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Andreas Ramm hat das Hemd nicht neu erfunden, aber…

Andreas e

Vor­der­grün­dig mag es so aus­se­hen, als sei Beklei­dung ein Busi­ness von ges­tern. Klar: Eine Hose ist eine Hose ist eine Hose. Die Beklei­dungs-Pro­duk­ti­on, im 19. und 20. Jahr­hun­dert eine deut­sche Schlüs­sel­in­dus­trie, ist mitt­ler­wei­le in die Drit­te Welt abge­wan­dert. Und der Ein­zel­han­del fällt einem auch nicht unbe­dingt ein, wenn von “Krea­tiv­in­dus­trie” die Rede ist. Und es ist ja lei­der auch so, dass vie­len im Mode­han­del nichts ande­res mehr ein­fällt, als auf die Preis-Pau­ke zu hau­en. Wie das halt so ist in rei­fen Märk­ten: da ist wenig Inno­va­ti­on, es gibt von allem zu viel, alle machen irgend­wie das Glei­che. Und am Ende gewinnt der­je­ni­ge, der Pro­duk­te am effi­zi­en­tes­ten zu ver­mark­ten ver­steht. Nei­disch schie­len wir auf ande­re Kon­sum­gü­ter­märk­te, wo ein Anbie­ter wie Apple mit inno­va­ti­ven Pro­duk­ten und sen­sa­tio­nel­lem Mar­ke­ting den Markt auf­rollt. Ein iShirt ist indes nicht in Sicht.

Das ist gleich­wohl nur die hal­be Wahr­heit. Genau bese­hen gibt es im Mode­busi­ness jede Men­ge Inno­va­ti­on. Und die besteht nicht nur im Mode­wan­del, der ja gewis­ser­ma­ßen sys­tem­im­ma­nent ist. Ins­be­son­de­re bei den Stof­fen, im Funk­ti­ons­be­reich, hat sich in den ver­gan­ge­nen Jah­ren Gewal­ti­ges getan. Die Inte­gra­ti­on von Tech­no­lo­gie und Beklei­dung bei Weara­bles ist bis­wei­len etwas ver­krampft, aber die eine oder ande­re nütz­li­che Idee ist dabei schon ent­stan­den. Eher spie­le­risch und selbst­ver­ständ­lich gehen jun­ge Desi­gner wie Tri­ko­ton und Schmidt­taka­ha­shi mit den neu­en Mög­lich­kei­ten um.

Ins­be­son­de­re das Inter­net ist ein Kata­ly­sa­tor neu­er Geschäfts­ideen. Es hat man­ches Geschäfts­mo­dell erst mög­lich gemacht (Spread­shirt). Und die Reich­wei­te des World Wide Webs hat Markt­ni­schen wie bei­spiels­wei­se Meter­wa­ren wie­der inter­es­sant gemacht (Stoffe.de).

Es pro­fi­tie­ren auch die Anbie­ter von Maß­kon­fek­ti­on. Maß­schnei­der wie Dol­zer oder Mai­le sind nicht zuletzt über das Web über­re­gio­nal erreich­bar gewor­den. Im Hem­den­be­reich haben sich Anbie­ter wie Tail­or­s­to­re und You­T­ail­or fest eta­bliert. Die Hür­de, die es bei der Bestel­lung zu neh­men gilt, ist frei­lich das Maß­neh­men. Das ist zeit­auf­wän­dig und feh­ler­an­fäl­lig. Und solan­ge das Ver­mes­sen über Web­cam mit­tels eines Sys­tems wie UPcload noch nicht wirk­lich ver­brei­tet ist, wird das auch so blei­ben.

Andre­as Ramm hat sich über­legt, wie man die­se Hür­de umge­hen kann. Bei “Lieb­lings­hemd” kann man eben­die­ses nach­schnei­dern las­sen. Jeder Hemd­en­trä­ger kennt das Pro­blem, dass sein bes­tes Stück ver­schleisst. Und all­zu häu­fig ist es nicht mehr nach­zu­be­kom­men. “Lieb­lings­hemd” löst das Pro­blem. Über die Web­site kann man unter 30 Stof­fen eine Aus­wahl bestel­len. Den zuhau­se gewähl­ten Stoff schickt man zusam­men mit sei­nem Lieb­lings­hemd zurück. In der Ham­bur­ger Hem­den­ma­nu­fak­tur von Ramm wird es dann detail­ge­treu nach­ge­näht. Um drei Wochen spä­ter den Kun­den zu erfreu­en. Der Auf­wand hat sei­nen Preis: 159 Euro beim ers­ten Mal (bzw. 189 Euro für eine Blu­se), 129 Euro bei Fol­ge­auf­trä­gen.

Andre­as Ramm, der nach Stu­di­um in Oestrich-Win­kel, Bue­nos Aires und Chi­ca­go fünf Jah­re lang Bera­ter bei Roland Ber­ger war, hat sich mit der Geschäfts­idee im ver­gan­ge­nen Früh­jahr selbst­stän­dig gemacht. Das bis­he­ri­ge Feed­back des Mark­tes sei mehr als zufrie­den­stel­lend, so der 35jährige. Die Kapa­zi­tä­ten in sei­ner klei­nen Ham­bur­ger Manu­fak­tur sind aller­dings begrenzt, wes­halb der Jung­un­ter­neh­mer Part­ner aus der Indus­trie sucht, die ihn auf sei­nem Wachs­tums­kurs beglei­ten. Viel­leicht fin­det sich ja auf die­sem Wege jemand…

Lieb­lings­hemd ist nur ein Bei­spiel für eine inno­va­ti­ve Geschäfts­idee. Ramm erfin­det weder das Hemd neu, noch die Hem­den­pro­duk­ti­on, und er wird auch den Markt mit “Lieb­lings­hemd” bestimmt nicht auf­rol­len. Aber er löst ein sehr spe­zi­el­les Pro­blem, das pas­sio­nier­te Hemd­en­trä­ger ken­nen. Die wird er, wenn er die ver­spro­che­ne Qua­li­tät lie­fert, zu treu­en Kun­den machen. Und sich mit einem krea­ti­ven Ansatz in einem mehr als gesät­tig­ten Markt eta­blie­ren.

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