
Auf „Stripes of Stability“ folgen „Checks of Character“. Nachdem wir in den letzten Saisons gar nicht genug von Ringel und Streifen kriegen konnten, machen sich jetzt Karomuster auf den Weg, und das in allen erdenklichen Variationen. Spätestens nach den Stoffmessen für Herbst 2026 war klar, dass im Markt eine regelrechte Karo-Welle auf uns zukommen wird.
Wer jetzt das Bild von klassischem Hahnentritt, auch bekannt als „Prince-of-Wales-Karo“, im Kopf hat – die Standarduniform des heutigen Kings of England auf seinen Jagdausflügen in Schottland – liegt falsch. Die neuen Karos haben nur noch wenig mit Charles und seiner Interpretation davon zu tun.
Karo wird alles, nur nicht klassisch und bieder interpretiert.
Designermarken wie Chanel, Dior oder Stella McCartney haben in ihren Kollektionen für diesen Herbst die volle Bandbreite von Tweed, Brit Check und Glencheck ausgeschöpft. Die Vertikalen, wie immer schnell in der Adaption, verkaufen schon jetzt großgemusterte Karo-Blusen in Bordeaux und Braun, flauschige Checks für Jacken und Mäntel, diagonal karierte Midi-Röcke und Kleider sowie großzügig geschnittene Holzfällerhemden in Flanell. Auch auf Social Media kommt man an dem Thema nicht vorbei: Kaia Gerber trägt karierte Oversized Blazer mit Jeans, Rihanna übergroße Karo-Mantel-Kombis. Catherine, Princess of Wales, wurde kürzlich bei einem Termin mit einem maßgeschneiderten Anzug im Lieblingsdessin ihres Schwiegervaters gesichtet, der mit dem klassischen Tartan von Charles jedoch so viel gemeinsam hat wie Kate mit Schwägerin Meghan.
Es ist vor allem der Mix aus Heritage und Coolness, der die Check-Looks modern aussehen lässt: der übergroße karierte Blazer mit Hoodie und Jeans. Karo-Miniröcke im Preppy-Look, die mit derben Boots gebrochen werden oder Flausch-Winterjacken in übergroßem Check, die durch ihre haarige Optik lässig und eben nicht traditionell sind.
Es ist kein Zufall, dass neben Karo auch derzeit Veloursleder, Loafer, Barbour-Jacken und Bootsschuhe modisch im Trend liegen. Ihr gemeinsames Narrativ: Stabilität, Qualität und Heritage. In schwierigen Zeiten vermitteln diese Themen ein Gefühl von Verlässlichkeit und Schutz. Sowohl visuell als auch haptisch.
Vor dem Hintergrund überrascht nicht, dass sich jetzt eben auch Karo wieder auf den Weg macht. Als moderne Interpretationen mit oversized Schnitten, ungewöhnlichen Farbkombinationen oder flauschigen Materialien eröffnet das Dessin zahlreiche Ausdrucksformen. Altvertraut, aber neu gedacht.
Sabine Spieler beschäftigt sich seit mehr als 20 Jahren mit Mode, Trends und Sortimenten aus der Sicht aller, die Mode nicht nur als Entertainment, sondern in erster Linie als Business sehen. Dass Trends nur dann eine Chance haben, wenn sie kommerziell funktionieren, hat sie als langjährige Redakteurin der TextilWirtschaft gelernt. Heute arbeitet sie als Fashion Consultant für Unternehmen und ist freie Autorin u.a. für die FAZ. www.sabine-spieler.com