Selten hat eine Stippvisite so viele Schlagzeilen gemacht, wie die von Nicolas Berggruen bei Karstadt. In Essen wird der Investor nicht viel mehr erfahren haben, als er vorher schon wusste. Was er nicht wusste, war, wie krank Karstadt vor der Übernahme wirklich war, verriet er bei dieser Gelegenheit der Bild-Zeitung. Das musste ihn damals auch nicht interessieren, bei den paar Euro, die er für über 3 Milliarden Umsatz auf den Tisch gelegt hat. "Selbst aus einer erneuten Pleite würde er mit Gewinn herausgehen", zitiert das Handelsblatt den Karstadt-Gläubigervertreter Frank Kebekus. So war die angebliche Krisensitzung in Essen vor allem auch ein PR-Termin – der Retter sieht nach dem Rechten sollte die Botschaft sein. Andrew Jennings und seine Crew hätte er auch andernorts einnorden können.
Praktischerweise ließ sich Berggruens Deutschland-Visite mit der Vorstellung seines neuen Buches („Klug regieren: Politik für das 21. Jahrhundert“) verbinden. Dieses gesellschaftliche Engagement mag ja aufrichtig gemeint sein. Die öffentliche Meinung wendet sich angesichts der anhaltenden Misere bei Karstadt trotzdem gegen den "eiskalten Engel" (SZ). „Berggruen investiert Zeit statt Geld“ hieß es bei ntv treffend.
Auch wenn die Fallhöhe nicht annähernd vergleichbar ist, verbindet diese Widersprüchlichkeit Berggruen mit einem anderen „Medienopfer“: Auch Uli Hoeneß nehmen die Leute krumm, dass er sich einerseits als gesellschaftspolitischer Besserwisser positioniert hat, aber besondere Maßstäbe anlegt, wo es um den eigenen Geldbeutel geht.
+++++
Der kraftstrotzende und verdienstvolle Macher mit Herz und Händchen, der bei seinen Fans so beliebt wie bei seinen Kritikern umstritten ist – der Uli Hoeneß des Modebusiness heisst Karl-Heinz Müller. Diese Woche sorgte der Bread & Butter-Gründer wieder mal für Stimmung: der Zugang zur Messe kostet Produzenten und Dienstleister jetzt 500 Euro. „Ich will keine Fashion-Kirmes“, sagte er der TW. „Wer 500 Euro zahlt, kommt definitiv zum Arbeiten.“
+++++
Und sonst? Fordert der Umsatz-Aderlass dieses Frühjahrs nach Insolvenzen im Handel (Joh) die ersten Opfer in der Industrie: Rosner wird nicht die letzte Pleite gewesen sein. Gottseidank finden sich immer noch genug Käufer für Anleihen. Geht zweitens der stationäre Player Primark den sehr interessanten Weg des Online-Verkaufs über den Pure Player Asos. Wann nutzt der erste Internet-Retailer einen stationären Partner für seinen Vertrieb? Und schließlich schlägt Ikea sich mit dem Tumblr-Blog Justanotherikeacatalogue herum, der Amateur-Pornos in Ikea-Kulissen zeigt. Abgesehen davon, dass das Beispiel zeigt, welchen Gefahren Marken-Images im Internet ausgesetzt sein können: So lustig war Schrauben bei den Schweden noch nie.
*****
Wenn Sie keine Profashionals-Beiträge verpassen wollen, empfehle ich Ihnen, ein Update einzurichten. Einfach rechts oben E‑Mail-Adresse eingeben, „Jetzt abonnieren“ anklicken und kurz bestätigen. Auch freue ich mich über eine Weiterempfehlung an Kollegen und Freunde.