Passiert large

GNTM-Fans müssen jetzt ganz stark sein

Img
Jür­gen Mül­ler

Mon­tag, 24. März. Dec­a­th­lon zieht in Gale­ria-Filia­len ein. Das sieht zunächst nach Win-Win aus: Dec­a­th­lon ver­stärkt sei­ne Prä­senz in den Innen­städ­ten und in den Köp­fen der Bevöl­ke­rung. Gale­ria gewinnt einen zug­kräf­ti­gen Anbie­ter, der Miet­erlö­se und bes­ten­falls Fre­quenz bringt.

Ob die Rech­nung für die Betei­lig­ten auf­geht, wird von der kon­kre­ten Umset­zung abhän­gen. Dec­a­th­lon wird in Kon­stanz oder Frei­burg ja wahr­schein­lich nicht die drit­te Eta­ge bele­gen, son­dern wert­vol­le Flä­chen mit Erd­ge­schoss-Zugang bean­spru­chen. Dafür müs­sen dann wahr­schein­lich die für die Aus­strah­lung eines Waren­hau­ses prä­gen­den Par­fü­me­rie- und Schmuck­ab­tei­lun­gen wenigs­tens teil­wei­se wei­chen. Und ob die Gale­ria-Män­ner­mo­de im ers­ten oder zwei­ten Stock von dem neu­en Mie­ter pro­fi­tiert? Der Kom­pe­tenz und Aut­ho­ri­tät des einst­mals füh­ren­den deut­schen Sport­händ­lers ist der Rück­zug der Sport­ar­ti­kel-Sor­ti­men­te aus den künf­ti­gen Dec­a­th­lon-Stand­or­ten jeden­falls nicht zuträg­lich.

Dass aus gro­ßen Plä­nen nicht zwangs­läu­fig gro­ße Erfol­ge wer­den, zeigt die Koope­ra­ti­on mit Sepho­ra: Aus der vor acht Jah­ren ange­kün­dig­ten Expan­si­on von Sepho­ra sind gera­de mal fünf Flä­chen bei Gale­ria gewor­den. Und wer weiß, ob der ges­tern ernann­te neue Dec­a­th­lon-CEO Javier López an der kom­ple­xi­täts­trei­ben­den Ver­triebs­po­li­tik sei­ner Vor­gän­ge­rin fest­hält.

+++++

Diens­tag, 25. März. H&M plant, digi­ta­le Repli­ca von 30 Top-Models zu pro­du­zie­ren, um die­se in KI-gene­rier­ten Kam­pa­gnen und in social media ein­set­zen zu kön­nen, berich­tet BoF. Die Models behal­ten die Rech­te an ihren vir­tu­el­len Zwil­lin­gen und pro­fi­tie­ren damit auch mone­tär von deren Ein­satz in jed­we­dem Kon­text, auch außer­halb von H&M. Es ist ein cle­ve­rer Schach­zug der Schwe­den, die sich damit gleich­zei­tig als tech­no­lo­gisch fort­schritt­lich und sozi­al ver­ant­wort­lich zei­gen.

Aber natür­lich hat auch H&M kein Geld zu ver­schen­ken. Zur Wahr­heit gehört, dass die künf­tig per KI gene­rier­ten Kam­pa­gnen viel ein­fa­cher, schnel­ler und kos­ten­güns­ti­ger pro­du­ziert wer­den kön­nen. Das ist auch not­wen­dig, denn der Bedarf an Con­tent wird mit der Viel­zahl der Kanä­le und der höhe­ren Schlag­zahl an Anstö­ßen ten­den­zi­ell wach­sen. Gespart wird an Rei­sen, Loca­ti­ons, Foto­gra­fen und Sty­lis­ten – all dem unsicht­ba­ren Hin­ter­grund-Auf­wand, der Pro­duk­tio­nen teu­er und in der Ver­gan­gen­heit aber auch meist den Unter­schied gemacht hat. Wenn H&M es mit der sozia­len Ver­ant­wor­tung ernst mein­te, wären dem­nach auch Son­der­zah­lun­gen an die Künst­ler­so­zi­al­kas­se fäl­lig.

Ohne­hin darf man sich nichts vor­ma­chen, und GNTM-Fans müs­sen jetzt ganz stark sein: Das Model­s­ein hat kei­ne Zukunft. Die KI-Wel­le wird auch über die­sen Beruf hin­weg­rol­len. Über kurz oder lang wer­den die manch­mal lau­ni­schen und mit viel Auf­wand her­ge­rich­te­ten Schön­hei­ten durch per­fek­te, gren­zen­los modi­fi­zier­ba­re und nie ermü­den­de künst­li­che Geschöp­fe ersetzt wer­den. Weni­ge Top-Ver­die­ner aus­ge­nom­men. Die Ent­wick­lung läuft bereits. Heu­te schon spü­len uns die sozia­len Medi­en mas­sen­haft vir­tu­el­le Influen­cer in die Feeds. Die Dar­stel­lung wird immer natür­li­cher. Der erst­mals zu 100 Pro­zent KI-gene­rier­te Clip, den Puma die­se Woche geschal­tet hat, zeigt, was heu­te mög­lich ist.

Wobei was wir als authen­ti­sche Dar­stel­lung anse­hen zuneh­mend rela­ti­viert wird. Denn gleich­zei­tig wirkt die arti­fi­zi­el­le KI-Ästhe­tik stil­bil­dend, und das gän­gi­ge Schön­heits­ide­al wird wei­ter ins Extre­me getrie­ben. Wenn es in die­sem Kon­text einen Beruf mit Zukunft gibt, dann ist es: Schön­heits­chir­urg.

+++++

Mitt­woch, 26. März. Die aktu­el­len Otto-Ergeb­nis­se wer­den von den Medi­en posi­tiv ver­merkt: Plus 5% beim Umsatz, 4% mehr Kun­den, das GMV 9% gewach­sen. Nur Exci­ting Com­mer­ce mag sich dem reak­ti­vier­ten Cla­im („…find ich gut“) nicht anschlie­ßen: der Otto-Umsatz lie­ge immer noch 700 Mil­lio­nen unter 2021/22, mäkelt Autor Jochen Krisch, wes­halb das Unter­neh­men auch ein 80 Mil­lio­nen-Spar­pro­gramm inklu­si­ve Stel­len­ab­bau auf­ge­legt habe. Und das Temu-Bas­hing, das bei der Bilanz­pres­se­kon­fe­renz erneut auf­kam, sol­le man sich eben­falls bes­ser spa­ren. Denn zu den Pro­fi­teu­ren der Lie­fer­flut aus Chi­na gehö­re auch der zum Kon­zern gehö­ren­de Paket­zu­stel­ler Her­mes.

+++++

Don­ners­tag, 26. März. About You star­tet auf Tik­Tok-Shop. Am kom­men­den Mon­tag geht’s los. Pro­mo­ted wer­den sol­len vor allem die Cele­bri­ty Brands. Till Jag­la, Mari­na Hoer­man­se­der und Celi­ne Beth­mann wer­den ihre Pro­duk­te selbst ver­kau­fen. About You auf den Spu­ren von QVC und HSE: next Gene­ra­ti­on Tele­shop­ping. Wir sind gespannt, ob das zün­det.