"Ihr habt viel richtig gemacht in den letzten zwei Jahren. Sonst wärt Ihr nicht mehr hier", so Sven Rittau (on stage mit Co-Host Verena Schlüpmann). Der K5-Geschäftsführer setzte das Thema: Into the Flow. Wenn alles in Bewegung ist, heißt Leadership, den richtigen Rhythmus zu finden, nicht Kontrolle. "Go with the flow."
Amazon, für viele der Benchmark in Sachen E‑Commerce, ist in den vergangenen fünf Jahren um den Faktor 1,8 gewachsen. "Wer sich verdoppelt hat, ist gut dabei. Wer sich verdreifacht hat, gehört zur Spitze", so Jochen Krisch in seinem "State of E‑Commerce"-Beitrag. Shein habe sich in diesem Zeitraum verdreizehnfacht, Temu gab es noch gar nicht, so der Exciting Commerce-Herausgeber. "In den kommenden fünf Jahren werden wir insbesondere hochskalierende Marktplätze sehen", sagt Krisch. Woher kommen diese Marktplätze? Insbesondere aus dem Bereich Social Media, glaubt Krisch. Zweites großes Thema in der Szene: Was bringt AI First im E‑Commerce?
Stefan Wenzel skizzierte den Shift, den die Künstliche Intelligenz in den E‑Commerce bringen wird. Der menschliche Traffic wird sich bis 2030 auf unter 40% halbieren, prognostiziert der E‑Com-Experte, der durch KI-Agenten generierte Traffic im selben Zeitraum auf über 30% wachsen. Was sind die Konsequenzen? "Webshops werden zur Vinylschallplatte des Kundenzugangs", so Wenzel. Nur noch was für Liebhaber. Zweite These: Relevanter und qualitativ hochwertiger Content wird wichtiger. "Das Schrottwichteln ist vorbei." An KI kommen niemand mehr vorbei, sagt Wenzel. Die Fixkosten werden um 40% sinken, "weil es geht, oder weil am muss."
Webshops sind heute Suchmaschinen, Suchmaschinen integrieren Künstliche Intelligenz, AI-Plattformen werden zu Shops, Social Media wird als Suchmaschine genutzt – in dieser Jeder-gegen-Jeden-Welt müsse der Kundenzugang neu gedacht werden, sagt Kristina Mertens (everstox). "Content muss der Kern sein, nicht die Kür." Creators seien nicht mehr Add-on, sondern bilden die Infrastruktur bei Social Commerce. "Die Creator Economy ist heute schon größer als Hollywood."
Zalando, von Alexander Graf vor Jahren mal als Karstadt ohne Rolltreppen verunglimpft, ist für den Spryker-Gründer der beste Online Retailer Europas. Ein etwas vergiftetes Lob. Denn trotz 15 Jahren konsequenter Optimierung habe das Unternehmen immer noch erbärmliche Margen, so Graf. "Das Geld verdienen Plattformen. Onlineshops sind sie Dieselmotoren des E‑Commerce." Daten zu besitzen sei das bessere Geschäft als Produkte zu besitzen. AI sei für den E‑Commerce keine Chance, sondern lege lediglich dessen Schwächen offen. "Am Ende führt AI nur zu mehr Komplexität und zur Margenübertragung auf die Plattformen."
Johannes Altmann sparte nicht mit Kritik an der Branche. "Wir haben den Kunden längst aus den Augen verloren. "Ich" bin nicht mehr die Zielgruppe. Auch haben wir Handel zur Tech-Branche gemacht. Wir müssen zurück zur eigentlichen Wertschöpfung des Verkaufens."
Karo Junker de Neui unterscheidet zwischen maschinellem E‑Commerce und empathischem E‑Commerce. Mit neuen Channels entstehen neue Gewinner. "Wir brauchen heute eine extreme Multichannel-Fähigkeit." Und Speed. "Geschwindigkeit schlägt Strategie! Über den Gewinn entscheidet nicht der beste Plan, sondern der beste Set-up."
"Der Markt verzeiht kein Warten", so Paul Krauss (AI Team One). "Langsam stirbt zuerst."
Toni Kurz hat Outlet King aufgebaut: "Die Personal Brand ist die Waffe, die Du nutzen kannst, wenn Du klein bist."
Decathlon macht hierzulande derzeit 26% seines Umsatzes von 1,17 Mrd. Euro online, so Deutschlandchef Arnaud Sauret. Trotzdem eröffnen die Franzosen weiterhin Läden, ab Juli zwei pro Monat. "Unser Ziel ist Omnichannel und Circularity." Kunden, die die Reparatur und Entsorgungsservice nutzen kommen häufiger als sechsmal im Jahr in den Store, ergänzte Saurets Kollegin Nathalie Jäger.
"E‑Commerce an sich ist nicht kompliziert", so Bergfreunde-Geschäftsführer Ronny Höhn. "Aber komplex." Die drei "Superkräfte", die Bergfreunde auf aktuell über 300 Millionen Euro Umsatz verhalfen, sind: der strategische Fokus auf Spezialistentum und Authentizität, zweitens operative Exzellenz ("Own the key functions!") und last but not least der unternehmerische Spirit des Teams.
"Alle wissen, die Arschlochquote am Berg ist gering", so Bergfreunde-Geschäftsführer Matthias Gebhard. " So ist es auch bei uns in der Firma."
Stephan Widmer führte vor, dass auch im E‑Commerce traditionelle kaufmännische Tugenden zählen. "Wir geben den Euro erst aus, wenn wir ihn verdient haben." Mit dieser Einstellung und einer konsequenten Vertikalisierung hat es sein Möbelshop Beliani in wenigen Jahren auf über 100 Millionen Euro Umsatz gebracht.
Johannes Kliesch gab Einblicke in die Internationalisierungsstrategie von Snocks. In den neuen Auslandsmärkten investiere man zurzeit 77% des Umsatzes in Marketing. "Wir verlieren massiv Geld." Warum er das dann macht? "Weil unsere Investoren das wollen und um Wachstumspotential für die Zukunft zu schaffen."
Tarek Müller: "Marken haben ein sehr viel größeres Potenzial und mehr Möglichkeiten zu Verkaufen. Handel ist dagegen immer noch ein Asset-heavy-Geschäft. Hier ist Größe sehr relevant."
Zalando Co-CEO David Schröder sieht immer noch den Start-up-Spirit in seiner Organisation: "Wenn man anfängt, hat man keine Daten, um zu entscheiden. Viele unserer großen Entscheidungen basierten auf Judgement."
David Schröder und Tarek Müller zur Übernahme von About You durch Zalando: "Unsere Bullishness ist seit dem Announcement eher gestiegen."
VC-Profi Florian Heinemann sieht das Zusammengehen von Zalando und AboutYou positiv: "Zeos und Scayle ergänzen sich komplementär. Dieser Fokus auf die Infrastruktur ist sehr gut. Damit ist Zalando auf viele Eventualitäten vorbereitet, die da kommen mögen. Shopping-Agenten liefern den Kram ja nicht aus. So lange Du diese Themen ownst, ist das eine Lebensversicherung."