­men­kon­junk­tur zu arbei­ten. Das darf sich nicht allein in Kos­ten­ma­nage­ment erschöp­fen. Die Con­trol­ler sol­len ihren Job machen, doch auch ihr Gehalt bezah­len die Kun­den. Mehr denn je kommt es des­we­gen jetzt auf den Ver­kauf an. Bei ziel­grup­pen­ge­rech­ten Ange­bo­ten und der rich­ti­gen Kun­den­an­spra­che sind beson­de­rer Ein­satz und mehr Krea­ti­vi­tät gefragt. Die sich hof­fent­lich nicht in rui­nö­sen Rabatt-Aktio­nen erschöpft, wie wir sie im Moment gera­de mal wie­der erle­ben. Bil­lig kön­nen die Chi­ne­sen näm­lich bes­ser.