Farfetch schluckt Stadium Goods. Der Internet-Marktplatz sichert sich damit den Zugriff auf das lukrative und gerade für die umworbene Millenial-Zielgruppe relevante Sneaker-Segment. Die Übernahme war nicht die erste und wird nicht die letzte gewesen sein, und das nicht nur, weil Farfetch nicht wüsste wohin mit all dem Börsengeld. Im Gegenteil schreibt das Unternehmen bis heute nur Verluste. Wer die Aktie hält, wettet auf die Zukunft. Das Luxusgeschäft im Internet blüht, viel stärker als die Luxuskonzerne es lange wahrhaben wollten. Und es wird sich gleichzeitig konsolidieren, mehr noch als im Massenmarkt. Denn die Brands, die vielfach in der Hand von wenigen Konzernen sind, werden das Online Business mittelfristig selbst machen wollen. Saint Laurent wird es dann nur noch bei ysl.com geben. Und bei sehr wenigen ausgewählten anderen Adressen. Vor der Auslistung schützt insbesondere Größe und internationale Reichweite in der relevanten Zielgruppe. Weshalb Net-a-porter und Farfetch weiter in Siebenmeilen-Stiefeln unterwegs sein werden. Die Claims werden jetzt verteilt. Deutsche Erfolgsstories wie mytheresa.com müssen sich ranhalten, um im globalen Wettbewerb nicht zurückzufallen. Der aktuelle Streit unter den Neiman Marcus-Eigentümern ist deswegen nicht hilfreich.
Die Monopolisierungstendenz gilt in abgemilderter Form auch im Massenmarkt. Das heißt: Eigentlich ist das Rennen dort bereits entschieden – über die Hälfte des deutschen Onlinehandels läuft heute schon über Amazon. Zalando mag in Deutschland eine Riesen-Nummer sein. Amazon macht global 40 mal mehr Umsatz. Da kommen schnell mal Übernahmegerüchte auf, so wie aktuell, wo Zalando an der Börse abschmiert. Der Kurs hat sich in den letzten vier Monaten halbiert, für gut 3 Milliarden könnte man die Aktienmehrheit übernehmen. Ob Amazon solche Ambitionen hat, weiß nur Jeff Bezos. Wenn Amazon im Modegeschäft weiterkommen wollte, wäre ein globaler Marketplace wie Farfetch eine mindestens ebenso naheliegende Option.
Zalando reagiert auf die aktuelle Krise mit Aktienrückkäufen und Kostensenkungen. So spart man sich die Bread & Butter. Gleichzeitig erweitert man das Angebot, nach Beauty prüft man jetzt den Einstieg in Heimtextilien. Hinter dem diese Woche ebenfalls verkündeten Ausbau von Premium Brands steht nicht nur der Ansatz, mehr Modekompetenz auf den Monitor zu bringen. Es wird wohl auch darum gehen, wieder einen höheren Durchschnittswarenkorb zu erzielen, um damit die permanent steigenden Logistikkosten kompensieren zu können. Und die avisierte Eröffnung weiterer Zalando-Outlets dürfte auch mehr eine Notmaßnahme zum Abbau von Überlägern sein als Baustein einer nach vorne gerichteten Stationär- oder gar Omnichannel-Strategie.
Ganz spannend sind in diesem Zusammenhang die aktuellen Inditex-Zahlen. „Mehr Umsatz mit weniger Läden“, schreibt die TW. Über die Performance der Flächen sagt das nicht allzu viel aus; denn die Online-Umsätze werden nicht separat ausgewiesen, sondern offenbar einfach draufgerechnet. Die Spanier betreiben weltweit netto mehr als 50 Läden weniger als noch vor Jahresfrist. Man darf davon ausgehen, dass Inditex mit Argusaugen auf sein Stationärgeschäft schauen und konsequent der Frequenz folgen wird, die nun mal ins Netz abwandert.
Es ist natürlich eine hypothetische Frage. Aber wäre Zara ein solcher Welterfolg geworden, wenn Amancio Ortega seinerzeit nicht mit tollen Läden, sondern als Online Retailer gestartet wäre? Statt in Werbung investiert Zara seit jeher ins Produkt und in die Präsentation. Aus dem Kontrast von hochwertigem Auftritt und erschwinglichen Preisen bezieht die Marke ihre Attraktivität. Online lässt sich dieses Versprechen nicht gleichermaßen einlösen. Und anders als in der Fußgängerzone gibt es bei Google den Traffic nicht umsonst.
Und sonst?
…stahl Meghan Markle bei den British Fashion Awards allen die Show. Die Amerikanerin strahlte noch mehr als Preisträgerin Clare Waight Keller (Givenchy).
…berät Virgil Abloh neuerdings auch die Mineralwassermarke Evian. Wir haben schon immer gewußt, dass das Kreativ-Genie auch nur mit Wasser kocht.
…ist Justin Timberlakes „Soulmate“ laut Mood Media die meistgespielte Instore-Musik. Kein Wunder, dass die Frequenzen rückläufig sind.
…hat Heino Geburtstag. Der Schlagersänger mit dem ikonischen Look wird 80. Der Heino der Modebranche – Karl Lagerfeld – ist dieses Jahr 85 geworden.
…ist Watson der nächste Preisträger des renommierten Gottlieb Duttweiler Preises. Nach Vaclav Havel, Joschka Fischer und Kofi Annan geht der Preis im kommenden Mai an die Künstliche Intelligenz von IBM. Hinter der Jury steckt – soweit man weiß – kein Algorithmus.
…ist „Living Coral“ für Pantone die Farbe des Jahres. Man hätte es auch „Grilled Shrimp“ nennen können, aber das hätte wohl die Vegetarier auf den Plan gerufen.
…wurde diese Woche eine Studie publik, nach der 44 Prozent der Millennials lieber auf Sex verzichten würden, anstatt ihr Amazon-Konto für ein Jahr zu kündigen. 77 Prozent der Befragten würden lieber für ein Jahr dem Alkohol abschwören als Amazon. Spricht das jetzt für Amazon? Oder gegen die Millennials?
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