So schnell kann Ware altern. Nach dem Finale können die Deutschen die 2 Millionen Trikots, die sie zur WM gekauft haben, in die Kleidertonne treten. Drei Sterne sind nun definitiv démodé. Die paar Sieger-Shirts, die Adidas auf Risiko produzieren ließ, waren gleich vergriffen. Auf Ebay wurden sie diese Woche zu Schwarzmarktpreisen gehandelt. Götzes 19 ist natürlich besonders gefragt. Alternativ gibt es den vierten Stern zwar auch zum Aufkleben, aber das ist nur was für Leute, die sich auch ein Krokodil aufs Kik-Polo bügeln. Mehr als 2 Mrd. Euro wird Adidas dieses Jahr allein mit Fußballartikeln einnehmen (fast die Hälfte davon fließt in den gerade abgeschlossenen 10-Jahres-Vertrag mit Manchester United). Die Börse reagierte nach dem Sieg der Deutschen prompt; mit einem Plus von über 2% war Adidas am Montag der Gewinner im DAX. Was leider nur ein schwacher Trost für die Herzogenauracher ist. Denn die Adidas-Aktie ist seit Jahresanfang um mehr als 20% abgestürzt.
Auch bei Hugo Boss freut man sich über WM-Umsätze: "Die Hemden und Hosen, die Bundestrainer Jogi Löw während der Spiele trägt, verkaufen sich spürbar besser als vergleichbare Modelle", verlautet aus Metzingen. Auf den ganzseitigen Dankes-Anzeigen, die Hugo Boss in den Tageszeitungen geschaltet hat, scheinen Jogi und seine Jungs ausnahmsweise sogar zu lächeln. Schade nur, dass man auf der Fanmeile nicht Anzug trägt.
Ein toller Cup, nein: Coup gelang Louis Vuitton. Gisele Bündchen und Carlos Puyol trugen den WM-Pokal im LV-Monogram-Koffer ins Stadion. Wahrscheinlich eine Milliarde sahen zu, wie die Schöne und das Biest die Trophäe auspackten. Mindestens 500 Millionen werden vor allem Augen für Gisele gehabt haben.
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Nicht nur in Essen wurde die WM-Euphorie durch schlechte Nachrichten getrübt. An der Demission von Eva Lotta Sjöstedt war allenfalls der frühe Zeitpunkt überraschend. Die Schwedin stand an der Karstadt-Spitze von Anfang an auf verlorenem Posten. Dies nicht von Vorneherein erkannt zu haben, disqualifiziert sie streng genommen im Nachhinein. Außer schönen Bildern hinter Ladenkassen wird nichts von Sjöstedt bleiben. Dass die Karstadt-Chefin ihrem Inhaber Nicolas Berggruen zum Abschied nochmal vors Schienbein tritt, braucht diesen nicht mehr zu jucken. Die Retter-Nummer glaubt ihm ohnehin schon lange niemand mehr. Bettina Weiguny hat die leeren Sprüche der Karstadt-Manager in der FAZ noch einmal sehr schön zusammengefasst. Weiterer Lesetipp: Die Karstadt-Ahnengalerie in Profashionals.
Der Aufsichtsratsvorsitzende Stephan Fanderl schlägt in derselben Zeitung nun deutlich kühlere Töne an: "Von einem rationalen Finanzinvestor finanzielle Unterstützung zu erwarten, wenn man ihm nicht zeigen kann, ob oder wie sich diese rentiert, ist müßig und in der Regel erfolglos." Mit freundlichen Grüßen nach Schweden! Die Essener Geschäftsführung flankierte Fanderls Ansagen mit einem Blut-Schweiß-und-Tränen-Appell an die leidgeprüfte Belegschaft. Es soll mal wieder alles auf den Prüfstand. Mindestens 20 Filialen stehe die Schließung bevor, spekuliert die Presse. Die defizitären Häuser füttert das Unternehmen seit Jahren mit durch, weil schließungsbedingte Abfindungen und laufende Mietverpflichtungen Summen verschlingen würden, die man nicht hat. Essen wird das jetzt bei allen Beteiligten – Vermietern, Beschäftigten, Lieferanten – einzufordern versuchen. Argumente liefert womöglich das Insolvenzrecht.
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Neuigkeiten gab es auch von der Sonnenseite der Branche. Ein Aktienpaket im Wert von umgerechnet 35 Millionen Euro kassiert Christopher Bailey zu seinem Amtsantritt als neuer Burberry-CEO, trotz mehrheitlicher Ablehnung der Hauptversammlung. Das ist noch mehr als Real Madrid für Weltmeister Toni Kroos zahlt.