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Farfetch und YNAP: Steht der Deal?

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Jür­gen Mül­ler

Brüs­sel geneh­migt den Ein­stieg von Far­fetch bei Yoox Net a Por­ter (YNAP). Die Fra­ge ist nur: Wird es dazu kom­men? Bzw. unter wel­chen Bedin­gun­gen wird es dazu kom­men?

Der Riche­mont-Kon­zern, der das defi­zi­tä­re YNAP unbe­dingt los­wer­den möch­te, hat­te vor gut einem Jahr im Hin­blick auf den Ver­kauf u.a. eine 11 Pro­zent-Betei­li­gung an Far­fetch aus­ge­han­delt. Die­se ist auf­grund des dra­ma­ti­schen Kurs­ein­bruchs der Far­fetch-Aktie heu­te nur noch 90 statt 440 Mil­lio­nen Dol­lar wert. Zugleich scheint Far­fetch auf­grund der hohen Ver­schul­dung und eines erneut hoch drei­stel­li­gen Mil­lio­nen­ver­lusts finan­zi­ell kaum in der Lage, die Über­nah­me zu stem­men. Tja.

Es ist ein Desas­ter, das irgend­wann kom­men muss­te. Far­fetch hat seit der Grün­dung vor 15 Jah­ren nie­mals Geld ver­dient und Mil­li­ar­den Kapi­tal ver­brannt. Das Geld war da, und es war bil­lig. Mit immer wie­der neu­en  Deals ver­stand es Grün­der Jose Neves, die Anle­ger­fan­ta­sien auf­recht zu erhal­ten. Selbst die erra­ti­sche New Guards-Über­nah­me nahm man ihm ab. Dabei ziel­te die­se vor allem dar­auf, am Hype um Off­white & Co zu par­ti­zi­pie­ren. Das Blend­werk ist ver­blasst, die Far­fetch-Sto­ry aus­er­zählt. So geht es zur­zeit auch ande­ren Bör­sen-Souf­flés, zum Bespiel Signa Sports United. Seit der Zins­wen­de am Kapi­tal­markt ist Pro­fi­ta­bi­li­tät gefragt, und so groß kön­nen die Syn­er­gien zwi­schen Far­fetch und YNAP gar nicht sein, dass Minus plus Minus am Ende Plus ergibt.

Mög­li­cher­wei­se ist damit sogar die Markt­platz-Idee an sich ein wenig dis­kre­di­tiert. Das Platt­form-Busi­ness hat auf­grund der gerin­ge­ren Kapi­tal­bin­dung gro­ßen Charme für Finan­zer, für ech­te Händ­ler ist das aber doch eher ein Kon­zept für Medi­en­ma­na­ger. Am Ende gilt womög­lich auch für Waren­ge­schäf­te im Inter­net: No risk, no fun, und ein Mythe­re­sa ist mit sei­nem pro­fes­sio­nell kura­tier­ten Ange­bot aus Anle­ger­sicht das nach­hal­ti­ge­re Kon­zept. Jeden­falls solan­ge die Luxu­ry Brands ihr Online Busi­ness noch nicht kom­plett selbst abwi­ckeln. Sta­tio­när set­zen sie ja auch größ­ten­teils auf D2C.

Man wird sehen, wie es mit Far­fetch und YNAP wei­ter­geht. Der Deal betrifft nicht nur die Aktio­nä­re der betei­lig­ten Unter­neh­men, son­dern auch Mit­ar­bei­ten­de und Geschäfts­part­ner – Lie­fe­ran­ten, Markt­platz-Part­ner und Tech­no­lo­gie-User – die das Öko­sys­tem des Digi­tal­kon­zerns bil­den. Schon wird spe­ku­liert, ob sich nicht ein ande­rer Über­neh­mer für YNAP fin­det. Aber die übli­chen Hasar­deu­re sind zur­zeit halt lei­der selbst knapp bei Kas­se.

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Und sonst?

…ist mit Peter Hahn nach Tristyle-Schwes­ter Made­lei­ne und Klin­gel der nächs­te Ver­sen­der insol­vent. Bös­mei­nen­de könn­ten den­ken, die Best Ager-Spe­zia­lis­ten stür­ben schnel­ler als ihre Ziel­grup­pe. Das wäre natür­lich zynisch. Es geht Eigen­tü­mer Equis­tone, wie die TW schreibt, offen­bar auch dar­um, das Unter­neh­men ver­kaufs­fer­tig zu machen. Und ein Witt beweist, dass man auch mit der „Sil­ver Socie­ty“ Busi­ness machen kann: Die Otto-Toch­ter konn­te im ers­ten Halb­jahr (31.8.) um 9 Pro­zent wach­sen und hat dabei sogar die jun­ge Kon­zern­schwes­ter About You (plus 1,3 Pro­zent) out­per­formt.

…gibt es Paa­run­gen, auf die man selbst nicht gekom­men wäre. „Man­go desi­gned by Boglio­li“ zum Bei­spiel. Es ist nicht nur frag­lich, ob Man­go-Kun­den die ita­lie­ni­sche Edel­mar­ke ken­nen, son­dern auch, ob Boglio­li-Fans nun in einem Store der spa­ni­schen Fast Fashion Brand wol­len. Aber viel­leicht woll­ten ja auch nur die Man­go-Desi­gner mal mit ordent­li­chen Stof­fen arbei­ten.

…fragt man sich zudem, ob High­sno­bie­ty sich vor der Über­nah­me durch Zalan­do auf eine Road­show mit Esprit ein­ge­las­sen hät­te. Bei den Events sol­len „krea­ti­ve Gemein­schaf­ten und ein­ge­fleisch­te Fans ihre Obses­sio­nen durch die Lin­se der küh­nen, lus­ti­gen Spra­che von Esprit aus­drü­cken“, zitiert Fashion United die Esprit-Pres­se­mel­dung. Die­se Zusam­men­ar­beit kos­tet die Cool­ness-Instanz High­sno­bie­ty womög­lich mehr Cre­di­bi­li­ty als Esprit Euros.

…bewirbt Aldi Nord auf Insta­gram sei­ne neue Mode­kol­lek­ti­on: „Ab jetzt trägst du ALDI ganz ohne Tüte.“ Die „Ori­gi­nal Art Edi­ti­on“ wur­de von zehn jun­gen Künst­lern gestal­tet. Man bekommt die Sachen aller­dings nur im Rah­men eines Gewinn­spiels. Dazu muss man einen Kas­sen­bon ein­scan­nen, als Beleg, dass man z.B. eine „River-Cola“, „Nusskati“-Creme oder Kon­fi­tü­re von „Sweet Val­ley“ gekauft hat. Ein Lebens­mit­tel­händ­ler wirbt mit Mode für Mar­me­la­de, wäh­rend die Beklei­dungs­händ­ler mit Rabat­ten für Mode wer­ben. Ver­rück­te Zei­ten…