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Brands4Friends: Ende der Freundschaft

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Jür­gen Mül­ler

Es ist für die Mit­ar­bei­ter und Lie­fe­ran­ten von sta­tio­nä­ren Play­ern wie Gale­ria, P&C oder Reno kein Trost, dass die Kri­se mit Mira­po­do und Mytoys auch Onli­ner trifft und selbst Gewin­ner wie Ama­zon und Zalan­do Kapa­zi­tä­ten abbau­en. Fakt ist zugleich, dass inzwi­schen auch die Inter­net-Wachs­tums­ma­schi­nen in der Real­wirt­schaft ange­kom­men sind.

Jüngs­ter Fall: Brands4Friends. Der deut­sche Shop­ping Club-Pio­nier macht zum 30. Juni dicht. Und wie immer in sol­chen Fäl­len gibt es struk­tu­rel­le wie auch spe­zi­fi­sche Grün­de, die das Unter­neh­men ins Aus geführt haben. Es ist zugleich ein Lehr­stück aus der Digi­tal­wirt­schaft. Doch der Rei­he nach.

Brands4Friends gehör­te zu den Ers­ten, die die Idee von Jac­ques-Antoine Gran­jon auf­ge­grif­fen haben. Der Fran­zo­se hat­te in den 90er Jah­ren recht erfolg­reich mit Über­hang­wa­re gedealt. 2001 hat er die­ses Geschäft mit Ven­te Pri­vee auf ziem­lich genia­le Wei­se fürs anbre­chen­de Online­zeit­al­ter adap­tiert. Indem er Über­hang­wa­re zu täg­lich wech­seln­den Pake­ten schnür­te und die­se an eine geschlos­se­ne Nut­zer­grup­pe ver­mark­te­te, ermög­lich­te er es der Mar­ken­in­dus­trie, Restan­ten und B‑Ware image­ver­träg­lich an die Kund­schaft zu brin­gen. Gekauft hat Ven­te Pri­vee die Ware erst dann und nur so viel, wie zuvor in den Flash Sales ver­kauft wor­den war. Eine ziem­lich gut funk­tio­nie­ren­de und pro­fi­ta­ble Masche – Veepee, wie Ven­te Pri­vee inzwi­schen heißt, setz­te zuletzt mit über 5500 Mit­ar­bei­tern über 3,6 Mil­li­ar­den Euro um.

2007 kopier­ten Chris­ti­an Heit­mey­er, Con­stan­tin Bisanz, Nico­las Spe­eck und Mario Zim­mer­mann Gran­jons Idee und grün­de­ten Brands4Friends. In nur drei Jah­ren blie­sen sie das Geschäft auf über 80 Mil­lio­nen Euro auf, um es dann 2010 für kol­por­tier­te 150 Mil­lio­nen an Ebay zu ver­kau­fen. Ihnen kam zupass, dass kurz davor Ama­zon Buy­VIP über­nom­men hat­te. Ebay sah sich unter Zug­zwang, die Wachs­tums­fan­ta­sien der Ana­lys­ten mit einem ver­gleich­ba­ren Zukunfts­for­mat im Port­fo­lio zu bedie­nen.

Geld ver­dient hat Ebay mit der neu­en Toch­ter nie. Die Wett­be­werbs­si­tua­ti­on hat­te sich zwi­schen­zeit­lich enorm ver­schärft. Neben Brands4Friends sind etli­che Shop­ping Clubs an den Markt gegan­gen (und teil­wei­se bereits wie­der ver­schwun­den): Buy VIP aus Spa­ni­en, Fashion Days aus der Schweiz, Show­room­pri­vee aus Frank­reich. In Deutsch­land grün­de­ten Mir­ko Schul­tis und Hol­ger Hengst­ler Dress for less (gehört heu­te zu Signa). Die Otto Group kauf­te Liman­go. Schus­ter­mann & Boren­stein brach­te Best­se­cret ans Netz. Zalan­do eröff­ne­te sei­ne Lounge. Aktu­ell setzt Secret Sales aus Groß­bri­tan­ni­en zum Sprung über den Kanal an.

Die Shopping Clubs sind heute kaum mehr als FOCs im Internet, ein Vertriebskanal, wo direktvertreibende Brands ihre (im Fachhandel) teuer aufgebauten Markenimages diskontieren.

Die­ser Wett­be­werb (in dem auch ein sta­tio­nä­rer 50 Mil­li­ar­den Dol­lar-Gigant wie TK Maxx mit­mischt) wird vor allem in der Beschaf­fung ent­schie­den. Die Auf­käu­fer prü­gel­ten sich zuneh­mend um die Pos­ten, und die Lie­fe­ran­ten konn­ten für sich güns­ti­ge­re Kon­di­tio­nen durch­set­zen. In die­sem Spiel ist nicht zuletzt Grö­ße ein wesent­li­cher Fak­tor. Im hie­si­gen Markt konn­te vor allem Zalan­do Lounge sei­ne Kon­zern-Vor­tei­le aus­spie­len. Alle Play­er waren zugleich mit höhe­ren Waren­ri­si­ken und stei­gen­dem Kapi­tal­be­darf kon­fron­tiert.

Die Indus­trie begann mit den Jah­ren immer mehr, Ware für die Shop­ping Clubs extra zu pro­du­zie­ren. Der Kanal wur­de nicht mehr als Pro­blem­lö­ser, son­dern als Pro­fit­cen­ter betrach­tet. Die Shop­ping Club-Idee ver­wäs­ser­te, ohne dass die Web­shops mit zün­den­den Inno­va­tio­nen auf­war­ten konn­ten. Veepee & Co sind heu­te kaum mehr als FOCs im Inter­net, eine wei­te­re Adres­se für Schnäpp­chen­jä­ger und ein Ver­triebs­ka­nal, wo direkt­ver­trei­ben­de Brands ihre (u.a. im Fach­han­del) teu­er auf­ge­bau­ten Mar­ken­images dis­kon­tie­ren. Und dabei manch­mal auch buch­stäb­lich Eti­ket­ten­schwin­del betrei­ben.

Den Anfang vom Ende für Brands4Friends mar­kier­te 2019 der „Ver­kauf“ an Regent. Der US-Inves­tor, der sich zuvor schon bei Esca­da einen zwei­fel­haf­ten Ruf erwor­ben hat­te, über­nahm das Unter­neh­men mit ordent­li­cher Mit­gift. Es folg­te ein bei­spiel­lo­ser Absturz. In 2018, vor dem Exit, lag der Umsatz noch bei 137 Mil­lio­nen Euro. In 2019 rutsch­ten die Erlö­se mas­siv ab. Und in 2020 – einem Jahr, in dem der sta­tio­nä­re Han­del im Lock­down steck­te und die Bran­che auf mas­si­ven Waren­ber­gen saß – schaff­te es Brands4Friends, noch­mal 37 Pro­zent sei­nes Umsat­zes zu ver­lie­ren und bei 68 Mil­lio­nen Euro Umsatz über 5 Mil­lio­nen Ver­lust zu machen.

Für 2021 leg­te man dann erst­mals schwar­ze Zah­len vor: 1,2 Mil­lio­nen Euro nach Steu­ern, bei einem Umsatz von gut 63 Mil­lio­nen Euro. Ohne die Lizenz­ge­büh­ren, die die Ber­li­ner wohl an Regent abdrü­cken muss­ten, wären es 2,23 Mil­lio­nen mehr gewe­sen. Wie 2022 lief, ist nicht bekannt. Es spielt womög­lich auch kei­ne Rol­le. Jetzt wird Brands4Friends jeden­falls abge­wi­ckelt, 100 wei­te­re Online-Pro­fis kom­men auf den Ber­li­ner Arbeits­markt.

Apro­pos: Kann mal jemand nach­se­hen, was mit Esca­da ist? Auf escada.com heißt es: Coming Soon.

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Und sonst?

…möch­te Hugo Boss, dass Met­zin­gen die Zufahrt­stra­ße zum Fir­men­ge­län­de in „Holy-Allee“ oder „Gebr. Holy-Allee“ umbe­nennt, schreibt der Reut­lin­ger Gene­ral­an­zei­ger. Das wird die Holy-City ihrem wich­tigs­ten Unter­neh­men wohl kaum ver­weh­ren.

por­trai­tiert der Mer­kur Johan­nes Grupp, den mehr als zehn Jah­re jün­ge­ren, weni­ger bekann­ten Bru­der von Wolf­gang. Der macht nicht in Tex­til, son­dern in Plas­tik. Plas­tro May­er in Troch­tel­fin­gen gehör­te mal zur Fami­lie. 1976 wur­den die Fir­men im Zuge einer „Erbaus­ein­an­der­set­zung“ auf­ge­teilt.

…durf­te Paul Smith die Aus­stel­lungs­räu­me des Pari­ser Picas­so-Muse­ums neu gestal­ten. Anlass ist das 50. Todes­jahr des Jahr­hun­dert­künst­lers. Zwi­schen all den Strei­fen und Illus­tra­tio­nen sind Picas­sos Wer­ke kaum mehr zu erken­nen.

…erziel­ten von Micha­el Jor­dan getra­ge­ne rot-schwar­ze Air 13-Snea­k­er bei einer Auk­ti­on den Rekord­preis von 2,2 Mil­lio­nen Euro. „Der gro­ße Wurf“ (wie Ben Afflecks gera­de ange­lau­fe­nes Nike-Bio­pic „Air“ in Deutsch­land heißt) ist Sotheby’s damit schon mal gelun­gen.

… „Heu­te wäre ich bei Fri­days for Future“, gestand Micha­el Otto am Diens­tag­abend bei Mar­kus Lanz. Wer weiß, wie lan­ge es den Otto-Ver­sand dann noch gäbe.

… „Mas­se­nes­ka­la­ti­on im Kauf­hof“ mel­de­te news38.de. Gemeint sind nicht die Warn­streiks bei Gale­ria oder ein plötz­li­cher Käu­fer­an­sturm, son­dern eine Mas­sen­schlä­ge­rei mit bis zu 30 Betei­lig­ten am Oster­sonn­tag auf der Wolfs­bur­ger Knei­pen­mei­le. Die heißt – war­um auch immer – Kauf­hof.

… Car­la Lager­feld ist der neu­es­te Social Media-Star laut Bild-Zei­tung. Sie heißt wirk­lich so. Für 5 Euro ver­teilt die dick­bu­si­ge 58jährige auf Bestel­lung Grü­ße. Bis zu sechs Stun­den am Tag ver­bringt sie mit der Pro­duk­ti­on der 5‑Se­kun­den-Clips. Die Influen­cer sind auch nicht mehr, was sie mal waren.

…Ihr Leben war zum Glück län­ger als ihre Röcke. Ges­tern ist Mary Quant (93) gestor­ben. R.I.P.