Den ersten Kontakt hatten wir 1996. Helmut Merkel war damals noch Chef bei Deichmann. Er rief mich auf einen meiner Artikel hin an, der sich mit den absehbaren Folgen der Vertikalisierung im Einzelhandel beschäftigte.
Nach seinem Ausscheiden bei Deichmann war Logistik-Experte Merkel als Unternehmensberater ein geschätzter Gesprächspartner der TW. Irgendwann kündigte er uns am Ende eines Treffens beiläufig an, dass er demnächst für ein Schlagzeilen sorgen würde. Im Jahr 2000 wurde Merkel Vorstand bei KarstadtQuelle, später Arcandor. Dort war er in acht Jahren für so ziemlich alles mal zuständig: Organisation und Logistik, Personalwesen und Beschaffung, Umwelt- und Gesellschaftspolitik, und natürlich die Warenhäuser/Karstadt. Nebenbei hielt er Vorlesungen in Mannheim, betrieb seine Unternehmensberatung weiter und versuchte als BAG-Präsident die Einzelhandels-Verbandslandschaft neu zu ordnen. Letzteres scheiterte im Zieleinlauf.
Heute besuchte er mich in meinem Büro, um von seinen neuen Projekten zu berichten. Unter anderem eine Firma, die für Einzelhändler Private Label-Programme entwickelt und beschafft. Eurasia sitzt in Hongkong, wohin Merkel bereits zu Arcandor-Zeiten 2007 seinen Lebensmittelpunkt verlegt hatte. "'15 Jahre Deutschland, 15 Jahre China' habe ich meiner Frau versprochen." Die von dort stammt und deretwegen der heute 60jährige noch spät Chinesisch gelernt hat. Auf seinem Essener Schreibtisch lag stets ein Buch mit chinesischen Schriftzeichen. Wie man sich als Arcandor-Vorstand halt so zu entspannen pflegte…
Natürlich sprachen wir über das Essener Desaster. Hochschulprofessor Merkel hat daraus nicht zuletzt Erkenntnisse gewonnen, die er seinen Mannheimer MBA-Studenten gerne vermittelt. Zum Beispiel, dass Synergien – so es sie in Handelskonzernen überhaupt gibt – alles andere als nicht kriegsentscheidend sind.
Kann ein Unternehmen vielleicht sogar zu groß sein? "Das ist ganz sicher so."