Plus 20. Man möchte meinen, Textilhandel sei ein Boom-Business. Solche Wachstumsraten melden sonst nur Online-Start-ups. Die 20 Prozent, die die Branche im vergangenen Monat laut TW beim Umsatz draufgelegt hat, relativieren sich zwar angesichts der Vorlage; 2016 hatten wir mit minus 16 Prozent in der Tat einen rabenschwarzen September.
Das Plus tut trotzdem gut, in einem Jahr, wo bis auf März und August jeder Monat kräftig unter Vorjahr blieb und mancherorts schon Endzeitstimmung aufkam. Und es ist wichtig, weil zu diesem Saisonzeitpunkt die Preise im Markt noch vergleichsweise stabil sind und die Margen stimmen. Das schlechte Wetter im September war doch für was gut.
Irgendwie passt zu dieser positiven Nachricht die jährliche Veröffentlichung der Reichstenliste im Manager-Magazin: Unter den Top Ten der vermögendsten Deutschen sind immerhin fünf Familien, die ihr Geld u.a. mit Bekleidung verdienen: Dieter Schwarz (Lidl, Kaufland), die Albrechts (Aldi Nord und Süd), Familie Otto (Otto Group, ECE) und die Reimanns (erstmals auf Platz 1 und – noch – bei Bally und Belstaff investiert). Zum illustren Club der Milliardäre gehören auch Familie Herz (Tchibo), Familie Haub (Kik), Bernd Freier (S.Oliver), Thomas Bruch (Globus), Familie Deichmann (Deichmann), die Samwer-Brüder (Rocket), Familie Wortmann (Wortmann, Tamaris), Fritz Knapp (New Yorker), die Cloppenburgs (P&C) und die Familien Spießhofer und Braun (Triumph). Die Brenninkmeijers werden vom Manager-Magazin mit 20 Milliarden taxiert. Dieses Vermögen müssen sich indes 1800 Familienmitglieder teilen. Mit 11,1 Millionen ist der durchschnittliche Brenninkmeijer also fast schon ein armer Schlucker.
Bis auf die Ottos sind die in den Top Ten vertretenen Familien übrigens alles Nebenerwerbstextiliten. Lidl und Aldi wurden mit Lebensmitteln, die Reimanns mit Putzmitteln und Kosmetik reich. Wie anders ist das bei unseren Nachbarn in Frankreich. Dort verzeichnet Forbes unter den reichsten Zehn mit Bernard Arnault, Francois Pinault sowie Alain und Gerard Wertheimer allein vier wirkliche Mode-Granden. Was doch irgendwie auch etwas über den unterschiedlichen Stellenwert von Mode in unseren Ländern aussagt.
Womit wir bei Paris wären. Da war das umjubelte Debüt von Natacha Ramsey-Levi für Chloe. Da war Claire Waight Kellers mit Spannung erwarteter erster Auftritt für Givenchy, der allerdings eher diffus geriet. Da war Kaia Gerber, die im wahrsten Sinne des Wortes in die Fußstapfen ihrer Mutter Cindy Crawford trat. Da war Karl Lagerfeld, der bei Chanel mit gewohntem Gigantismus gegen ungewohnt schlechte Geschäfte ankämpfte. Und mit reichlich Plastik. "Ein schönes Material", wie der Meister Journalisten laut Fashionnetwork verriet. "Es ist besser als die alten langweiligen französischen Stoffe."
Lagerfeld hat damit mal wieder ein feines Gespür für den Zeitgeist bewiesen. Vielleicht war es auch einfach Zufall. Das meiste Aufsehen erregte in Paris nämlich ein Entwurf von Balenciaga, gleichfalls aus Plastik: Die kanariengelben und pinkfarbenen Plateau-Crocs von Demna Gvasalia sind eine echte Herausforderung für die Moderedakteurinnen und Influencer, die es sich in den Fell-Slippern von Gucci gerade bequem gemacht haben.