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Marge statt Mode

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Jür­gen Mül­ler

Frü­her fuhr man nach Düs­sel­dorf wegen der Mode. Heu­te wegen der Mar­ge. Man spricht über Kon­di­tio­nen, kaum mehr über Kol­lek­tio­nen. Moden­schau­en gibt es schon lan­ge nicht mehr. Die Events zu den Fashion Days rich­ten Bera­ter wie Bold & Expert und IT-Anbie­ter wie Chain­ba­lan­ce und Fashion­cloud aus. Die Ver­lei­hung des Mode­busi­ness Awards wird von Dr. Wie­sel­hu­ber & Part­ner gespon­sert, einer Restruk­tu­rie­rungs­be­ra­tung. Auch das ist irgend­wie sym­pto­ma­tisch.

Frü­her such­te der Han­del auf Mes­sen neue Chan­cen. Heu­te geht es in Düs­sel­dorf dar­um, wer das Risi­ko über­nimmt. Gut bespro­chen wird, wer sich auf Flä­chen­be­wirt­schaf­tung und In-Sea­son-Manage­ment ver­steht: in der DOB sind das Anbie­ter wie Opus, Mona­ri, Olsen, auch Rich & Roy­al, Marc O'Polo und Zero, in der HAKA Cha­sin und PME Legend. Kein Wun­der, dass die­se Anbie­ter ihren Wett­be­werbs­vor­teil offen­siv aus­spie­len wol­len und ihre Han­dels­part­ner drän­gen, Sor­ti­ments­ho­heit abzu­ge­ben.

Die Lie­fe­ran­ten der Markt­mit­te haben das Sys­tem­ge­schäft dabei meist nicht frei­wil­lig imple­men­tiert, son­dern auf Druck von Groß­kun­den, die Liqui­di­tät scho­nen und Kapi­tal­bin­dung mini­mie­ren wol­len. Und natür­lich, weil sie teu­er erfah­ren muss­ten, dass es im eige­nen Retail nicht aus­reicht, sei­nen Namen über den Laden­ein­gang zu schrau­ben. Mit der wach­sen­den Bedeu­tung des Online­ka­nals kom­men noch ein­mal ganz ande­re Anfor­de­run­gen in Sachen Mer­chan­di­se Manage­ment auf die Mar­ken zu.

Die Partnerschaft wird zur Schicksalsgemeinschaft

Die sog. ver­ti­ka­len Part­ner­schaf­ten waren mal eine Vor­wärts­stra­te­gie. Es ging dar­um, die Voll­ver­ti­ka­len mit ihren eige­nen Waf­fen zu schla­gen. 'Zusam­men Zara' war für Prot­ago­nis­ten wie Esprit sei­ner­zeit indes vor allem ein cle­ve­rer Ver­kaufs­slo­gan, um mehr Flä­chen und Markt­an­tei­le zu bekom­men. LUGs und Flä­chen­pro­duk­ti­vi­tä­ten haben sich im Mul­ti­la­bel­han­del ins­ge­samt jeden­falls nicht wie erhofft ent­wi­ckelt. Die KPIs der Voll­ver­ti­ka­len – New Yor­ker, H&M, die Indi­tex-Grup­pe – sind in den meis­ten Fäl­len uner­reicht.

Inzwi­schen sind wir sys­te­misch und tech­no­lo­gisch wei­ter (auch wenn "KI" schnel­ler hin­ge­schrie­ben als imple­men­tiert ist). Jetzt, wo der Ein­zel­han­del wegen der Kon­sum­kri­se und stei­gen­den Kos­ten unter Druck ist wie nie, wächst die Not­wen­dig­keit, effi­zi­en­ter zusam­men­zu­ar­bei­ten. Die Part­ner­schaft wird zur Schick­sals­ge­mein­schaft.

Dass es mit Mer­chan­di­se Manage­ment allein nicht getan ist, zeigt zugleich eine Insol­venz wie Sinn, der sei­ne 40 Filia­len im gro­ßen Stil von den Lie­fe­ran­ten bewirt­schaf­ten lässt (dass Sinn wie gemel­det von P&C über­nom­men wer­den wird, galt in Düs­sel­dorf als aus­ge­macht).

Bei aller not­wen­di­gen Beschäf­ti­gung mit sich selbst dür­fen Han­del und Indus­trie das Ver­kau­fen nicht ver­ges­sen. Ent­schei­dend ist am POS, um eine alte Fuß­bal­ler­weis­heit abzu­wan­deln. Und da haben lokal ver­wur­zel­te Inha­ber­be­trie­be grund­sätz­lich erst­mal Platz­vor­tei­le. Es geht um Kun­den­nä­he. Und dazu gehört bedeu­tend mehr als – um die alte Nagold-Plat­ti­tü­de zu bemü­hen – die rich­ti­ge Ware zur rich­ti­gen Zeit am rich­ti­gen Platz.

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