Vor der Stabübergabe in Washington schießen jetzt die Spekulationen, was der Machtwechsel mit sich bringen wird. Die protektionistische Linie, die Donald Trump im Wahlkampf vertreten hat, verheißt nichts Gutes – für den Welthandel nicht, für die Exportnation Deutschland nicht, und auch nicht für die Textilbranche, die wie keine andere globalisiert arbeitet.
Es gibt auch Player, die sich auf der Gewinnerseite sehen. So hat der CEO von New Balance die Wahl Trumps begrüßt (der Sneaker-Anbieter produziert überwiegend in den USA), was ihm prompt den Beifall der US-Neonazi-Szene und damit ein PR-Desaster eingebracht hat. Für American Apparel kam Trumps Wahl indes zu spät, das Unternehmen musste diese Woche erneut Insolvenz anmelden. Die teurere US-Produktion ist in diesem Fall aber nur ein Teil des Problems. Es kommt halt immer auch darauf an, was produziert wird.
Im Silicon Valley reiben sie sich derweil die Augen. Mit Facebook und Twitter wurden dort die Geister aus der Flasche gelassen, die die Wahl Trumps erst ermöglicht haben. Dass man nicht alles glauben sollte, was über die sozialen Netzwerke verbreitet wird, zeigt das angebliche Ableben von Mark Zuckerberg. Facebook hatte seinen Gründer für tot erklärt, zusammen mit Millionen anderer Nutzer. Eine Software-Panne, wie das Unternehmen am Wochenende erklärte.
Auch in Seattle herrscht nach der Wahl Erklärungsnotstand. Jeff Bezos hatte sich im Vorfeld ein Twitter-Battle mit dem Kandidaten geliefert. Der Amazon-Gründer hätte Trump am liebsten auf den Mond geschossen, diese Woche blieb ihm nun nichts anderes übrig, als seine Mitarbeiter in einem Memo auf Toleranz und Diversity einzuschwören.
Und schließlich winden sich die US-Modemagazine, wie sie mit Melania Trump umgehen sollen. Ein Model als First Lady ist natürlich grundsätzlich ein Glücksfall für die Hochglanzpresse. Dumm nur, dass die Chefredakteurinnen und Modemacher im Vorfeld unisono Hillary Clinton unterstützt haben. Mit Prinzipientreue ist auch in diesem Fall nicht zu rechnen. Die US-Modeindustrie wird das First Testimonial bestimmt in Szene zu setzen wissen.
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Dass Mehrheitsentscheidungen nicht immer vernünftige Lösungen hervorbringen, zeigte sich dieser Tage nicht nur in Washington, sondern auch in der westfälischen Provinz. In Münster stellte sich die Bevölkerung bei einer Abstimmung mehrheitlich gegen Sonntagsöffnungen. Sehr zum Verdruss des örtlichen Einzelhandels, der sich dadurch um ein gutes Geschäft gebracht sieht.
Letzteres ist bemerkenswert für jeden, der die historische Debatte um den Ladenschluss verfolgt hat. Der Handel hat über Jahrzehnte jede Lockerung der Ladenöffnungszeiten erbittert bekämpft, stets im Schulterschluss mit Kirchen und Gewerkschaften. Während letztere aus kulturellen und sozialen Gründen am Ladenschlussgesetz festhalten wollten, ging es für die Unternehmen vor allem darum, den Wettbewerb einzuschränken. Diese Front ist lange aufgebrochen und durch das Internet unhaltbar geworden. Denn mittlerweile erweist sich die gesetzliche Beschränkung der Öffnungszeiten als gravierender Wettbewerbsnachteil des gesamten stationären Einzelhandels gegenüber der Online-Konkurrenz, die 365/24/7 verkaufen kann. Wenn Shopping aber eine Freizeitbeschäftigung ist und der stationäre Handel dem einsamen Sofa-Surfen Erlebnis und soziale Interaktion entgegensetzen will, dann kann er nicht ausgerechnet dann zuschließen, wenn die Menschen Freizeit haben. Am Sonntag, abends und an Feiertagen. Es sollte deshalb jeder Einzelhändler selbst entscheiden können, wann er für seine Kunden da sein möchte und wann er das nicht braucht.
Die Appelle, die diese Woche vom Deutschen Handelskongress in diese Richtung gingen, werden aber wohl dennoch ungehört bleiben. Denn es ist mittlerweile schlicht so, dass die Menschen kein großes Bedürfnis nach erweiterten Öffnungszeiten mehr haben und die Politik damit wenig Handlungsbedarf verspüren dürfte. Das zeigt die Volksabstimmung in Münster. Und das ergab auch eine Studie, der Bert Rürup gestern in Berlin vorgestellt hat. Danach sind nur 17 Prozent der Bevölkerung nicht zufrieden mit den aktuellen Ladenöffnungszeiten. Klar – wer abends oder am Sonntag shoppen möchte, geht heutzutage halt ins Web.
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Und sonst?
…hat mit Laurèl eine weitere Modefirma Probleme, ihre Anleihe zu bedienen. Die Mittelstandsanleihen waren vor einigen Jahren ein probates Mittel für unterfinanzierte Unternehmen, neue Geldtöpfe zu erschließen und sich damit Zeit zu kaufen, sich auf den Strukturwandel der Banche einzustellen. Am Ende war es zu wenig Geld. Oder zu wenig Zeit. Oder der Strukturwandel zu schnell und drastisch.
…wird Hugo Boss Produktangebot und Pricing neu justieren. Schluss mit Orange und Green, jetzt gibt es nur noch Hugo und Boss. Es klingt aus Marktsicht vernünftig, was Mark Langer und Ingo Wilts verkündet haben. Die Börse hat die Reorganisation trotzdem mit kräftigen Abschlägen bedacht. Eine gute Kaufgelegenheit?
…trifft man nicht nur manche süße Maus in Zara-Klamotten, sondern auch tote Ratten. Eine solche will eine New Yorkerin angeblich im Saum eines Mantels eingenäht gefunden haben, weswegen sie Inditex, wie das in USA so üblich ist, gleich auf Schadenersatz verklagt hat. Das kann nur ein Irrtum sein. Schließlich haben die Spanier schon vor Jahren erklärt, keine Pelze mehr zu verwenden.
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