Das Modebusiness muss erst lernen, mit dem Thema Social Networks umzugehen, sagt André Karkalis. Der Inhaber der gleichnamigen Düsseldorfer PR-Agentur besuchte uns heute in der Redaktion, um uns eine neue Beratungsleistung vorzustellen, die er mit seinen Partnern Thomas Lach und Sebastiaan van de Loo der Branche anbietet. Wie unter Marketing- und Medien-Menschen zurzeit unausweichlich, kam das Gespräch auf das Thema soziale Netzwerke. PR-Profi Karkalis sieht das Modebusiness in Sachen Facebook & Co noch ziemlich am Anfang. Zwar sind unheimlich viele Modeleute dort unterwegs. Aber viele Unternehmen hätten noch gar nicht erkannt, worum es da gehe, geschweige denn sich darauf eingestellt.
Dem kann man zustimmen. Ich kenne namhafte Unternehmen, bei denen nicht einmal die Pressestelle vollen Zugriff aufs Internet hat. Die Mitarbeiter sollen arbeiten und nicht ihre Zeit mit Surfen verplempern. Karkalis findet das unglaublich. "Das ist so, wie wenn sie den Öffentlichkeitsarbeitern das Zeitungslesen untersagen."
Anders als früher gehe es in Marketing und PR heute eben nicht nur darum, mitzuteilen, was einem als Unternehmen wichtig sei. Sondern darum, mit den Fans, den Kunden, der Öffentlichkeit zu interagieren und auf Fragen, Kritik und Anregungen zu reagieren. Eine Binsenweisheit, sicher. Aber, so Karkalis: "Das bedeutet eine neue Qualität in die Öffentlichkeitsarbeit."
Keine Präsenz in den Netzwerken zu zeigen, sei keine Lösung. "Die Kunden diskutieren so oder so über sie." Eine Stichprobe zeigt: Allein das Stichwort "Hugo Boss" listet 82 unterschiedliche Facebook-Seiten auf, von denen die wenigsten aussehen, als seien sie von Metzingen initiiert. Das ist nur ein Beispiel für die Tatsache, dass die Möglichkeiten, als Unternehmen bzw. Marke sein Image zu kontrollieren, im Web 2.0‑Zeitalter sehr eingeschränkt sind.
"Das Internet vergisst nichts." Karkalis erinnert an einen kritischen Beitrag über ausbeuterische Praktiken in einem für H&M arbeitenden Produktionsbetrieb in Bangladesch, den das Fernsehen vor einem Jahr ausgestrahlt hat. Erstaunlicherweise, ohne dass dies von anderen Medien groß aufgegriffen wurde. Früher hat man als Unternehmen auf solche Berichte mit einer Stellungnahme reagiert oder man hat den Sturm einfach an sich vorbeiziehen lassen. Heute erinnern Suchmaschinen unerbittlich jeden, der sich für H&M interessiert, an den Skandal. Bei YouTube findet sich der Report-Beitrag ganz oben in den Suchergebnissen zu H&M. Vor den Clips über das AIDS-Engagement oder dem tollen Jimmy Choo-Making-of. So würden auch falsche und unüberprüfte Behauptungen den Weg an die Öffentlichkeit finden und womöglich geglaubt. Die wenigsten Blogger recherchieren, wie das üblicherweise Journalisten tun.