Zufall oder nicht – die Erfolgsmeldungen von Karstadt kontrastieren auffällig mit den schlechten Nachrichten von Kaufhof. In Köln herrscht dicke Luft, vermelden die Zeitungen seit geraumer Zeit und raunen von Konflikten zwischen den kanadischen Eigentümern und dem hiesigen Management. Umsätze unter Plan, Kostensparprogramme, Investitionen zurückgestellt, angeblicher Ausstieg aus der Tarifbindung. Fakt ist, dass die Mutter HBC hohe Verluste meldet, und das kann naturgemäß nicht ohne Auswirkungen auf die Töchter bleiben. Dass Kaufhof-Chef Olivier Van den Bossche seinen Hut nehmen muss, kam gestern trotzdem ziemlich überraschend. Er fiel, wie es aussieht, dem Preiskampf zum Opfer.
Ganz anders die Blauen. Karstadt-Chef Stephan Fanderl berichtet von ordentlichen Gewinnen und einem 6 Prozent-Plus bei Mode. Was vor dem Hintergrund der Branchenentwicklung schier unglaublich erscheint. Vor seinem Abflug zum World Retail Congress nach Dubai gab Fanderl der FAZ ein Interview, in dem er die Karstadt-Infrastruktur als Hub für ausländische Retailer anpries. Was die Internet-Fritzen mit ihren Plattformen können, kann ein Wirtschaftswunderformat wie Karstadt schon lange. Und Karstadt-Mutter Signa, der nach wie vor ein Interesse an Kaufhof nachgesagt wird, kaufte mit Probikeshop diese Woche ein weiteres Online-Business. Auch die Öffentlichkeitsarbeit zu orchestrieren, hat man dort inzwischen gelernt.
Der ewige Vergleich zwischen Karstadt und Kaufhof ist im übrigen ein alter Reflex, der tief in der Kölner und Essener DNA angelegt zu sein scheint und von dem auch die Medien nicht lassen können. Dabei ist der Hauptgegner von Karstadt schon lange nicht mehr Kaufhof und vice versa. Sondern die Hauptgegner der Warenhäuser waren und sind Category Killer wie Media Markt und Saturn, die den Betrieb von Unterhaltungselektronikabteilungen unwirtschaftlich gemacht haben. Es sind großflächige Multilabel-Anbieter wie P&C, die die attraktiveren Markensortimente haben. Es sind Zara und H&M mit ihrer höheren Modekompetenz. Es sind die Discounter, die in allen Bereichen preisgünstiger sind. Und es ist das Internet, wo es wirklich alles unter einem Dach gibt. Die Benchmarks für Karstadt und Kaufhof sind längst nicht mehr Essen und Köln. Und natürlich wissen das die Chefetagen dort auch. Für die Medien ist eine Wiederauferstehungsgeschichte aber halt umso schöner, wenn sie sich in Kontrast zum Elend anderer zuspitzen lässt.
Deswegen ist auch H&M neuerdings ein Krisenfall. Während Zara davonzieht. Es ist schon sagenhaft, wie ein Umsatzplus von 8 Prozent und ein Gewinn von 335 Millionen Euro im ersten Quartal sowie die Ankündigung von 430 Neueröffnungen und der Einstieg in fünf neue Märkte in den Medien als Krisensymptome gewertet werden. Die Aktienkursentwicklung mag unbefriedigend sein. Aber ist das der wichtigste Maßstab? Für die Unternehmerfamilie Persson ist es sicherlich nur einer neben anderen. Natürlich war die Profitabilität war schon mal höher, die Läger scheinen zurzeit voller als sonst. Aber ein Krisenfall sieht anders aus, und von einem Schlingerkurs, wie die Wirtschaftswoche schreibt, kann auch nicht die Rede sein.
Weil H&M in saturierten Märkten wie Deutschland an Wachstumsgrenzen stößt, schicken die Perssons seit geraumer Zeit neue Formate an den Start. Filialketten wie Cos, Weekday, Monki und &other Stories stoßen mit spitzer Ausrichtung gezielt in Marktnischen. Eine kluge Strategie, denn H&M mit einem billigeren oder wertigeren Massenformat Konkurrenz zu machen, ergibt wenig Sinn.
Sehr gespannt darf man auf das neue Konzept Arket sein. Das wird ausgewählte Fremdmarken nutzen, um das eigene Sortiment hochwertiger zu positionieren. Und es wird erstmals Gastronomie in ein Fast Fashion-Filialformat integrieren. Duftet es in den Umkleidekabinen demnächst nach Kaffee? Köttbullar überlassen die Schweden hoffentlich den Kollegen auf der Grünen Wiese.
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