„Warenhäuser sind nicht generell aus der Mode“, sagte Peer Steinbrück einst. „Genauso wenig wie die SPD.“ Zumindest der zweite Teil der Aussage hat sich mittlerweile als falsch erwiesen. Alle unter einem Dach versammelt auch die CDU längst nicht mehr. Trotzdem blicken wir heute gespannt nach Hamburg, weil dort auch der oder die mutmaßliche künftige Regierungschef/in gewählt wird.
In Essen und Köln – um von diesem zugegebenermaßen wackligen aktuellen Einstieg zum Thema zu kommen – ist die Personalentscheidung diese Woche bereits gefallen. Dass die Kaufhof-Führung fast geschlossen weichen musste, las sich irgendwie brutal, es war dennoch keine wirkliche Überraschung. Karstadt hat zwar nur eine hauchdünne 0,01%-Mehrheit, aber doch eindeutig das Sagen bei Kaufstadt. Die beim Zusammengehen der Warenhäuser verkündete „Fusion unter Gleichen“ war die übliche Floskel, die den Unterlegenen das Gesicht wahren lassen sollte.
So wird nun also im Wesentlichen die bisherige Karstadt-Geschäftsführung das Unternehmen leiten. Das ist sinnvoll. Nicht nur, weil es sich um ein Team handelt, das sich nicht erst einspielen muss. Sondern auch, weil Karstadt unter dieser Führung bereits erfolgreich umgesetzt hat, was Kaufhof nun bevorsteht. Das dürfte insbesondere in Köln für erhebliche Unruhe sorgen. Nicht nur die teure Innenstadt-Immobilie spricht gegen den Verbleib in der Domstadt, Unruhe in Essen gilt es zudem unbedingt zu vermeiden. Dass CEO Stephan Fanderl Anfang der Woche zuerst zur Betriebsversammlung in Köln angetreten ist, ist daher bestimmt kein Zufall. Die Kollegen dort sollen sich nicht wie die Ossis der deutschen Warenhausvereinigung fühlen, wie Hagen Seidel in der TW treffend formuliert. Bei Kaufhof gibt es zudem einen neuen Gesamtbetriebsratschef; der muss sich profilieren und kann dem Management das Leben schwer machen. Im Aufsichtsrat hat Rene Benko schon mal für Rückendeckung gesorgt.
Zwei Jahre will sich Fanderl für die Integration der beiden Unternehmen Zeit nehmen. Nach Jahrzehnten Grün-Blauer Konkurrenz ist das ein ehrgeiziges Unterfangen. Aber Speed ist essentiell. Denn der Markt verändert sich ebenso rasant, und die Warenhäuser können es sich schlichtweg nicht leisten, sich allzu lange nur mit sich selbst zu beschäftigen. Mindestens ebenso relevant wie die anstehende Restrukturierung werden die Weichenstellungen sein, die das Management in den kommenden zwei Jahren im Hinblick auf die konzeptionelle Weiterentwicklung der Warenhäuser vornimmt. Das wird die ungleich schwierigere Aufgabe.
Und sonst?
Scheint Fake Retail der neueste Trend zu sein: In Los Angeles hat Payless Influencer verladen. Die zeigten sich in der Einschätzung von Preisen und Qualitäten so ahnungslos, wie sie in der Regel leider auch sind. Und in München ist das Popup-Feinschmeckerlokal DASLUX42 ständig ausgebucht. Der Clou: Es handelt sich um einen Marketing-Gag von Lidl, gekocht wird ausschließlich mit Lebensmitteln vom Discounter.
******
Wenn Sie keine Profashionals-Beiträge verpassen wollen, empfehle ich Ihnen, ein Update einzurichten. Einfach rechts oben E‑Mail-Adresse eingeben, „Jetzt abonnieren“ anklicken und kurz bestätigen. Auch freue ich mich über eine Weiterempfehlung an Kollegen und Freunde.
Profashionals ist auch in Instagram. Jetzt folgen: profashionals_live