Vergangenes Jahr gab es vermutlich keine modebewusste Frau, die nicht einen Hosenanzug in Knallfarbe gekauft hat. Selbst im Abendprogramm des öffentlichen Fernsehens strahlten Marietta Slomka in Grün, Maybrit Illner in Lila und Sandra Maischberger in Knallrot um die Wette. „Wie lange hält der Teletubbies-Farbrausch noch an“, fragte sich Katag-Vorstandsmitglied Knut Brokelmann schon vor einem halben Jahr.
Es ist so weit. Schwarz, Weiß, Grau, Natur- und Erdtöne dominieren die Kollektionen für Herbst/Winter 2024/25. In vielen Sortimenten sieht es fürs Frühjahr schon ähnlich nichtfarbig aus. Unsere Branche fällt gerne von einem Extrem ins andere. Ohne Zweifel war absehbar, dass nach dem Hype um Bottega-Grün und Barbie-Pink der Ruf nach leiseren Tönen größer wird. Das ist auch gut und richtig so. Doch je kommerzieller die Sortimente werden, desto mehr besteht die Gefahr, dass das Angebot in der Banalität versinkt und die große Langeweile ausbricht. Und Hand aufs Herz: Die meisten Neutraltöne sehen in hochwertigen Qualitäten edel und ansprechend aus. Doch im Mainstream, wo der Meter Stoff nicht mehr als maximal zehn Euro kosten darf, erinnern diese Nichtfarben mitunter mehr an ausrangierte Teile für den Altkleidercontainer als an neue Lieblingsstücke.
Deswegen geht es in der kommenden Saison um ein ausgewogenes Verhältnis von Nichtfarbe und Farbe. Rot ist ein Aufsteiger, der jeder Frau schmeichelt und mit jedem Neutralton gut aussieht. Fuchsia und Violett bleiben weiterhin wichtig genauso wie verschiedene Grünabstufungen, um eintönige Sortimente zu vermeiden. Vielleicht erinnert sich der ein oder andere noch, als alle im Brunello Cucinelli-Fieber waren und ein halbes Jahr später jedes Geschäft in Beige-Greige-Taupe versunken ist?! Auch wenn es farblich leiser wird, braucht es immer wieder Farbakzente – oder mitunter Outfits, die auf einer Farbfamilie aufgebaut sind. Und wenn der rote Mantel nur dazu dient, dass die Kundin auf die Fläche gezogen wird, um dann doch den schwarzen zu kaufen.