Montag, 14. September. Für Modeleute sind die preisaggressiven Bekleidungsangebote der Lebensmitteldiscounter seit jeher ein Ärgernis. Nicht nur, dass sie inzwischen einen Gutteil des einstigen Brot-und-Butter-Geschäfts mit No Name-Wäsche, Strümpfen und Kinderbekleidung abwickeln, derentwegen die Kunden früher ins Bekleidungshaus kamen. Jetzt trauen sich Lidl und Aldi auch noch, Kollektionen unter dem eigenen Logo auf den Markt zu werfen und sich damit gewissermaßen als Fashion Brand zu gerieren. Zumindest haben sie ihre Lektion in Sachen Modemarketing gelernt. Das basiert ja nicht unwesentlich auf künstlicher Verknappung, was dem Massenmarkt-Denken der Discounter eigentlich diametral entgegensteht.
Natürlich handelt es sich um einen Marketing-Gag. Einerseits. Die Merch-Kollektionen sind ja eher die Karikatur einer Fashion Brand, und nicht von ungefähr geht das Ganze auf einen Aprilscherz von Lidl zurück, den die Kunden aber derart ernst nahmen, dass der scherzhaft angekündigte Sneaker im vergangenen Jahr tatsächlich auf den Markt kam.
Andererseits wird zumindest Lidl Stückzahlen verkaufen, die so mancher Modeanbieter gerne hätte. Wenn das Kalkül aufgeht, erlangen die Kollektionen der Lebensmitteldiscounter zudem einen Kultstatus, den die wenigsten Modemarken jemals erreichen werden können. Und vielleicht sorgt die Aktion ja auch für etwas mehr Akzeptanz von Aldi- und Lidl-Klamotten auf den Schulhöfen.
Es waren – und das ist die besondere Ironie – sehr wahrscheinlich Modeleute, die die Discounter auf die Idee brachten, ihre Logos zu Markt zu tragen. An Demna Gvasalias Ikea-Taschen oder den Aldi-Tüten aus Känguruleder von PB110 und Lars Eidinger arbeiteten sich seinerzeit die Feuilletons ab. Bei Aldi und Lidl gibt es da eher weniger Zeitgeistrelevantes zu interpretieren. Mit den Discounter-Originalen können die Hipster dafür nun sehr viel preiswerter ein ironisches Statement setzen.
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Mittwoch, 16. September. Es ist für die GKK-Mitarbeiter, ‑Vermieter und ‑Standorte nun doch nicht ganz so dick gekommen wie befürchtet. Wie es aussieht, wird der Warenhauskonzern lediglich zwei Drittel der ursprünglich angekündigten 62 Schließungen durchziehen. Große Häuser wie Frankfurt-Zeil und München-Stachus bleiben am Netz, das eine für vier, das andere für zwei Jahre. Bereits im August hat der Berliner Senat die Schließung von vier Hauptstadt-Filialen vorläufig verhindert. Auch in Essen bleibt Karstadt fürs Erste am Limbecker Platz. Über das einstige Vorzeigehaus an der Düsseldorfer Schadowstrasse wird noch verhandelt. Die Gnadenfristen sind teuer erkauft. In nicht wenigen Fällen mit Zugeständnissen an GKK-Investor Rene Benko, der mit der Leerstandsdrohung einen starken Hebel hatte, um seine lokalen Immobilienprojekte durchzudrücken.
Inzwischen ist den Kommunen auch klar, dass mit dem darbenden Einzelhandel der Absturz so mancher Innenstadt droht. So berichtet der Spiegel, dass zurzeit viele Kommunen städtische Filetstücke selbst übernehmen wollen, um als Investor Einfluss auf die Neugestaltung nehmen zu können. In Lübeck wird über eine Steuer auf leerstehende Immobilien nachgedacht. Fakt ist, dass viele unserer Innenstädte in den kommenden zehn Jahren einen massiven Wandel durchlaufen werden. Gerrit Heinemann hat ja nicht unrecht, wenn er sagt: „Lieber eine schöne Wohn- als eine hässliche Einkaufsstadt.“
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Donnerstag, 17. September. Amazon schaltet 'Luxury Stores' frei. Zunächst nur via App für Prime-Mitglieder in den USA und auf Anfrage. Das soll wohl den exklusiven Anspruch unterstreichen. Nach 'Prime Wardrobe', 'Personal Shopper by Prime Wardrobe' und 'The Drop' ist dies die jüngste Initiative, die Amazons Modeambitionen unterstreichen soll.
'Luxury Stores' ist so etwas wie die Edelmeile in Amazon-City. Erster Mieter ist Oscar de la Renta. Die Chancen stehen gut, dass angesichts ausbleibender Touristen und menschenleerer Malls auch andere Luxusanbieter die hochfrequentierte Amazon-Lage nutzen werden.
Die Geschäfte laufen coronabedingt ohnehin auf Hochtouren. Am Dienstag hat der Online-Gigant angekündigt, 100.000 weitere Mitarbeiter einstellen zu wollen. Am Amazon Career Day nahmen am Mittwoch Medienberichten zufolge 300.000 Bewerber teil, virtuell versteht sich, die Personaler führten 20.000 Einzelgespräche. Es ist bereits die vierte Einstellungswelle in den USA, die Amazon diesem Jahr wegen der großen Nachfrage in der Corona-Krise ankündigt. Im letzten Quartal verzeichnete das Unternehmen einen Umsatzanstieg von 40 Prozent und den höchsten Gewinn in seiner Geschichte. Bezos‘ Profit spiegelt Trumps Versagen im Kampf gegen die Pandemie.