„Wenn Sie im Lebensmitteleinzelhandel den Acker gut bestellt haben“, so Mohamed Bouyaala in der aktuellen TW, „dann läuft die Ernte in der Regel gut. In der Mode kann dagegen das Wetter über Erfolg und Misserfolg einer Kollektion entscheiden.“ Der neue Deutschland-Chef von C&A bringt bekanntlich einschlägige Erfahrungen mit, von Rewe. Glückliche Gemüsehändler! Wenn die Melonen vorbei sind, stapeln sie eben Kürbisse. Im Sommer essen die Leute Eis, im Winter gibt’s heißen Kakao. Aldi & Co geben ihren Kunden, was sie gerade wollen. Schon klar, dass auch das alles andere als trivial ist. Aber Essen kaufen ist aus Sicht der Verbraucher ein Muss, Mode kaufen dagegen überwiegend ein Kann. Wer Bekleidung an den Mann bzw. die Frau bringen möchte, ist darauf angewiesen, dass die Kunden in Kauflaune sind. Die lässt sich nur bedingt wecken. Das kreativste Marketing kann verpuffen, wenn das Wetter nicht passt. So wie zurzeit.
Nun beklagen Modehändler das Wetter, seitdem sie morgens ihre Ladentüren aufschließen. Wenn die Umsätze steigen, dann weil die Ware stimmt, die Werbung greift, das Management und der Verkauf gut drauf sind. Wenn die Umsätze sinken, dann weil es draußen zu heiß, zu kalt oder zu nass ist. Kurzfristig mag das mal so sein. Das zeigt sich dann daran, dass selbst Gewinner-Formate wie Zalando „leiden“. Statt 25% wächst der Online Retailer dieses Jahr wohl nur um 20%. Wegen des „langen und außergewöhnlich heißen Sommers“. Nach dem Kurseinbruch ist Zalando am Ende dieser Woche ungefähr eineinhalb Milliarden weniger wert ist als noch am Montag. Solche Probleme hätte der Rest des Marktes trotzdem gerne.
"Am Ende des Tages", wie es im Managersprech so schön heißt, darf das Wetter indes keine Entschuldigung dafür sein, seine Hausaufgaben nicht gemacht zu haben. Denn Wetter ist immer, es ist nicht zu ändern, es ist für alle gleich. Wenn trotz Umsatzminus der Branche im heißen August rund 40% der Firmen laut TW-Testclub ein Umsatzplus melden, dann wird das kaum daran liegen, dass über diesen Läden Schneewolken aufgezogen waren. So haben die schlechten Ergebnisse und Gewinnwarnungen, die einige große Player diese Woche ausgegeben haben, natürlich ganz andere Gründe, auf die jetzt hier nicht im Einzelnen eingegangen werden soll. Mit ihrer Expansion in den Retail haben sich die Brands halt auch die Probleme des Retails eingebrockt.
H&M – von manchen Analysten und Redakteuren fast schon totgeschrieben – meldet übrigens ein Plus von 9% fürs dritte Geschäftsquartal, also den Zeitraum Mai bis Juli. Was die Börse diese Woche mit einem Kurssprung von 18% honorierte. Der Mai war, wir erinnern uns, äußerst frühsommerlich. Die TW meldete für den Monat dennoch ein Minus von 6 Prozent. „Es war einfach zu heiß.“
Und sonst?
…geht Farfetch heute an die Börse. Der Luxus-Marktplatz wird mit bis zu 5,8 Milliarden Dollar bewertet. Nicht schlecht für ein zehn Jahre altes Unternehmen, das zuletzt 386 Millionen Dollar Umsatz und 112 Millionen Verlust gemacht hat.
… hat Breuninger eine Collaboration mit Off White gestartet. Respekt! Ob Virgil Abloh weiß, wo Stuttgart liegt?
… setzt Wolfgang Grupp seine Fehde mit der Lufthansa fort. Im Juli hat der Trigema-Chef sich schon einmal medienwirksam beim Aufsichtsrat über die vielen Verspätungen beschwert. Jetzt hätte seine Familie um ein Haar eine Privataudienz beim Papst verpasst, nachdem die Eurowings das Gepäck nicht mit nach Rom genommen hatte. Weswegen Grupp die fünfstelligen Ausgaben für die Ersatz-Outfits der Fluglinie nun in Rechnung gestellt hat.
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