Dass Kaufhof am Alexanderplatz jetzt auch Premium-Marken wie Hugo Boss, René Lezard, Gant und Strenesse Blue führt, weckt alte Abwehr-Reflexe. Traditionell gelten die Warenhäuser in Deutschland für höherpreisige Anbieter als No-go-Area. Tatsächlich bröckelt diese Front aber seit längerem. Karstadt hat KaDeWe, Alsterhaus und Oberpollinger mit der Brechstange luxusfähig gemacht. Da war in der kurzen Ära Middelhoff freilich auch viel Blendwerk für Investoren dabei, über den kaufmännischen Erfolg hört man Unterschiedliches. Breuninger hat sich in Stuttgart organisch zu einem großartigen Department Store entwickelt, der den internationalen Vergleich mit Häusern in London, Paris und New York nicht zu scheuen braucht. Demnächst setzt man mit einer selfridgesken Schuhabteilung noch eins drauf.
Kaufhof arbeitet ebenfalls seit Mitte des letzten Jahrzehnts an einem Trading up. Eigentlich geht es nur darum, das Modeangebot auf das Niveau zu holen, das das Sortiment in anderen Kategorien durchaus erreicht. Die Frankfurter Goethestraßen-Kundin wird ihre Foie Gras im UG der Kaufhof-Filiale an der Hauptwache finden, vielleicht kauft sie ihr Chanel No.5 im EG, aber man sieht sie kaum im 1.OG zwischen Rundständern und Schlitten flanieren. Weil es an Kongruenz im Sortiment fehlt, werden Cross-Selling-Chancen vergeben. Dabei wäre gerade letzteres der Vorteil eines Warenhauses gegenüber anderen Handelsformen.
Am Alexanderplatz – übrigens einem der schönsten Warenhäuser Deutschlands – scheint Kaufhof jetzt der Durchbruch gelungen. Natürlich wird das Kaufhof-Management die Multiplikation versuchen. Die höherwertigen Modemarken sollen Kompetenz und Profil in die Bekleidungssortimente bringen und damit zugleich mehr Spielraum für den Ausbau der Kaufhof-Eigenlabels im margenträchtigeren Mittelpreissegment eröffnen. Aus Kaufhof-Sicht ist das der richtige Weg.
Die Markenanbieter dürften durchaus verlockt sein, diesen Weg mitzugehen. Denn selbstständige Einzelhändler haben sich an vielen Standorten rar gemacht, der Aufbau eines eigenen Ladennetzes ist teuer, risikoreich und gerade in kleinen und mittleren Städten nicht so leicht profitabel umzusetzen. Die Marken sind dennoch gut beraten, der Verlockung nicht leichfertig nachzugeben. Nicht zuletzt, weil die Kaufhof-Mitbewerber, insbesondere der Düsseldorfer Großkunde, das nicht gerne sehen werden.
Die Premium-Anbieter müssen darüber hinaus Rücksicht nehmen auf ihren eigenen Markenanspruch. Die Warenhäuser haben sich in der Vergangenheit insbesondere in der Preispolitik als unberechenbar erwiesen. Allzu oft wechselten die Entscheidungsträger und damit die Strategien. Die Gerüchte um den Kaufhof-Verkauf dürften deshalb nicht eben vertrauensbildend gewesen sein. Die Befürchtungen nach dem Abgang des für den Trading up-Kurs stehenden Kaufhof-Chefeinkäufers Ralf Pütmann haben sich offenbar nicht bestätigt. Nicht zuletzt gibt es seit jeher Vorbehalte gegenüber dem volkstümlichen Ansatz, den Warenhäuser zwangsläufig haben müssen. Ihr Alles-unter-einem-Dach-Image verträgt sich nicht mit dem exklusiven Anspruch von Premium-Marken. Das klingt arrogant, auch gegenüber den Kunden der Warenhäuser. Aber der selektive Vertrieb ist nun mal eines der Grundgesetze des Modebusiness.
Das alles heißt nicht, dass Kaufhof nicht demnächst auch an anderen Standorten die Anforderungen von Premium-Marken erfüllen wird. Der Anfang ist mit dem Alexanderplatz jedenfalls jetzt gemacht.
+++++
Und nächste Woche?
Gibt es Zahlen: Ludwig Beck, Gerry Weber, Adler und Wolford werden Ergebnisse vorlegen.
Außerdem startet in Düsseldorf die Schuhmesse GDS. Nach einem schwierigen Schuh-Winter muss sich die Industrie auf eine harte Orderrunde einstellen.
******
Wenn Sie keine Profashionals-Beiträge verpassen wollen, empfehle ich Ihnen, ein Update einzurichten. Einfach rechts oben E‑Mail-Adresse eingeben, „Jetzt abonnieren“ anklicken und kurz bestätigen.