Vor ein paar Jahren sind wir uns mal auf den CPD über den Weg gelaufen, gemeinsam mit seinem Vater, dem in der Branche bekannten Consultant Stefano Sorice. Jetzt haben wir uns in Peking wiedergesehen. Antoine Sorice lebt seit knapp vier Jahren in China. Er arbeitet dort für NTS, die Beschaffungsorganisation von Miro Radici in Shanghai, über die zahlreiche deutsche und europäische Modeunternehmen ihr Sourcing abwickeln. Sorice ist dabei, sich als Berater selbstständig zu machen. Dazu hat er gemeinsam mit seinem Vater eine Firma mit Sitz in Hongkong gegründet. Er will deutsche Firmen auf ihrem Weg in den chinesischen Markt begleiten. Vater Stefano hält die Kontakte von Düsseldorf aus. Eine Geschäftsidee mit viel Potenzial, denn China gilt als der Wachstumsmarkt schlechthin, und die deutsche Beteiligung an der derzeit laufenden Pekinger Modemesse CHIC zeigt das große Interesse.
Das erste Jahr hat Sorice vor allem damit zugebracht, die Sprache zu lernen. Sieben Monate lebte er in dem, wie er sagt, "Sechs-Millionen-Nest" Anqing. "Da waren außer mir kaum Ausländer und die Kinder guckten mich teilweise an wie einen Außerirdischen." In Anqing hat Sorice nicht nur die Sprache, sondern viel über die chinesische Mentalität gelernt. Und über deren Art, Geschäfte zu machen. "Die Chinesen bauen immer erst eine persönliche Beziehung auf. Mit unserer deutschen Sachlichkeit kommen Sie da nicht weit." Praktisch bedeutet das gemeinsame Trinkgelage und ausschweifende Völlerei. "Ich habe zehn Kilo zugenommen, seit ich in China lebe."
Die Markteintrittsbarrieren sind hoch, die Rahmenbedingungen in China sehr speziell und nicht mit europäischen Verhältnissen vergleichbar. Das klassische Wholesalegeschäft spielt kaum eine Rolle, man hat es kaum mit Einkäufern als vielmehr mit Franchisepartnern und Department Store- und Mallbetreibern zu tun, die in erster Linie an guten Deals und nicht an Hosen und Kleidern interessiert sind. Der größte Engpass sind verfügbare Flächen. Für Antoine Sorice gibt es ein Zeitfenster von fünf oder sechs Jahren, wo der Markt noch vergleichsweise unstrukturiert und aufnahmebereit ist und Marken aus dem Westen die Chance haben, sich zu positionieren. Dabei will der polyglotte 45jährige mit seinem Beziehungsnetzwerk helfen.