
Minus 4. Das erste Halbjahr war für den stationären Modehandel ein Kampf. In den ersten sechs Monaten blieben die Erlöse laut TW durchweg unter Vorjahr, und das teilweise auf Minusvorlagen. Besonders gekniffen sind offenbar die Monolabel-Stores, während die Multilabel-Anbieter überdurchschnittlich (aber immer noch mit zwei Prozent im Minus) abschnitten. Sieben von zehn Betrieben laufen ihren Umsätzen hinterher und müssen das nun im zweiten Halbjahr aufholen.
Einziger Trost: Die Unternehmen haben überwiegend konservativ geplant und gut gehaushaltet. Fast zwei Drittel (64%) verzeichnen gleichbleibende oder gar höhere Erträge. Aus Sicht der Industrie ist das trotzdem keine optimale Ausgangslage für die anlaufende Orderrunde.
Doch es gibt auch positive Signale. Das kräftige 3,5%-Plus, das der BEVH für den Onlinehandel im zweiten Quartal meldet, zeigt nicht nur eine Kanalverschiebung an, sondern ist zugleich der Beleg, dass die Menschen nach wie vor konsumwillig sind – wenn das Angebot stimmt und man seine Zielgruppe erreicht. Bekleidung war sogar überdurchschnittlich nachgefragt und konnte allein im zweiten Quartal um 5,3% zulegen.
Zwei Drittel dieses Wachstums gehen freilich auf das Konto von Shein und Temu, sagt der BEVH. Über alle Warengruppen hätten die asiatischen Plattformen ihren Absatz allein im zweiten Quartal um 37% auf fast eine Milliarde Euro gesteigert. Es ist gekaufter Umsatz – die Chinesen haben wegen der US-Importzölle ihre Werbung in Europa massiv verstärkt. Dass Shein und Temu zusätzliche Millionen an Google überweisen, lässt sich kaum verhindern. Aber es wird allerhöchste Zeit, dass der Gesetzgeber für gleiche Rahmenbedingungen bei Importbestimmungen und Regelverstößen sorgt.
Ungeachtet dessen scheint sich der Onlinehandel von seiner Post-Corona-Depression erholt zu haben. Der stationäre Handel, der immer noch die bevorzugte Einkaufsstätte für die meisten Verbraucher ist, wird nachziehen. Für eine bessere Konsumstimmung zu sorgen ist nach einer TW-Umfrage die größte Herausforderung für die kommenden Monate. Es wird sehr darauf ankommen, dass die neue Regierung wirtschaftspolitisch die richtigen Signale setzt. Das schuldenfinanzierte Investitionspaket mag man grundsätzlich ablehnen. Das Geld, das damit in die Wirtschaft gepumpt wird, kann indes die Zuversicht und die Konsumlaune fördern. Das kleinkarierte Gerangel um die Stromsteuer, die de facto für den Einzelnen gar nicht die große Entlastung bedeutet, war in dieser Hinsicht kontraproduktiv.
Die Controller sollen ihren Job machen, doch auch ihr Gehalt bezahlen die Kunden. Mehr denn je kommt es deswegen jetzt auf den Verkauf an.
Das Zutrauen der Bevölkerung scheint grundsätzlich da zu sein. Das HDE-Konsumbarometer hat sich in den vergangenen Monaten stetig verbessert und ist aktuell auf dem höchsten Stand seit einem Jahr. Per Ende Mai sind die Umsätze im Einzelhandel insgesamt um 2,5 Prozent gewachsen und damit besser als erwartet gewesen. Für 2025 hält der Handelsverband an seiner Prognose von plus 2% fest. Auch das Ifo-Institut hat neulich eine überraschend positive Aussicht gegeben. Eine Erholung der Konjunktur rücke näher. 2026 könne das BIP wieder um 1,5% wachsen.
Allein, auf eine bessere Konjunktur zu hoffen, ist zu wenig. Stattdessen gilt es, an der eigenen Firmenkonjunktur zu arbeiten. Das darf sich nicht allein in Kostenmanagement erschöpfen. Die Controller sollen ihren Job machen, doch auch ihr Gehalt bezahlen die Kunden. Mehr denn je kommt es deswegen jetzt auf den Verkauf an. Bei zielgruppengerechten Angeboten und der richtigen Kundenansprache sind besonderer Einsatz und mehr Kreativität gefragt. Die sich hoffentlich nicht in ruinösen Rabatt-Aktionen erschöpft, wie wir sie im Moment gerade mal wieder erleben. Billig können die Chinesen nämlich besser.