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Hey Siems… wozu brauchen wir noch Warenhäuser?

Wenn wir vom klas­si­schen Kauf­haus spre­chen, dem berühm­ten Kes­sel Bun­tes, der alles hat, aber irgend­wie auch nichts so rich­tig, dann ist des­sen Geschich­te sicher­lich zu Ende erzählt. Jeden­falls, wenn ich danach gehe, wie oft ich in den letz­ten gut 15 Jah­ren so einen eins­ti­gen Kon­sum­tem­pel auf­ge­sucht habe und nicht eine plötz­li­che Not­durft der Anlass war.

Ande­rer­seits war ich erst kürz­lich gut zwei Stun­den im KaDe­We – ich weiß, die Nach­rich­ten­la­ge ist auch hier beun­ru­hi­gend – und habe das Slow-Moti­on-Schlen­dern über die Eta­gen sehr genos­sen. Klar, einen Kauf, etwa im Bou­ti­quen-Wun­der­land des Erd­ge­schos­ses, lässt mein Redak­teurs­ge­halt nur bedingt zu. Dafür habe ich im haus­ei­ge­nen Café köst­li­chen Kuchen und eine für die Haupt­stadt hyper-freund­li­che Bedie­nung genie­ßen dür­fen. Eben­so ange­tan war ich Woche zuvor von einem Bum­mel durch eine Filia­le von El Cor­te Inglés in Mar­bel­la nebst Eis­ku­gel­stop bei Häa­gen-Dazs.

Ist mei­ne sons­ti­ge Kauf­hof-Kar­stadt-Abs­ti­nenz also eher ein Pro­blem die­ser deut­schen Platz­hir­sche des Wirt­schafts­wun­ders? Oder macht ein­fach der Reiz frem­der Städ­te und Län­der das One-Stop-Shop­ping über vier bis sechs Stock­wer­ke wie­der reiz­vol­ler? Ich weiß es nicht wirk­lich, ver­mut­lich ein Mix aus bei­dem.

Es fällt auf, was es alles selbst in deutschen Metropolen noch immer nicht gibt. Da geht noch was, etwa im Warenhaus als Trend-Inkubator.

Inter­es­sant fin­de ich per­sön­lich, dass ich seit eini­ger Zeit auch Ein­kaufs­zen­tren und Out­let-Dör­fern wie­der etwas abge­win­nen kann. Dort hät­te man mich vor Jah­ren bloß unter Andro­hung eines Max-Gie­sin­ger-Zwang­hö­rens hin­be­we­gen kön­nen. Unter Pro­test. Viel­leicht spielt also die Bequem­lich­keit des Mit­tel­al­ters eine Rol­le, dass ich Shop­ping unter einem Dach – ob cool kura­tier­tes Kauf­haus oder nett zusam­men­ge­wür­fel­te Mall – zuneh­mend eher prak­tisch als pein­lich fin­de. Kei­ne Park­platz­sor­gen, kein zeit­rau­ben­des Pen­deln zwi­schen ver­schie­de­nen Stadt­vier­teln, kei­ne lan­gen Wege, der Hund kann über­all mit und zwi­schen­drin kann man noch einen Beau­ty-Stop für Schopf oder Ant­litz ein­le­gen. So ken­ne ich das aus Kin­der- und Jugend­ta­gen, ehe man „da“ irgend­wann nicht mehr hin­ging. Weil die Spe­zia­lis­ten doch die bes­se­re Aus­wahl hat­ten als Kar­stadt auf der Mön­cke­berg­stra­ße. Vom spä­te­ren Online­shop­ping mit unend­li­chem Preis­ver­gleich ganz zu schwei­gen. Oft wirk­te das Sor­ti­ment in die­sen Waren­häu­sern selbst nach dem xten Umbau und Optik-Lif­ting noch alt­ba­cken, ver­staubt, lieb­los ange­rich­tet.

Zugleich bin ich auch kein gro­ßer Fan von ver­s­nobb­ten Con­cept-Stores, die­sen Luxus­mu­se­en mit Ware hin­ter Glas und War­te­lis­te für Bera­tung und Acces­soires, wo man Angst hat, die „AD“-taugliche Deko­ra­ti­on mit sei­nen sterb­li­chen Grif­feln zu zer­stö­ren.

Ver­mut­lich braucht die Retai­l­and­schaft aber wei­ter­hin eine Mischung ver­schie­de­ner Optio­nen, von tall über gran­de bis ven­ti. Und wie es im Luxus­seg­ment ja längst üblich ist, könn­te der eine oder ande­re Kauf­hof viel­leicht ja eine Mini-Mall mit über­ra­schen­den Shops wer­den. Gera­de wenn man beruf­lich ein wenig her­um­kommt, dann fällt umso mehr auf, was es alles selbst in deut­schen Metro­po­len noch immer nicht gibt. Gut, von Ber­lin ein­mal abge­se­hen, da stimmt die Ent­de­ckungs­quo­te bereits. Aber Ham­burg, Mün­chen, Köln, Frank­furt? Na ja. Da wird doch das Feld meist zwi­schen H&M, Inti­mis­si­mi und Depot auf­ge­teilt. Und wenn ein KFC dazwi­schen­steht, denkt man schon: Wow.

Da geht noch was, etwa im Waren­haus als Trend-Inku­ba­tor. Ich schau dann gern wie­der rein.

Siemsluckwaldt
Siems Luck­waldt

Siems Luck­waldt ist seit rund 20 Jah­ren ein Exper­te für die Welt der schö­nen Din­ge und ein Ken­ner der Men­schen, die die­se Welt mög­lich machen. Ob in sei­nem aktu­el­len Job als Life­style Direc­tor von Capi­tal und Busi­ness Punk, für Luft­han­sa Exclu­si­ve, ROBB Report oder das Finan­cial Times-Sup­­p­­­­le­­­­­ment How To Spend It. 

Alle Bei­trä­ge von Siems Luck­waldt in pro­fa­shio­nals