Ganz leise pfiffen es die Spatzen ja schon von den Dächern. Oder waren es die Tauben am Marienplatz? Egal: Dass Christian Greiner Vorstand bei Ludwig Beck werden würde, konnte man sich als interessierter Beobachter auch so zusammenreimen. Der 31jährige Sohn von Ludwig Beck-Mehrheitsgesellschafter Hans-Rudolf Wöhrl saß bereits seit einiger Zeit im Aufsichtsrat des Münchner Traditionsunternehmens. Der Schritt in die operative Führung ist mit dem angekündigten Ausscheiden von Oliver Haller naheliegend für den passionierten Einzelhändler.
Greiner hat das Wöhrlsche Händler-Gen mitbekommen. Sein Meisterstück war die U1-Etage im Nürnberger Stammhaus von Wöhrl, die das Geschäft eine Weile lang zur Pilgerstätte für die Branche gemacht hat und entscheidend zur Verjüngung des Wöhrl-Auftritts beigetragen hat. Irgendwann kam es zum Bruch mit seinem Onkel Gerhard Wöhrl, der andere Vorstellungen von der Weiterentwicklung des Konzeptes hatte. So verabschiedete sich Greiner und gründete eine eigene Marketingagentur, engagierte sich in der Investmentgesellschaft seines Vaters und übernahm diverse Aufsichtsrats- und Beiratspositionen (neben Ludwig Beck auch Bültel).
Greiner hat bei U1 insbesondere mit spektakulären Marketingaktionen und Events für Aufsehen gesorgt. Dieses Talent wird er ab dem kommenden Jahr bei Beck einbringen. Er kann auf der erfolgreichen Arbeit von Oliver Haller und Finanzvorstand Dieter Münch aufbauen, die das ins konzeptionelle Schlingern geratene Flaggschiff vom Marienplatz stabilisiert und neu ausgerichtet haben. Ludwig Beck stand ja immer für das Besondere und Außergewöhnliche. Eine Position, die an einem extrem hart umkämpften Platz wie München nicht leicht zu halten ist. Haller (auf dem 2. Foto rechts) hat dafür gesorgt, dass das Profil des "Kaufhauses der Sinne" wieder scharf ist.
Die Nachricht von seinem Abgang kam deshalb im vergangenen November überraschend. Der Schwabe, der von Breuninger kam, geht, um sich anderen Aufgaben zu widmen. Vielleicht macht er auch erst mal eine Weltreise; Trips in ferne Länder gehören zu seinen Leidenschaften. Wöhrl hätte Haller, wie man hört, gerne behalten. Nun übernimmt mit Christian Greiner ein Mitglied der Familie. Eine gute Nachricht für Ludwig Beck. Und eine gute Nachricht für Wöhrl. Wer weiß, ob sich Greiner in München nicht auch für höhere Aufgaben in Nürnberg qualifziert.