"Neiman Marcus kommt nach Deutschland." Das war mal wieder eine Schlagzeile, die aufhorchen ließ. Kaufen die Amerikaner jetzt Karstadt oder wenigstens das Kadewe? Nein. Sie kommen übers Internet. Fast fühlt man sich von der Schlagzeile hinters Licht geführt. Und doch ist Neiman Marcus demnächst hier. Nicht in der Fußgängerzone, sondern in den Wohnzimmern und auf den Handys der Leute, über www.neimanmarcus.com. Und das ist nüchtern betrachtet für den Wettbewerb viel relevanter und tangiert nicht nur die Nachbarn am Tauentzien oder Jungfernstieg. Online-Retailer wie Mytheresa, Stylebop und Net a porter betrifft es sowieso. Denn Neiman Marcus ist für die meisten Luxusmarken der größte Abnehmer weltweit. Das dürfte interessante Diskussionen im Einkauf geben.
Neiman Marcus startet mit Deutschland zeitgleich in 100 Ländern. Internationalisierung passiert heutzutage übers Internet. Gap und Debenhams sind auch schon hier. Hinter dieser Expansionsstrategie steht ein schlichtes Risikokalkül. Wer scheitert, hat keine 10-Jahres-Mietverträge am Hals und auch der Sozialplan hält sich in Grenzen. Und wenn's läuft, hat man sich einen Namen gemacht und kann dann immer noch mit Filialen kommen.
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Das Gerücht, Amazon sei an Asos dran, beflügelt die Fantasien. Unvorstellbar wäre das nicht. Das 500 Millionen-Pflänzchen ist für den 48 Milliarden-Giganten ein kleiner Fisch, den man vermutlich aus der Portokasse bezahlen kann. Mode ist ein erklärtes Wachstumsfeld von Amazon-Chef Jeff Bezos. Schließlich ist das die umsatzstärkste Warengruppe im Web. Die "Findemaschine" hat aber keinen rechten Fashion-Appeal, weshalb eine Spezialisierung auf diesem Feld aus Amazon-Sicht Sinn ergeben könnte. Asos als extrem wachsende Mode-Plattform wäre da ein passendes Kaliber. Vor ein paar Jahren hat Amazon bereits den US-Online-Schuhhändler Zappos übernommen. Amazon – Zappos – Asos, das klingt, als gehörten die drei schon immer zusammen.
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Internet, zum 3.: Zalando (was phonetisch auch ganz gut in obige Reihe passt) hat im vierten vollen Jahr nach der Gründung die Umsatz-Milliarde im Blick. Und das ist nun wirklich eine unfassbare Wachstumsstory. Ein Erfolg, der auf cleverem Marketing und einem scheinbar unaufhörlichen Zufluss von frischem Kapital basiert. Mit dem Geld von Tengelmann, Holzbrinck, Kinnevik, JP Morgan u.a. wurden letztlich Marktanteile gekauft. Die die Investoren irgendwann versilbern werden wollen.
Zalando ist ein Musterbeispiel aus dem Lehrbuch für Verdrängungswettbewerb. Da kommt es vor allem auf zwei Dinge an: Erstens ein funktionierendes, zukunftsträchtiges Geschäftsmodell. Zweitens Finanzkraft. Und Geld ist ja genug im Umlauf. Es ist vor dem Hintergrund von Euroangst, Inflationsgeschwätz und Niedrigstzinsen kein Zufall, dass sich zurzeit so viele Unternehmen mit Frischgeld versorgen: Diese Woche haben Otto und Laurel Anleihen begeben, neulich Eterna und Seidensticker. Auch Esprit zieht gerade eine Kapitalerhöhung durch. Die Motivation ist in jedem einzelnen Fall eine andere, sicher. Aber Finanzkraft wird gerade in unsicheren Zeiten zum entscheidenden Wettbewerbsfaktor.
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