In London fand diesen Montag die eleganteste Demonstration aller Zeiten statt. In Maßanzüge und Kostüme gekleidet protestierten britische Wutbürger gegen die Eröffnung eines Abercrombie & Fitch Kids-Stores an der Savile Row. Das ist bekanntlich die Straße im feinen Mayfair, wo die traditionsreichen englischen Maßschneider Ihren Sitz haben, Häuser wie Gieves & Hawkes, Huntsman und Anderson & Sheppard. Die Demonstranten fürchten, dass mit Filialketten wie Abercrombie & Fitch der einzigartige Charakter der Savile Row verloren geht.
Schon die Eröffnung des A&F‑Flagships in dem ehemaligen Jil Sander-Store vor fünf Jahren hatte die Traditionalisten aufgeregt. Die rigide Personalpolitik der Amerikaner, die in ihren Läden ausschließlich gut aussehende "Store-Models" einsetzen, hatte zudem zu Anzeigen wegen Diskriminierung geführt. A&F positioniert sich an der Savile Row, weil die Marke vom Nimbus des Standorts zehren möchte. Das hat was Parasitäres. Denn die etablierten Häuser haben nicht viel von ihrem neuen Nachbarn; zwischen den Casual-Kunden von Abercrombie und der Bespoke-Klientel gibt es, wenn überhaupt, nur eine winzige Schittmenge.
Der Savile Row droht hingegen eine Art "Retail-Gentrifizierung": Internationale Mainstream-Marken verändern die Qualität eines Standortes, der zuvor einer bestimmten Szene gehörte. Das erleben wir überall auf der Welt – in Berlin Mitte, im New Yorker Meatpacking District oder auch in SoHo. Wenn Massimo Dutti sich an der Frankfurter Goethestraße niederlässt, H&M, Esprit und Cos an der Düsseldorfer Kö Filialen eröffnen oder Mango Mändler an der Münchner Theatinerstraße verdrängt, dann folgt das demselben Mechanismus. Das ist der Lauf der Dinge und wohl nicht aufzuhalten. Aber nirgendwo auf der Welt steht eine Straße so sehr für ein ganzes Genre wie an der Savile Row. Für diese Einzigartigkeit lohnt es sich tatsächlich zu demonstrieren.
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