Die Nachricht hat die Branche vorgestern kalt erwischt: Breuninger soll verkauft werden? Echt jetzt? Eines der Vorzeigeunternehmen im deutschen Einzelhandel. Ein Department Store–Betreiber, der beweist, dass Kaufhaus funktioniert, wenn man es richtig macht. Einer der wenigen Stationären, der die Transformation zum Omnichannel-Anbieter offensichtlich erfolgreich hinbekommen hat. Ein Leuchtturm in einer Branche, in der mancherorts Untergangsstimmung herrscht. Dass die Eigentümer angeblich verkaufen wollen, sendet ein fatales Signal: Glauben da etwa Unternehmer nicht mehr an ihr Unternehmen?
Natürlich äußern sich die Stuttgarter gegenüber der WirtschaftsWoche nicht zu ihren Plänen. Auch ist nicht ausgemacht, dass es am Ende wirklich zum Verkauf kommt. So kann man über die Motive nur spekulieren. Eine Überlegung wäre, dass Willem van Agtmael (77) und Wienand Meilicke (79), deren Familien die Mehrheit an Breuninger halten, ihr Haus bestellen. Vielleicht haben die Erben kein Interesse, sich das anstrengende und extrem aufwändige Einzelhandelsgeschäft anzutun und lassen lieber die 2 Milliarden arbeiten, die der Deal laut WirtschaftWoche abzüglich Schulden einbringen soll. Man weiß es nicht. Aber wenn dies so wäre, wäre ein Verkauf nur konsequent und damit langfristig auch für das Unternehmen besser. Doch zunächst sendet die Nachricht Schockwellen, zuvorderst an die 6500 Mitarbeitenden. Und natürlich besteht die Gefahr, dass ein sensibles Ökosystem, wie es Breuninger über Jahrzehnte aufgebaut hat, kippt.
Neue Eigentümer müssen indes per se nichts Schlechtes bedeuten. Die entscheidende Frage ist: Wer übernimmt?
Laut WirtschaftsWoche haben 31 Bieter ihren Hut in den Ring geworfen. Darunter diverse Finanzinvestoren und internationale Department Store-Betreiber wie El Corte Ingles und Galeries Lafayette. Abenteuerlich klingt das angebliche Interesse von Amazon. Was will der US-Online-Gigant mit einem schwäbischen Warenhausbetreiber? Wenn es Amazon um den Ausbau seiner Luxury-Kompetenz ginge, hätte man mit YNAP oder zuletzt auch Farfetch Optionen gehabt, die dem eigenen Geschäftsmodell näher sind. Andererseits ist Amazon als Investor bei der aktuell in USA laufenden Fusion von Saks Fifth Avenue und Neiman Marcus an Bord. Hinter diesem Deal steht der in Deutschland nicht ganz unbekannte Richard Baker, der ebenfalls unter den Breuninger-Bietern sein soll. Wird der HBC-CEO demnächst womöglich nicht nur bei Galeria in Düsseldorf, sondern auch in Stuttgart mitreden?
Man muss mit Blick auf das langfristige Wohl des Unternehmens hoffen, dass Immobilien und operatives Geschäft in einer Hand bleiben.
Last but not least ist offenbar auch die Central Group unter den Interessenten. Das ergäbe womöglich am meisten Sinn. Breuninger reihte sich ein in die von den Thailändern zielstrebig betriebene Konsolidierung der europäischen Warenhausszene. Die KadeWe Group und Breuninger würden sich als Luxusadressen hierzulande hervorragend ergänzen, das KadeWe von der Online-Expertise der Stuttgarter profitieren, und die gesamte Gruppe, zu der klangvolle Namen wie Selfridges, Globus, De Bijenkorf und La Rinascente gehören, in eine noch bessere Verhandlungsposition gegenüber den Luxury Brands bringen, für die Wholesale vielfach keine Priorität mehr hat. In München und – sofern die Westfield Mall dann mal eröffnet – in Hamburg gäbe es jeweils Doppelstandorte, die diese reichen Städte aber wohl verkraften könnten.
Denkbar ist natürlich auch ein separater Verkauf von Liegenschaften und Betreibergesellschaft. 1,8 Milliarden Euro soll laut WirtschaftsWoche das Immobilienvermögen von Breuninger wert sein, der vergleichsweise kleinere Teil entfiele demnach auf das operative Geschäft. Man kann indes nur hoffen, dass beide Geschäftszweige in einer Hand bleiben. Der Notverkauf des Immobilieneigentums unter Arcandor war seinerzeit der Anfang vom Ende Karstadts. Auch Galeria kam wegen der Mietforderungen von Benkos Signa nicht auf die Beine.
Es wäre mit Blick auf das langfristige Wohl des Unternehmens zu wünschen, dass ein maximaler Verkaufserlös nicht das einzige Kriterium für die Eigentümer ist. Sondern dass bei Breuninger Einzelhandelsprofis zum Zuge kommen, die in der Lage sind, die unterschiedlichen Interessen von Vermieter und Mieter auszutarieren. Die zugleich das Verständnis für die Anforderungen dieses lokalen Geschäfts haben. Und die dem Management den Spielraum geben, den es braucht, um weiterhin erfolgreich zu sein.