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Breuninger, echt jetzt?

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Jür­gen Mül­ler

Die Nach­richt hat die Bran­che vor­ges­tern kalt erwischt: Breu­nin­ger soll ver­kauft wer­den? Echt jetzt? Eines der Vor­zei­ge­un­ter­neh­men im deut­schen Ein­zel­han­del. Ein Depart­ment Store–Betreiber, der beweist, dass Kauf­haus funk­tio­niert, wenn man es rich­tig macht. Einer der weni­gen Sta­tio­nä­ren, der die Trans­for­ma­ti­on zum Omnich­an­nel-Anbie­ter offen­sicht­lich erfolg­reich hin­be­kom­men hat. Ein Leucht­turm in einer Bran­che, in der man­cher­orts Unter­gangs­stim­mung herrscht. Dass die Eigen­tü­mer angeb­lich ver­kau­fen wol­len, sen­det ein fata­les Signal: Glau­ben da etwa Unter­neh­mer nicht mehr an ihr Unter­neh­men?

Natür­lich äußern sich die Stutt­gar­ter gegen­über der Wirt­schafts­Wo­che nicht zu ihren Plä­nen. Auch ist nicht aus­ge­macht, dass es am Ende wirk­lich zum Ver­kauf kommt. So kann man über die Moti­ve nur spe­ku­lie­ren. Eine Über­le­gung wäre, dass Wil­lem van Agt­ma­el (77) und Wienand Meili­cke (79), deren Fami­li­en die Mehr­heit an Breu­nin­ger hal­ten, ihr Haus bestel­len. Viel­leicht haben die Erben kein Inter­es­se, sich das anstren­gen­de und extrem auf­wän­di­ge Ein­zel­han­dels­ge­schäft anzu­tun und las­sen lie­ber die 2 Mil­li­ar­den arbei­ten, die der Deal laut Wirt­schaft­Wo­che abzüg­lich Schul­den ein­brin­gen soll. Man weiß es nicht. Aber wenn dies so wäre, wäre ein Ver­kauf nur kon­se­quent und damit lang­fris­tig auch für das Unter­neh­men bes­ser. Doch zunächst sen­det die Nach­richt Schock­wel­len, zuvor­derst an die 6500 Mit­ar­bei­ten­den. Und natür­lich besteht die Gefahr, dass ein sen­si­bles Öko­sys­tem, wie es Breu­nin­ger über Jahr­zehn­te auf­ge­baut hat, kippt.

Neue Eigen­tü­mer müs­sen indes per se nichts Schlech­tes bedeu­ten. Die ent­schei­den­de Fra­ge ist: Wer über­nimmt?

Laut Wirt­schafts­Wo­che haben 31 Bie­ter ihren Hut in den Ring gewor­fen. Dar­un­ter diver­se Finanz­in­ves­to­ren und inter­na­tio­na­le Depart­ment Store-Betrei­ber wie El Cor­te Ingles und Gale­ries Lafay­et­te. Aben­teu­er­lich klingt das angeb­li­che Inter­es­se von Ama­zon. Was will der US-Online-Gigant mit einem schwä­bi­schen Waren­haus­be­trei­ber? Wenn es Ama­zon um den Aus­bau sei­ner Luxu­ry-Kom­pe­tenz gin­ge, hät­te man mit YNAP oder zuletzt auch Far­fetch Optio­nen gehabt, die dem eige­nen Geschäfts­mo­dell näher sind. Ande­rer­seits ist Ama­zon als Inves­tor bei der aktu­ell in USA lau­fen­den Fusi­on von Saks Fifth Ave­nue und Nei­man Mar­cus an Bord. Hin­ter die­sem Deal steht der in Deutsch­land nicht ganz unbe­kann­te Richard Bak­er, der eben­falls unter den Breu­nin­ger-Bie­tern sein soll. Wird der HBC-CEO dem­nächst womög­lich nicht nur bei Gale­ria in Düs­sel­dorf, son­dern auch in Stutt­gart mit­re­den?

Man muss mit Blick auf das langfristige Wohl des Unternehmens hoffen, dass Immobilien und operatives Geschäft in einer Hand bleiben.

Last but not least ist offen­bar auch die Cen­tral Group unter den Inter­es­sen­ten. Das ergä­be womög­lich am meis­ten Sinn. Breu­nin­ger reih­te sich ein in die von den Thai­län­dern ziel­stre­big betrie­be­ne Kon­so­li­die­rung der euro­päi­schen Waren­haus­sze­ne. Die Kade­We Group und Breu­nin­ger wür­den sich als Luxus­adres­sen hier­zu­lan­de her­vor­ra­gend ergän­zen, das Kade­We von der Online-Exper­ti­se der Stutt­gar­ter pro­fi­tie­ren, und die gesam­te Grup­pe, zu der klang­vol­le Namen wie Sel­fri­d­ges, Glo­bus, De Bijen­korf und La Rina­s­cen­te gehö­ren, in eine noch bes­se­re Ver­hand­lungs­po­si­ti­on gegen­über den Luxu­ry Brands brin­gen, für die Who­le­sa­le viel­fach kei­ne Prio­ri­tät mehr hat. In Mün­chen und – sofern die West­field Mall dann mal eröff­net – in Ham­burg gäbe es jeweils Dop­pel­stand­or­te, die die­se rei­chen Städ­te aber wohl ver­kraf­ten könn­ten.

Denk­bar ist natür­lich auch ein sepa­ra­ter Ver­kauf von Lie­gen­schaf­ten und Betrei­ber­ge­sell­schaft. 1,8 Mil­li­ar­den Euro soll laut Wirt­schafts­Wo­che das Immo­bi­li­en­ver­mö­gen von Breu­nin­ger wert sein, der ver­gleichs­wei­se klei­ne­re Teil ent­fie­le dem­nach auf das ope­ra­ti­ve Geschäft. Man kann indes nur hof­fen, dass bei­de Geschäfts­zwei­ge in einer Hand blei­ben. Der Not­ver­kauf des Immo­bi­li­en­ei­gen­tums unter Arcan­dor war sei­ner­zeit der Anfang vom Ende Kar­stadts. Auch Gale­ria kam wegen der Miet­for­de­run­gen von Ben­kos Signa nicht auf die Bei­ne.

Es wäre mit Blick auf das lang­fris­ti­ge Wohl des Unter­neh­mens zu wün­schen, dass ein maxi­ma­ler Ver­kaufs­er­lös nicht das ein­zi­ge Kri­te­ri­um für die Eigen­tü­mer ist. Son­dern dass bei Breu­nin­ger Ein­zel­han­dels­pro­fis zum Zuge kom­men, die in der Lage sind, die unter­schied­li­chen Inter­es­sen von Ver­mie­ter und Mie­ter aus­zu­ta­rie­ren. Die zugleich das Ver­ständ­nis für die Anfor­de­run­gen die­ses loka­len Geschäfts haben. Und die dem Manage­ment den Spiel­raum geben, den es braucht, um wei­ter­hin erfolg­reich zu sein.

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