Es war eine Riesen-Sause an jenem Sonntag. Nena sang, Kerner moderierte, der Kanzler sprach. Das war vor zehn Jahren. Kaufhof feierte sein 125-jähriges Jubiläum. Die Unternehmensleitung hatte alle Mitarbeiter nach Köln eingeladen. Über 20.000 kamen ins RheinEnergie-Stadion. Alle unter einem Dach sozusagen.
Mittendrin Lovro Mandac. Der hielt eine gewohnt launige Ansprache. Und er tat, was er vermutlich täte, wenn man ihn nachts weckte: er wetterte gegen das Ladenschluss-Gesetz. Die Mitarbeiter quittierten die Rede mit großem Applaus und La Ola-Wellen, obwohl die meisten anderer Meinung gewesen sein dürften. Das war natürlich die Feierstimmung. Und zugleich eine Respektsbekundung für den Chef. Ihren "Mister Warenhaus".
Diesen inoffiziellen Titel hat Lovro Mandac von Walter Deuss übernommen, dem langjährigen Karstadt-Vorstandsvorsitzenden. Karstadt war über Jahrzehnte die klare Nummer 1 im deutschen Warenhausmarkt und Deuss über 30 Jahre im Vorstand, 18 davon an der Spitze. Er regierte das Unternehmen wie Helmut Kohl das Land. Einmal bestellte er mich zum Rapport, nachdem ich den Zigarillo-Raucher in einem TW-Beitrag zum Zigarren-Raucher gemacht hatte. Oder war es umgekehrt? Egal. Die Deuss-Ära war die goldene Zeit der Warenhäuser, und zugleich waren die heutigen Probleme bereits angelegt. Nach seinem Rücktritt im Jahr 2000 wechselten die Chefs in Essen bald schneller als man sich deren Namen merken konnte: Wolfgang Urban, Christoph Achenbach, Helmut Merkel, Peter Wolf, Stefan Herzberg, Thomas Fox, Andrew Jennings, Eva-Lotta Sjöstedt, Miguel Müllenbach… habe ich jemanden vergessen?
In Köln saß in dieser Zeit ein Einziger im Chefsessel: Lovro Mandac. Diese Kontinuität in der Führung ist einer der Gründe, weshalb Kaufhof heute besser dasteht und größer ist als Karstadt. Der Handelskonzern Metro, zu dem Kaufhof gehört, hat zudem stets ein konsequenteres Portfoliomanagement betrieben als Madeleine Schickedanz, die mit dem elterlichen Erbe überfordert war. Zuletzt hat sich Kaufhof gar vom hässlichen Konzern-Entlein zur Ertragsperle der Metro gemausert (was natürlich auch mit den Verkaufsplänen zusammenhängt). Vor zehn Jahren setzte das Warenhausunternehmen in 148 Filialen über 3,8 Milliarden Euro um. Heute sind es 11 Häuser weniger, und der Umsatz ist auf 3,1 Milliarden gesunken. Doch Mandac hat den Ertrag (Ebit) im selben Zeitraum von 94 Millionen (2003) auf 229 Millionen Euro im letzten Geschäftsjahr (2012/13) gesteigert. Das ist in dem äußerst schwierigen Marktumfeld, in dem sich die Warenhäuser bewegen, keine schlechte Bilanz.
Die Nachricht vom Rückzug Mandacs aus dem operativen Geschäft kam diese Woche überraschend. Manche Medien druckten schon Manager-Nachrufe. Aber die Führung gibt Mandac nicht ab. Denn der 64jährige bleibt Geschäftsführer der Galeria Holding GmbH, in der die Metro AG in diesem Frühjahr das operative Geschäft sowie die Kaufhof-Immobilien gepoolt hat. Die Metro wollte das damals im Zusammenhang mit der Neuordnung ihrer Immobiliensparte verstanden wissen; zugleich macht die Zusammenführung von Häusern und Geschäften eine Übernahme attraktiver. Vor dem Hintergrund der Ereignisse in Essen ist diese Entscheidung womöglich sehr relevant.
Lovro Mandacs Vertrag läuft noch bis 2018, und so lange er im Amt ist, wird der neue Warenhaus-Chef Olivier Van Den Bossche sich sicherlich öfter mal einen Rat bei seinem Vorgänger holen. Eine Parallele zu Mandac: Wie der ehemalige Horten-Manager kommt er als Chef eines Tochterunternehmens (Galeria Inno) an die Kaufhof-Spitze. Doch die Zeiten sind andere. Einen "Mister Warenhaus" wird es in Deutschland nicht mehr geben.
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