„Eher würde Richard Baker im Hochzeitskleid über die Fifth Avenue in New York tanzen, als an Benko zu verkaufen", kursierte laut Spiegel im Umfeld des kanadischen Immobilientycoons. Das war im November, als HBC die 3 Milliarden-Offerte von Signa noch brüsk als "unvollständig, nicht bindend und unerwünscht" zurückwies. Doch Benko blieb dran, wohl wissend, dass die wirtschaftliche Realität Baker zum Einlenken zwingen würde. Und so kommt es demnächst womöglich zum Unvorstellbaren. Und das ist nicht der Tanz im Hochzeitkleid.
Die Deutsche Warenhaus AG ist so etwas wie der ewige Wiedergänger des Wirtschaftsjournalismus. Seit Jahren geistert die Idee durch die Kommentarspalten von Tageszeitungen und Magazinen. Als eine Art Schlusskapitel der schaurigen Erzählung von der Krise der Warenhäuser. Den Unternehmen wird damit eine Bedeutung zugeschrieben, die sie im Markt längst nicht mehr haben. Karstadt und Kaufhof kommen zusammen auf einen Umsatz von 4 Milliarden Euro, und da sind schon die Töchter und Schwestern in Belgien und den Niederlanden eingerechnet. 4 Milliarden sind nicht wenig. Aber Karstadt allein hat zu besten Zeiten mal mehr als 7 Milliarden umgesetzt. Zum Vergleich: Amazon setzt in Deutschland dreimal soviel wie Karstadt und Kaufhof zusammen um. Mit der Hälfte der Mitarbeiter. Die darüber hinaus in weiten Teilen zu den günstigeren Logistiktarifen entlohnt werden. Aber das ist eine andere Geschichte.
Dass mit einer Fusion nicht automatisch alles gut wird, hat Kaufhof-Chef Roland Neuwald schon vor einem Dreivierteljahr in einem Interview mit der Bild-Zeitung festgestellt: "Ich sehe nicht, dass dadurch ein besseres Geschäftsmodell entsteht. Unsere größten Konkurrenten sind die Amazons und Zalandos dieser Welt.“
Eine Fusion – so sie denn tatsächlich kommt – ist deswegen nicht die Lösung, sondern nur die nächste Etappe. Man spart Kosten und gewinnt Zeit, die man für den Umbau des Geschäftsmodells nutzen kann. Vermutlich würde Kaufstadt das Karstadt-Narrativ vom integrierten Omnichannel-Marktplatz übernehmen. Der Merger würde dazu führen, dass das verschmolzene Unternehmen auf unabsehbare Zeit mit sich selbst beschäftigt wäre. Was die Gefahr birgt, erst recht den Anschluss an die Marktentwicklung zu verpassen.
Nicht unwahrscheinlich wäre dann, dass Kaufstadt nach einer schmerzhaften Rosskur in zwei, drei Jahren als gesundes Unternehmen erschiene. Und Immobilieninvestor Benko das operative Geschäft dann weiterreichte. An die Börse oder an irgendeinen Finanzinvestor, der nicht weiß wohin mit seinen Milliarden. Und da gäbe eine Europäische Warenhaus AG sicherlich eine bessere Story ab als der Wirtschaftswunder-Veteran Karstadt.
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