Mit den Details zu seinen Online-Plänen will H&M auch einen Kontrapunkt zu den Negativnachrichten der vergangenen Wochen setzen. 12,5 Prozent Online-Anteil, das ist ordentlich. Wenngleich im Gesamtmarkt mittlerweile über 20 Prozent via Internet verkauft werden, ist das für einen originär stationären Händler ein respektabler Wert. Im für H&M wichtigsten Markt Deutschland liegt der Anteil sogar schon bei gewaltigen 26 Prozent.
Einerseits entlarvt dies das Gerede, die Schweden verpassten die Digitalisierung, als Unsinn. Andererseits ist es ein Indiz, wie sehr sich die Flächenproduktivität der Läden verschlechtert haben muss. Ein Blick in die Geschäftsberichte zeigt: Rechnet man den Umsatz des vor zehn Jahren gestarteten Webshops heraus, ist H&M in diesem Zeitraum in Deutschland um 34 Prozent gewachsen, bei 53 Prozent mehr Filialen wird der Quadratmeterumsatz kräftig rückläufig gewesen sein. Online inklusive legte der Deutschland-Umsatz freilich um 82 Prozent zu. Der Umsatz bleibt also im Haus, nur in einer anderen Kasse.
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Hugo Boss räumt auf mit den strategischen Hinterlassenschaften der Ära Lahrs. Zunächst hat sich der Vorstand von dessen Luxus-Ausrichtung verabschiedet. "Erstens waren wir nie wirklich im Luxussegment. Aber schon mit dem Ziel haben wir manchen Kunden verloren", sagte Mark Langer neulich dem Handelsblatt. "Wir müssen akzeptieren, dass wir nicht Kiton oder Brioni sind, sondern ein hochwertiger industrieller Modehersteller." Fast schon symbolhaft steht dafür der geplante Umzug von der teuren Münchner Maximilianstraße in die konsumigere Premium-Lage in den Fünf Höfen. Dass die Metzinger demnächst auch Kaufhof auf breiter Front beliefern werden, wird dagegen dementiert. Boss würde damit im Hinblick auf seine Premiumpositionierung vorerst auch entschieden zu weit gehen.
Ebenfalls in diesen Zusammenhang gehört die diese Woche vollzogene Scheidung von Jason Wu. Der Designer sollte der Damenmode glamourösen Twist geben. Schwer zu sagen, ob das in den vergangenen fünf Jahren gelungen ist. Der Anteil von Boss Womenswear verharrt seit Jahren bei etwas über zehn Prozent. Aber hey, das sind immer noch fast 300 Millionen Euro und damit mehr als die meisten anderen deutschen DOB-Marken. Dass die Womenswear für den neuen Vorstand nicht die Priorität haben würde, war von Anfang an klar. Im ersten Interview, das Ingo Wilts der TW gegeben hat, war von der Damenmode so gut wie keine Rede. Er wurde freilich auch nicht wirklich danach gefragt.
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Mit Bally und Lanvin gingen diese Woche gleich zwei große europäische Marken an chinesische Investoren. In den vergangenen Monaten wurden bereits Aquascutum, Sandro, Maje, Caruso und La Perla nach Asien verkauft. Droht jetzt der Ausverkauf der Luxusindustrie? Gemach. Es sind nicht die erfolgreichsten und bedeutendsten Marken, die da jetzt verkauft wurden. Ein Kuka der Mode ist nicht dabei. Die Vorbesitzer hatten jeweils gute Gründe, die Brands loszuwerden. Man darf davon ausgehen, dass LVMH und Kering sie aus ebenso guten Gründen nicht haben wollten.
Die Frage ist jetzt, was die Chinesen mit den Brands anfangen werden. Bringen sie das Fingerspitzengefühl und den langen Atem mit, den die Markenführung gerade im Luxussegment verlangt? Oder werden sie die großen Namen nutzen, um eine schnelle Wachstumsstory mit hohen Margen im gigantischen chinesischen Markt zu schreiben, mit entsprechenden langfristigen Kolateralschäden für Qualität und Image der Produkte in den etablierten Märkten?
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Und hier noch ein Terminhinweis: Am 18. April startet in Berlin das nächste Dachmarkenforum. Unter dem schönen Titel "Was ich nicht weiß, macht mich heiß" geht es um die technologische Revolution im Business. Alle Infos dazu stehen hier.
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