Normalerweise beschäftige ich mich hier ja nicht mit meinen TW-Kollegen, aber heute möchte ich dann doch mal eine Ausnahme machen: für Peter Paul Polte, und wer ihn kennt, wird das verstehen. Der TW-Herausgeber wurde gestern offiziell verabschiedet. Nach sagenhaften 42 Jahren bei der TextilWirtschaft.
Zu dem kleinen, aber feinen Empfang in unserem Frankfurter Verlagshaus waren neben vielen Kollegen rund 30 ausgewählte Wegbegleiter aus der Branche geladen: Persönlichkeiten wie Manfred Kronen (der ehemalige Igedo-Chef), Gerd Strehle (Strenesse), Albert Kriemler (Akris), Richard Engelhorn und Iris von Arnim. Die Mitglieder der aktuellen Forum-Jury waren dabei (Ja, die Preisträger für 2011 stehen fest). Und natürlich Brigitte und Albert Eickhoff, der eine wunderbare Laudatio hielt.
Anlässlich seines Ausscheidens zum Jahresende hat die TW-Redaktion eine Polte-Sonderausgabe produziert. Darin wird der 68jährige von den Kollegen trefflich charakterisiert als "angenehm entspannter Schreibhandwerker mit Gespür für dramatische Effekte" (Dagmar Bagnoli), als kulturinteressierter Feingeist und Feinschmecker, als "Rampensau" (Brigitte Hutz) und "Reich-Ranicki der Mode" (Gudrun Allstädt). Man lernt etwas über seine Eigenheiten (der Hermès-Attaché, die Riesenserviette vor der Hemdenbrust, die "Wetterfühligkeit", die abrupte Gesprächbeendigung u.v.m.). Und Silke Emig hat einige unvergessliche Headlines aus dem Archiv gekramt: "Der Ziegenbock im Unterrock", "Mit den Wahlen enden die Qualen", "Krieg der Knöpfe". Das hatte er wirklich drauf.
Peter Paul Polte begleitete die Branche mehr als vier Jahrzehnte lang – eine unvorstellbar lange Zeit – als Redakteur, Ressortleiter für Herrenmode, Mitglied der Chefredaktion und seit 2006 als Herausgeber. Er erlebte Dolce & Gabbana und Tom Ford bei ihren ersten Shows. Er war dabei, als Gianni Versace in Lippstadt bei Eickhoffs auf dem Sofa fläzte. Er saß bei der Gucci-Schau in Mailand in der ersten Reihe gegenüber von Suzy Menkes, als diese erstmals ein Notebook aufklappte. Mit der Technik hat Polte es übrigens bis heute nicht wirklich. Er hält es wie ein anderer Herausgeber, Helmut Schmidt bei der Zeit. Der antwortete auf die Frage, ob er das Internet nutze: "Ich lasse surfen."
Das Luftsprung-Foto entstand in den 80er Jahren, als Werbemotiv für Dressler. 300 mal hat er dafür springen müssen, erzählte er uns gestern. Diesen Verstoß gegen das journalistische Neutralitätsgebot hat man ihm seinerzeit verziehen. Heute ist das für mich eine fast ikonische Aufnahme. Die mindestens so viel über Poltes elegante Erscheinung wie über die Passform der Dressler-Anzüge aussagt.
Der pointierte Auftritt ist überhaupt seine große Stärke. Das wurde auch gestern bei seiner bewegenden Abschiedsrede deutlich. Schlagfertig und humorvoll moderierte Polte unzählige Kongresse, Galas und Talkrunden. Dazu kamen Vorträge und gelegentliche TV-Interviews. Die TextilWirtschaft hat von Poltes Präsenz sehr profitiert. Er ist derjenige, der der TW in Mailand oder Paris den Platz in der ersten Reihe verschafft hat, wie mein Kollege Michael Werner in seiner Laudatio konstatierte, als einziges B2B-Medium neben den Hochglanzmagazinen.
Jetzt macht die Redaktion ohne ihren elder statesman weiter. Wir haben viele Jahre zusammen geübt. Peter Paul Polte bleibt uns in anderer Funktion erhalten, als Kuratoriumsmitglied der Wilhelm-Lorch-Stiftung, die sich dem Branchennachwuchs verschrieben hat. Wir werden ihm hoffentlich oft begegnen.