Der Rummel um Arket steht in einem gewissen Gegensatz zu dem dezenten Auftritt, den das neue H&M‑Format kultiviert. Der ist stilistisch näher an Muji als an der großen Schwester mit dem roten Logo. Im August eröffnete das Flagship in London. Am Mittwochabend eröffnete nun an der Münchener Weinstraße der deutsche Arket-Pilot, in direkter Nachbarschaft zu Cos und H&M. Im Umkreis von zehn Gehminuten betreiben die Schweden jetzt acht Geschäfte. Als ich vor über 20 Jahren das erste Mal zum Interview nach Stockholm reiste, war die H&M‑Dichte bereits genauso hoch. Nur dass es damals ausschließlich spezialisierte Ableger der Muttermarke waren. Seit einigen Jahren produziert die Stockholmer Format-Fabrik nun laufend neue Retail Brands: Monki, Weekday, Cos. Inditex stand Pate. Mit &other Stories hat der Konzern zuletzt gezeigt, dass sich ein Concept Store-Format im System betreiben lässt. Mit Arket geht man einen Schritt weiter und integriert zusätzlich Gastronomie. Es gehört nicht viel dazu, auch diesem neuen Konzept beste Erfolgsaussichten zu bescheinigen.
Arket will Menschen mit mehr Geld und wenig Zeit ansprechen. Verkauft werden erschwingliche Basics in einem hervorragenden Preis-Leistungsverhältnis, Stücke, die jeder im Schrank haben sollte, an Leute, die sich nicht lange Gedanken machen wollen, was sie morgens aus demselben ziehen sollen, und sich auch keine Sorgen machen wollen, dass sie damit der Umwelt oder der dritten Welt schaden. Es geht also gewissermaßen nicht mehr um Fast Fashion, sondern um Fast Dressing. Im Kern ist ein solches Convenience-Format auch eine Antwort auf die Online-Konkurrenz. Zu wissen, dass ein Laden quasi alles führt, was man als urbaner Konsument sucht, ist das beste Argument gegen die unbegrenzte und deswegen für viele Menschen durchaus anstrengende Auswahl im world wide web, in dem man sich als Kunde ja auch gerne mal verheddern kann. Mit dem Cafe bietet man zudem einen social spot. Das vegetarische Food-Angebot unterstützt die hippe Positionierung der Marke. Das McDonalds-Publikum soll ruhig weiter zu H&M einkaufen gehen.
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H&M sorgt diese Woche zudem mit seiner Mietpolitik für Schlagzeilen. Mit den Kollegen von Inditex drängen die Schweden die Vermieter zu günstigeren Ladenmieten und kürzeren Laufzeiten. Die beiden Branchen-Größen spielen ihre Marktmacht aus. Ein Einkaufszentrum ohne H&M und Zara ist halt nur ein halbes Einkaufszentrum. Und das wird erst der Anfang sein. Es ist seit langem klar, dass die Handelsimmobilienbranche sich über kurz oder lang warm anziehen wird müssen. Bei kaum wachsenden Marktvolumina kann der Aufstieg des Onlinehandels nicht ohne Konsequenzen für die stationäre Flächenproduktivität bleiben. Deshalb wird der Druck auf die Mietpreise steigen. Jetzt rächt sich die zügellose Verkaufsflächenexpansion der vergangenen zwei Jahrzehnte. Wir werden in einer Dekade wahrscheinlich vielerorts weniger Läden haben, und es werden womöglich kleinere Flächen sein. Viele Vermieter werden kleinere Brötchen backen müssen.
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Für Kaufhof wurden die Mieten dagegen gerade erst um insgesamt 50 Millionen erhöht. Und das Warenhausunternehmen ist dabei in einer ungleich schlechteren Verhandlungsposition als die Ankermieter aus Schweden und Spanien. Denn die Übernahme durch HBC wurde seinerzeit über einen Immobiliendeal finanziert, der mit entsprechenden Mieteinnahmen kalkuliert. Das ist eines der Probleme, denen sich Kaufhof zurzeit gegenüber sieht. Ein anderes ist, dass unter den Vorbesitzern über Jahre strukturelle Anpassungen unterblieben, weil die Braut für den Verkauf herausgeputzt wurde. So jedenfalls der Vorwurf von HBC-Europachef Wolfgang Link, den dieser im Handelsblatt-Interview in Richtung Metro formuliert. Als im Einzelhandel erfahrene Dealmaker hätten die Kanadier das freilich sehen müssen. Es ist jetzt, wo die Zahlen rot sind, auch egal. Denn nun müssen Mitarbeiter und Lieferanten die Suppe auslöffeln. Link hat im Handelsblatt einen konzilianten Ton angeschlagen, und auch Verdi ist gesprächsbereit. Was man Karstadt zugestanden hat, wird man Kaufhof nicht vorenthalten können.
HBC betont bei jeder Gelegenheit, an Köln festhalten zu wollen. Derweil kratzt Rene Benko vernehmlich an der Tür. Diese Woche wurde bekannt, dass der Karstadt-Eigentümer das Eigenkapital seiner Signa Prime Selection AG um eine Milliarde auf über vier Milliarden Euro aufgestockt hat. HBC hat seinerzeit 2,4 Milliarden für Kaufhof hingeblättert.
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