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Was würde Elon tun?

Die Modebranche hat Probleme. Und die Modebranche verursacht Probleme. Das schreit nach disruptiven Lösungen, meint Jan Wilmking. So wie sie die Automobilindustrie zurzeit erlebt. Ein neues Modell für das Modebusiness zeichnet sich ab.

Elon Musk ist sehr beschäf­tigt mit sei­nen Autos und der Raum­fahrt. Also stel­len wir uns vor, was er tun wür­de, wenn er anfan­gen wür­de, sich mit der Mode­bran­che zu beschäf­ti­gen:

  1. Elon Musk wür­de sei­ne Zeit und Ener­gie nur dann in die­se Bran­che inves­tie­ren, wenn er glaub­te, dass sie groß genug ist, um einen signi­fi­kan­ten Zukunfts­wert für Her­aus­for­de­rer zu schaf­fen, die mit einem inno­va­ti­ven Pro­dukt Markt­an­tei­le gewin­nen könn­ten. Er wür­de dann nach mas­si­ven Pro­ble­men Aus­schau hal­ten, die mit der bis­he­ri­gen Funk­ti­ons­wei­se der Bran­che und den Pro­ble­men, die sie neben­bei für die Men­schen und den Pla­ne­ten ver­ur­sacht, ver­bun­den sind. Musk wür­de dann ver­su­chen, Ent­wick­lun­gen zu iden­ti­fi­zie­ren, die in der Bran­che wahr­schein­lich ein­tre­ten wer­den. Er wür­de vor allem nach Ver­än­de­run­gen suchen, von denen alle sagen, dass sie in Zukunft kom­men wür­den, ohne dass ein gro­ßes Unter­neh­men es bis­lang gewagt hät­te, sie in gro­ßem Maß­stab umzu­set­zen. Wenn all das für ihn Sinn mach­te, wür­de er mit sei­ner gewag­ten Visi­on laut los­le­gen, ein Team von visio­nä­ren Köp­fen bil­den und rie­si­ge Men­gen an Geld von Inves­to­ren wer­ben. Schließ­lich wür­de er sein Team trei­ben, die Zukunft so schnell wie mög­lich zum Leben zu erwe­cken.

Spie­len wir das mal für das Mode­busi­ness durch.

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Ist die Mode eine Bran­che mit aus­rei­chend Poten­zi­al für inno­va­ti­ve Her­aus­for­de­rer?

Ganz sicher.

Die Mode­bran­che ist eine glo­ba­le Bran­che mit einem Ein­zel­han­dels­um­satz von mehr als 1,7 Bil­lio­nen US-Dol­lar. Ein Unter­neh­men zu grün­den, das nur 1% Markt­an­teil erreicht, bedeu­tet einen poten­zi­el­len Umsatz von 17 Mil­li­ar­den US-Dol­lar. Es ist also rea­lis­tisch, dass man mit einem über­zeu­gen­den und inno­va­ti­ven Kon­zept ein rie­si­ges Unter­neh­men mit ent­spre­chen­den Ren­di­ten für Inves­to­ren schaf­fen kann.

Gibt es Pro­ble­me in der Mode­bran­che? Und gibt es Pro­ble­me, die die Bran­che ver­ur­sacht? 

Ober­fläch­lich sieht das Mode­busi­ness wahr­schein­lich inno­va­ti­ver und attrak­ti­ver aus als vie­le ande­re Bran­chen. Doch ein genau­er Blick offen­bart ein erschre­cken­des Inno­va­ti­ons­de­fi­zit. Die Mode­bran­che hat mas­si­ve Pro­ble­me, und sie schafft mas­si­ve Pro­ble­me für die Mensch­heit und den Pla­ne­ten.

Mar­ken und Ein­zel­händ­ler haben noch kei­nen guten Weg gefun­den, um vor­her­zu­sa­gen, was die Leu­te tat­säch­lich kau­fen wer­den. Anstatt die­ses Pro­blem zu lösen, geben die Unter­neh­men viel Geld für Mar­ke­ting, Mie­ten und Rabat­te aus, um die Kun­den zu gewin­nen, denen sie die Waren ver­kau­fen kön­nen, die sie bereits pro­du­ziert haben. Kaum ein Unter­neh­men der Mode­bran­che gibt Geld für For­schung und Ent­wick­lung aus. Im Durch­schnitt inves­tie­ren sie nur 0,3% ihres Umsat­zes für ech­te Inno­va­tio­nen und das Fin­den neu­er Lösun­gen. Die Auto­mo­bil­in­dus­trie gibt 16 mal mehr aus, die Luft- und Raum­fahrt 23 mal, die Phar­ma­in­dus­trie 120 mal und die Unter­hal­tungs­elek­tro­nik sogar 130 mal. Adi­das und Nike schei­nen die ein­zi­gen Unter­neh­men zu sein, die der­zeit in Inno­va­tio­nen inves­tie­ren.

Die Ver­brau­cher füh­len sich von dem Über­an­ge­bot über­wäl­tigt und von dem "Du musst so aussehen"-Marketing und den Rabatt­schrei-Bot­schaf­ten unter Druck gesetzt. Zugleich geben sie im Online­han­del oft mehr als 50% von dem, was sie kau­fen, zurück. Das liegt dar­an, dass es ent­we­der nicht zu ihrem Kör­per oder zu ihrem Geschmack passt. Und schließ­lich füh­ren die Mil­li­ar­den-Mar­ke­ting­aus­ga­ben nicht zu dau­er­haf­ter Mar­ken­loya­li­tät.

Auch in der Pro­duk­ti­on gibt es ein Inno­va­ti­ons­de­fi­zit. In den Fabri­ken in Chi­na, Viet­nam, Indi­en, Rumä­ni­en, Por­tu­gal, Spa­ni­en oder Ita­li­en sieht man vie­le Men­schen mit den neu­es­ten Han­dys. Was man nicht sieht, ist beson­de­re tech­ni­sche Inno­va­ti­on in Bezug auf die Arbeits­or­ga­ni­sa­ti­on und die Durch­füh­rung von Kern­pro­zes­sen wie Schnei­den und Nähen von Stof­fen. Statt in neue Tech­no­lo­gien zu inves­tie­ren, haben die Anbie­ter ihre Ren­di­ten gesi­chert, indem sie die Pro­duk­ti­on immer nur in noch kos­ten­güns­ti­ge­re Län­der ver­la­gert haben.

Und schließ­lich hat die Mode­wirt­schaft kata­stro­pha­le Fol­gen für die Umwelt: ein mas­si­ver Ver­brauch von Was­ser im Baum­wollan­bau, mas­si­ve Umwelt­ver­schmut­zung und  Krank­hei­ten durch schäd­li­che Che­mi­ka­li­en beim Ger­ben und Fär­ben. Sozia­le Miss­stän­de in der Pro­duk­ti­on. Ein Rie­sen-Müll­berg von nicht bio­lo­gisch abbau­ba­ren Mode­pro­duk­ten, die Umwelt und Mee­re ver­schmut­zen.

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Gibt es Ver­än­de­run­gen, von denen alle sagen, dass sie in Zukunft ein­tre­ten wer­den, ohne dass ein gro­ßes Unter­neh­men es bis­lang gewagt hät­te, die­se in gro­ßem Maß­stab umzu­set­zen?

Ent­wick­lun­gen, die es ermög­li­chen, dass neue Mar­ken und Ein­zel­han­dels­for­ma­te gedei­hen, neue Infra­struk­tur­teil­neh­mer ins Spiel kom­men und neue Tech­no­lo­gie­lö­sun­gen ent­ste­hen?

In der Auto­mo­bil­in­dus­trie haben wir so einen Auf­stieg neu­er Akteu­re erlebt. Allen vor­an Tes­la. In den letz­ten zehn Jah­ren sind zahl­rei­che neue Elek­tro­au­to­mar­ken ent­stan­den, vor allem in Chi­na – Unter­neh­men wie SAIC, FAW, Dong­feng, Chery und Geely, um nur eini­ge zu nen­nen. Alle gro­ßen Auto­mo­bil­her­stel­ler bie­ten mitt­ler­wei­le E‑Modelle an. Welt­weit wer­den rie­si­ge Fabri­ken für Bat­te­rien gebaut, es ent­steht ein Netz öffent­li­cher Lade­sta­tio­nen. Es wird an neu­en tech­ni­schen Lösun­gen gear­bei­tet, etwa zur Stei­ge­rung der Bat­te­rie­leis­tung, im Bat­te­rie­re­cy­cling, für auto­no­mes Fah­ren und leich­te­re Mate­ria­li­en im Fahr­zeug­bau.

Die Auto­mo­bil­in­dus­trie ist ein Mus­ter­bei­spiel für dis­rup­ti­ve Ver­än­de­run­gen, die Wel­len in der Wett­be­werbs­land­schaft erzeu­gen und die neue Infra­struk­tur- und Tech­no­lo­gie­lö­sun­gen erzeu­gen und die für eine mas­si­ve Kapi­talum­ver­tei­lung sor­gen wer­den.

In der Mode schei­nen zwei trans­for­ma­ti­ve Ent­wick­lun­gen sehr wahr­schein­lich zu sein:

  1. Die Men­schen wer­den umwelt- und sozi­al­ver­träg­li­che Mode schäd­li­chen Pro­duk­ten vor­zie­hen.
  2. Die Men­schen wer­den Klei­dung und Schu­he tra­gen, die nur für sie gemacht wur­den.

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Die Men­schen wer­den künf­tig mehr nach­hal­ti­ge Pro­duk­te kau­fen.

Die­ser Wan­del ist in vol­lem Gan­ge. Neue Mar­ken und Pro­dukt­li­ni­en sind ent­stan­den. Jun­ge, schnell wach­sen­de Unter­neh­men wie Ever­la­ne, Eco­Alf, Armed Angels und Orga­nic Basics set­zen auf modi­sches Aus­se­hen in Ver­bin­dung mit fai­rer Arbeit und sau­be­ren Mate­ria­li­en. Adi­das bie­tet Arti­kel aus recy­cel­tem Kunst­stoff an. Ein­zel­händ­ler wie H&M und C&A bie­ten Bio-Baum­wol­le im gro­ßen Stil an.

Zugleich ent­steht eine neue Infra­struk­tur: Auf der Pro­duk­ti­ons­sei­te wan­dern Auf­trä­ge von nicht zer­ti­fi­zier­ten Fabri­ken mit oft­mals unlau­te­ren Arbeits­be­din­gun­gen zuneh­mend an Pro­du­zen­ten, die fai­re Löh­ne zah­len und Umwelt- und Arbeits­schutz sicher­stel­len. Im Ein­zel­han­del eta­blie­ren sich Play­er wie Buho, die sich auf nach­hal­ti­ge Mode spe­zia­li­sie­ren. Online- und Off­line-Händ­ler schaf­fen spe­zi­el­le Berei­che und Fil­ter für eine nach­hal­ti­ge Pro­dukt­wahl für die Ver­brau­cher. Auch der Ver­leih von Klei­dung wird mit Unter­neh­men wie Rent the Run­way und Le Tote immer belieb­ter.

Neue Tech­no­lo­gien kom­men zum Ein­satz: Modern Mea­dow bei­spiels­wei­se hat ein Ver­fah­ren zur Labor­zucht von Leder ent­wi­ckelt. Lenzing wächst mit Ent­wick­lun­gen wie Modal und Lyo­cell und ver­wen­det che­mi­sche Ver­fah­ren, die nur mini­ma­le Abfäl­le und Emis­sio­nen ver­ur­sacht.

All das ist schön und gut. Und doch kei­ne wirk­li­che Lösung der Pro­ble­me.

Bio-Baum­wol­le ist groß­ar­tig, weil es kei­ne Her­bi­zi­de und Pes­ti­zi­de braucht. Zugleich ist der Was­ser­ver­brauch in der Regel deut­lich höher als bei kon­ven­tio­nel­ler Baum­wol­le. Und wenn Adi­das für eini­ge weni­ge Pro­duk­te recy­cel­tes Plas­tik aus dem Oze­an ver­wen­det, dann betrifft das nur einen mini­ma­len Bruch­teil sei­ner gesam­ten Pro­dukt­pa­let­te. Die Rea­li­tät ist, dass die meis­ten Mate­ria­li­en, die in der Mode ver­wen­det wer­den, immer noch auf schäd­li­che Wei­se her­ge­stellt wer­den, nicht bio­lo­gisch abbau­bar sind und gro­ße Men­gen an Was­ser benö­ti­gen.

Auch ist die Art und Wei­se, wie Mode­pro­duk­te ent­wi­ckelt, pro­du­ziert und ver­kauft wer­den, immer noch Low-Tech. Die Pro­zes­se und Arbeits­wei­sen der Mode­indus­trie sind heu­te nicht so viel anders wie vor 50 Jah­ren. Durch Fehl­pla­nun­gen ent­ste­hen auf der einen Sei­te enor­me Über­men­gen. Zugleich fehlt es im Sai­son­ver­lauf häu­fig an den Best­sel­lern, von Grö­ßen und gan­zen Model­len, die nicht auf Lager sind.

Und schließ­lich hat der Auf­stieg von Fast Fashion seit den 90er Jah­ren die Ver­brau­cher gelehrt, dass ein neu­er Look bil­lig zu haben ist. Trotz des oft zitier­ten Endes von Fast Fashion ist der Wunsch, sich oft zu ver­än­dern um im Trend zu lie­gen, jetzt noch aus­ge­präg­ter. Das beloh­nen nicht zuletzt Selbst­dar­stel­lungs­platt­for­men wie Insta­gram oder Tik­Tok.

Klar ist: Wenn sich nichts Wesent­li­ches ändert, wer­den die Ver­brau­cher wei­ter­hin hung­rig nach dem Neu­en blei­ben. Und damit wei­ter­hin rie­si­ge Men­gen an Abfall pro­du­zie­ren.

All dies schafft poten­zi­ell enor­me Chan­cen für neue Anbie­ter. Der Raum muss indes noch erobert wer­den. Wenn sus­tainable brands in eine rele­van­te Grö­ßen­ord­nung vor­sto­ßen, wird die­se Wel­le neue Akteu­re, Infra­struk­tu­ren und Tech­no­lo­gien her­vor­brin­gen, die nicht in der Nische, son­dern im Main­stream spie­len.

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Die zwei­te gro­ße Ent­wick­lung hat das Poten­zi­al, eine noch grö­ße­re Wel­le zu erzeu­gen:

Die Men­schen wer­den Klei­dung und Schu­he tra­gen, die für sie gemacht sind.

Fashion on demand, maß­ge­schnei­dert nach Kör­per­ma­ßen und indi­vi­du­el­lem Geschmack,  ermög­licht durch Tech­no­lo­gie, ist an sich nichts Neu­es. Das The­ma fris­tet den­noch ein Nischen­da­sein und hat noch kein Unter­neh­men in eine rele­van­te Grö­ßen­ord­nung gebracht.

Wenn die On-Demand-Wel­le anfängt zu rol­len, wer­den indes vie­le der zuvor dis­ku­tier­ten Pro­ble­me stark redu­ziert oder sogar ver­schwin­den. Das bedarf eines ande­ren Den­kens, ver­än­der­ter Pro­zes­se und neu­er Infra­struk­tur in der tex­ti­len Ket­te. Es gibt vie­le Risi­ken, aber es winkt zugleich ein sehr gro­ßer poten­zi­el­ler Gewinn auf dem Weg dort­hin.

Wie könn­te so ein Modell aus­se­hen?

Jedes Klei­dungs­stück, jeder Schuh, jedes Acces­soire wür­de auf Anfra­ge für eine Per­son her­ge­stellt, so dass es per­fekt zu ihrem Kör­per und ihrem indi­vi­du­el­len Geschmack passt. Nach der Bestel­lung erhält ist das Pro­dukt so schnell ver­füg­bar, wie man es vom Online Shop­ping kennt, am nächs­ten Tag oder sogar am sel­ben Tag. Und das alles zu einem erschwing­li­chen Preis.

Die Vor­tei­le für die Ver­brau­cher wer­den dar­in bestehen, Mode zu kau­fen und zu tra­gen, die dem Kör­per, dem Geschmack und den funk­tio­nel­len Vor­lie­ben ent­spricht. Sie wer­den sich in ihrer Klei­dung woh­ler füh­len. Die Zah­lungs­be­reit­schaft wäre bes­ser und die Mar­ken­treue höher. Retou­ren wer­den weit­ge­hend ver­mie­den, was in einer Welt, wo jedes Pro­zent Rück­lauf­quo­te ein Pro­zent Mar­ge kos­tet, eine enor­me Pro­fi­ta­bi­li­täts­stei­ge­rung bedeu­tet. Die Her­stel­lung von Pro­duk­ten auf Abruf bedeu­tet auch, dass ein Groß­teil der Pro­gno­se­feh­ler ver­schwin­det und im Gegen­zug die Dis­kon­tie­rungs­sät­ze für Lager­räu­mung und phy­si­sche Über­be­stän­de stark sin­ken wer­den. Dies wird die Gewinn­mar­gen für das Unter­neh­men, das dies ermög­licht, erhö­hen und die enor­men Abfall­men­gen redu­zie­ren, die durch Über­pro­duk­ti­on ent­ste­hen.

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Was muss pas­sie­ren, um die­se Visi­on umzu­set­zen?

Wenn Pro­duk­te nach indi­vi­du­el­len Anfor­de­run­gen gestal­tet wer­den, ist der der­zei­ti­ge One-Design-fits-all-Ansatz hin­fäl­lig. Ande­rer­seits das Ent­wer­fen eines indi­vi­du­el­len Pro­dukts für einen ein­zel­nen Kun­den nicht wirt­schaft­lich. Daher muss der gesam­te Ent­wick­lungs­pro­zess hoch­gra­dig von Daten und Soft­ware gesteu­ert wer­den.

Ein­zel­auf­trä­ge oder Auf­trä­ge für Mikro­char­gen müs­sen schnell, effi­zi­ent und pro­fi­ta­bel abge­wi­ckelt wer­den kön­nen. Mit dem aktu­el­len Pro­zess der Beauf­tra­gung einer weit ent­fern­ten Fabrik, der Her­stel­lung eines Mus­ters, der Über­prü­fung des Mus­ters und der Auf­nah­me der Pro­duk­ti­on ist das nicht mach­bar. Kos­ten und Zeit­auf­wand sind ein­fach zu hoch. Mate­ri­al für klei­ne Men­gen wird nicht ver­füg­bar sein oder zu viel kos­ten. Und die Pro­duk­ti­on in den meis­ten Fabri­ken läuft erst dann effi­zi­ent und pro­fi­ta­bel, wenn Men­gen von min­des­tens 500 oder 1000 Tei­len pro Far­be in einem Arbeits­gang her­ge­stellt wer­den kön­nen.

In einem neu­en Modell wer­den die Ver­brau­cher für ihre Kauf­ent­schei­dung kei­ne phy­si­schen Anpro­ben mehr machen, son­dern vir­tu­el­le Anpro­ben, die die not­wen­di­gen Daten lie­fern. Der Auf­trag wird dann an eine Pro­duk­ti­on über­ge­ben, die sich in der Nähe des Kun­den befin­det. Hoch­au­to­ma­ti­sier­te Mikro-Fabri­ken wer­den online gehen, die sich nur weni­ge Stun­den vom Wohn­ort der Kun­den ent­fernt befin­den. Sie wer­den mit den pas­sen­den Mate­ria­li­en und Kom­po­nen­ten über neu ent­ste­hen­de Stoff-Ver­teil­net­ze ver­sorgt. Sie nut­zen neue digi­ta­le Schneide‑, Druck‑, Stick‑, Behandlungs‑, Näh- und Ver­pa­ckungs­ma­schi­nen.

Kun­den­da­ten stam­men von Mar­ken, die die per­sön­li­chen Maße und Prä­fe­ren­zen der Kun­den spei­chern und schüt­zen bzw. von den Kun­den selbst, deren per­sön­li­ches vir­tu­el­les Selbst, tech­nisch Ava­tar genannt, regel­mä­ßig mit neu­es­ten Mes­sun­gen und Pass­form­prä­fe­ren­zen aktua­li­siert wird. Die­se Prä­fe­ren­zen wer­den in eine Echt­zeit-3D-Design- und Kon­struk­ti­ons­soft­ware ein­ge­ge­ben, die vir­tu­el­le Model­le ein­fach und ver­ständ­lich auch für tech­nisch nicht ver­sier­te Ver­brau­cher ver­füg­bar macht. Infor­ma­tio­nen über Mate­ria­li­en und Pro­duk­ti­ons­ka­pa­zi­tä­ten wer­den in Echt­zeit ver­füg­bar sein. Die Wei­ter­lei­tung von Auf­trä­gen an Fabri­ken wird opti­miert. Und die Tex­til­in­dus­trie wird in die bedarfs­ge­rech­te Stoff- und Mate­ri­al­pro­duk­ti­on sowie in Mate­ria­li­en inves­tie­ren, die sich an ver­schie­de­ne Kör­per anpas­sen kön­nen.

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Wird das alles pas­sie­ren?

Ich glau­be, dass die Ver­brau­cher wirk­lich nach­hal­ti­ge, sau­be­re Mode den heu­ti­gen Alter­na­ti­ven vor­zie­hen wer­den. Ich glau­be, dass wir alle zuneh­mend Mode tra­gen wer­den, die nur für uns gemacht ist. Und ich glau­be, dass die­se bei­den Din­ge tat­säch­lich kom­bi­niert wer­den.

Vie­les davon klingt nach Sci­ence Fic­tion und im Moment ist es das meist auch. Aber es ist zugleich sehr wahr­schein­lich, dass eini­ge Play­er bereits an der Umset­zung einer sol­chen Visi­on arbei­ten. Die Tools sind da, man muss sie nur ent­spre­chend kom­bi­nie­ren und nut­zen. Die Vor­tei­le für Men­schen und Umwelt und die wirt­schaft­li­chen Per­spek­ti­ven sind ein­fach zu groß.

Der mas­si­ve Wan­del in der Auto­mo­bil­in­dus­trie, der gera­de statt­fin­det, war abseh­bar. Die Idee von den alter­na­ti­ven Antrie­ben war in vie­len Köp­fen prä­sent. Eini­ge Auto­mo­bil­her­stel­ler hat­ten vor Jah­ren bereits funk­tio­nie­ren­de Pro­to­ty­pen. Und es gab die Freaks, die in ihren häss­li­chen elek­tri­schen DIY-Autos her­um­fuh­ren. Die Zukunft war bereits da, prä­sent in unse­rem Kopf, prä­sent in den Medi­en, teil­wei­se prä­sent in unse­rem Leben.

Heu­te drängt die­se Zukunft aus der Nische in den Mas­sen­markt. Es muss­te erst ein Elon Musk kom­men, um das zu ermög­li­chen.

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zLos­ses

Das neue Mode­sys­tem

Jan Wilm­king inter­es­siert sich für Din­ge, die die Welt nach­hal­tig ver­än­dern wer­den. Bei Zalan­do war der Har­vard-Absol­vent und ehe­ma­li­ge McK­in­sey-Bera­ter von 2013 bis Mit­te die­ses Jah­res für das Eigen­mar­ken­ge­schäft ver­ant­wort­lich.

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2 Antworten zu “Was würde Elon tun?

  1. Ich glau­be nicht, dass nach­hal­ti­ge Pro­duk­te im Mode­markt ein mas­sen­taug­li­cher Trend sind. Jeder Ver­brau­cher kann heu­te schon sei­ne Klei­dung auf Maß machen las­sen, vie­le Anbie­ter sind hier unter­wegs und bedie­nen die­se Nische, vom per­so­na­li­sie­ren Shirt oder Schuh über die Maß­kon­fek­ti­on bis zum Schnei­de­r­an­zug sind vie­le Ange­bo­te vor­han­den. Das ist kei­ne neue Erfin­dung, im Gegen­satz zum Hybrid‑, Was­ser­stoff- oder E‑Auto braucht es hier­zu kei­ne indus­tri­el­le Umwäl­zung. Wenn Ver­brau­cher heu­te mas­sen­haft Jeans für 10€ oder T‑Shirts für 4€ kau­fen und jedes Jahr allei­ne in Deutsch­land über eine Mil­li­on Ton­nen Tex­ti­li­en ent­sorgt wer­den, braucht es kei­ne neue Art der Her­stel­lung oder des Ver­triebs, son­dern auf­ge­klär­te und ver­ant­wort­li­che Ver­brau­cher. Das US Bureau of Labour Sta­tis­tics hat ermit­telt, dass Ver­brau­cher­aus­ga­ben in den USA für Beklei­dung sich seit 1987 mehr als hal­biert haben, gleich­zei­tig jedoch mehr Klei­dung als jemals zuvor gekauft wur­de, ten­den­zi­ell ist das in Euro­pa nicht viel anders. Also weni­ger Umsatz in Wert bei höhe­rem Absatz in Stück. Die Fol­gen ken­nen wir, sie sind tau­send­fach beschrie­ben und beklagt wor­den. Erst wenn viel mehr Kun­den begrei­fen, dass Beklei­dung kein Weg­wert­ar­ti­kel ist (auch nicht, wenn ein grü­ner Knopf dran ist), ist die Zeit gekom­men, dass Händ­ler und Her­stel­ler die­se Nach­fra­ge bedie­nen. Das ist kein Pro­blem, dass auf der Indus­trie­sei­te gelöst wer­den kann, auch nicht von einem Elon Musk.

  2. Abso­lut rich­tig und auf den Punkt gebracht und ich glau­be was Tes­la geschafft hat war, rich­ti­ge Ent­wick­lun­gen so inter­es­sant zu ver­kau­fen, dass ein Kun­de bereit ist dafür Geld aus­zu­ge­ben. Das glei­che gilt wohl für unse­re Bran­che und auch unse­re Indus­trie. In Izmir, Tür­kei arbei­ten wir seit vier Jah­ren an der Visi­on einer Smart Fac­to­ry und sind sehr weit damit gekom­men. Maxi­ma­le Fle­xi­bi­li­tät im klei­nen Los­grö­ßen on sca­le, dazu einen digi­ta­len Zwil­ling, der die gan­ze Fabrik steu­ert und Mit­ar­bei­ter, die hoch qua­li­fi­ziert sind und ger­ne das tun was sie tun. Kom­men Sie doch mal vor­bei 🙂
    Machen ist Macht.

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