Spätestens als Maybritt Illner im lilafarbenen Anzug ihre Talkshow moderierte, war klar, dass die Hochkonjunktur der Dopamin-Farben ihren Zenit überschritten hat. Illner ist eine gute Journalistin, aber ihre Outfits sind leider Bild der Frau-Niveau. Und so folgte auf die Zeit der Teletubbies-Farben die Ära von Quiet Luxury, mit monochromen Tönen, die zwischen Weiß, Beige und Schwarz changieren.
Dieser Trend wurde von den Medien schwer gehyped, hat aber umsatzmäßig nicht annähernd den Erfolg gebracht wie die kracherten Gute Laune-Farben. Die Idee, dass die Menschen in anspruchsvollen Zeiten modisch einen Gang runterschalten, hat noch nie funktioniert. Wer kennt ihn nicht, den Spruch: „Je schwieriger die Zeiten, desto kürzer die Röcke“.
Und so hat es nicht überrascht, dass die internationalen Designer mit exzentrischen Looks nach kurzer Zeit den modischen Bass wieder aufgedreht haben – passend zum von TikTok ausgerufenen Mob Wife-Trend, der sich mit Leo, übergroßen Sonnenbrillen und auffälligem Make-up am leicht trashigen Stil von Mafiosi-Ehefrauen orientiert.
Jetzt also Rot. Warum Rot? Weil gleich so viele Gründe für diese Farbe sprechen. Rot symbolisiert Kraft, Leidenschaft, Vitalität, allesamt Eigenschaften, die von vielen als dringend benötigte Motivation angesehen werden, um sich den Herausforderungen unserer Zeit zu stellen. Gleichzeitig ist Rot eine klassische, zeitlose Farbe, die wie keine andere Farbe Sicherheit und Vertrauen signalisiert – und damit dem gestiegenen Bedürfnis von vielen Menschen nach traditionellen Werten und Stabilität entspricht. Nicht zu vergessen, dass Rot auch die Farbe der Liebe ist und damit für emotionale Geborgenheit steht.
Die Mode setzt auf eine Farbe, die was hermacht und gleichzeitig eine sichere Bank ist. Die niemanden überfordert. Das ist klassisch im positiven Sinne.
Wer Rot trägt, möchte sich nicht verstecken. Es ist eine bewusste Entscheidung, Rot zu tragen, und doch macht es einen Unterschied, ob man Tomatenrot oder Sonnengelb trägt. Rot ist eine sichere Farbe. Roter Lippenstift oder rote Nägel sind bis heute der Klassiker, der für guten Geschmack im konventionellen Sinne steht. Für Gelb braucht es mehr Modemut – und auch mehr Stilsicherheit. Insofern passt sich die Mode den Umständen an und setzt auf eine Farbe, die was hermacht und gleichzeitig eine sichere Bank ist, die niemanden überfordert. Das ist klassisch im positiven Sinne.
Und bitte nicht zu vergessen: Rot ist nicht gleich Rot. Modern wird sie nicht mit Schwarz oder Weiß kombiniert, sondern mit Hellblau, Nude oder mit Jeans. Oder pointiert als Accessoires oder auffälliger Statement-Schuh. Der nächste Rot-Ton für die Winterversion steht bereit: Das Oxblood von Gucci gilt schon jetzt als die Must-have-Farbe für kommende Saison.