Zum Jahreswechsel wurden Nägel mit Köpfen gemacht – gleich drei große Deals gingen über die Bühne: Da kaufte Gerry Weber Hallhuber. Adler schluckt Kressner. Und Pandora übernimmt das halbe Filialnetz von Biba.
Mit Hallhuber holt sich Gerry Weber dringend benötigte Modernität ins Haus. Und ein funktionierendes, wenn auch ertragsschwaches vertikales Filialformat. Investor Change Capital Partners, hinter dem der ehemalige Marks & Spencer-Chef Luc Vandevelde steht, hat seit geraumer Zeit den Exit gesucht und entsprechend kräftig auf die Expansionstube gedrückt. Was Rendite gekostet hat. Doch Hallhuber ist eine etablierte Retail Brand und ein gutes Produkt mit Wachstumsperspektive. Entsprechend positiv reagierten die Anleger.
Mit dem Kapital und unter dem Druck der Börse hat auch Adler zugeschlagen. Die Haibacher übernehmen die neun Bekleidungsmärkte von Kressner und gliedern diese in ihr Filialnetz ein. Adler ist eine erstaunliche Story – die Metro schob die einstige Ertragsperle auf die Divaco-Resterampe, der schillernde Finanzinvestor BluO griff zu und kassierte zudem eine üppige Mitgift, der gelernte Maschinenbauer Lothar Schäfer übernahm den Chefsessel und brachte das Unternehmen in einem ziemlichen Drahtseilakt an die Börse, seitdem die Steilmann-Gruppe als Großaktionär eingestiegen ist, reissen die Erfolgsmeldungen nicht ab. 2014 war die Adler-Aktie jedenfalls der Überflieger unter den Modetiteln. Ein Beispiel dafür, dass die Börse Unternehmen nach anderen Maßstäben bewertet als Brancheninsider.
Und schließlich der Biba-Deal. Dass in Duisburg nicht alles rund läuft, zeigten die diversen Managementwechsel des letzten Jahres. Auch bei Biba-Mutter Gelco gab es personelle Veränderungen. Mit dem Verkauf von 78 Mietverträgen will man sich jetzt gesund schrumpfen. Und Pandora wird auf einen Schlag zu einem bundesweit relevanten Player im Schmuckeinzelhandel. Dass mit Deutschland-Chef Jochen Halfmann ein ehemaliger Biba-Geschäftsführer den Deal durchgezogen hat, ist natürlich eine besondere Pointe.
Die drei Deals waren die Krönung eines bewegten M&A‑Jahres im Modebusiness. Neben ein paar kleineren Brands wie beispielsweise Arena, Crocs, Bench, Bellybutton und Einhorn wechselten vor allem Einzelhändler den Eigentümer. Und auffallend häufig kamen dabei strategische Investoren zum Zuge. Das mag damit zusammenhängen, dass die meist mittelständischen Retailer nicht so sehr im Fokus der Finanzinvestoren stehen. Ausnahmen waren Ginatricot (Nordic Capital) und Görtz (40% an Afinum). Family Offices stiegen bei Strauss Innovation und bei Pasito Fricker in der Schweiz ein.
Ansonsten waren es vor allem Branchen-Player, die sich mit Übernahmen von Einzelhändlern Wachstum oder strategische Vorteile sicherten: Der spektakulärste dieser Deals war sicherlich der Mytheresa-Takeover durch Neiman Marcus. Fjällräven-Mutter Fenix vertikalisierte vorwärts und tat sich mit Outdoor-Händler Globetrotter zusammen. Dafür gehört Luxus-Schuster Stuart Weitzman jetzt dem vertikalen Retailer Coach. Deichmann-Tochter Snipes baute seine Schweiz-Base aus und übernahm die dortige Sneaker-Kette SportsLab. Manchmal geht es auch darum, keinen Boden preiszugeben. So übernahm die Intersport 17 Filialen ihres Mitglieds Sportpoint, und Schuheinkaufsverband ANWR schluckte seinen Partner Mücke.
Die Schlacht wird im Einzelhandel geschlagen. Auch die großen Brands forcieren in aller Regel ihre Retail-Expansion, denn nur diese ermöglicht das kontrollierte Wachstum, das Finanzinvestoren schätzen. Es geht um Unabhängigkeit von Distributoren, um Größen-Vorteile und um Branding. Mehr denn je zählt im Modebusiness der möglichst direkte Zugang zum Konsumenten.
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Und sonst? Gab es keine 24 Stunden nach dem Attentat in Paris "Je suis Charlie"-Shirts zu kaufen, z.B. bei Etsy für 14,40 Euro. Soll man diese Art von Fast Fashion jetzt gut finden?
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