Karl-Heinz Müller ist stets für eine Volte gut. Zuletzt sorgten die abschreckenden Eintrittspreise für Randgruppen für Diskussionen. Wer eine vertikale Adresse auf seiner Visitenkarte stehen hatte, dem war der Zugang zu Tempelhof seit jeher verwehrt. Jetzt die Kehrtwende: Im kommenden Sommer dürfen, wie es aussieht, Krethi und Plethi rein. Die Bread & Butter wird zur Publikumsmesse. So wie die Buchmesse oder die IAA – riesige Veranstaltungen, die jedes Mal Zigtausende Autofans und Literaturinteressierte anziehen. Wie das im Falle der Bread & Butter genau aussehen wird, ob es einen Publikumstag geben wird oder andere Modelle, ist noch nicht klar. Es ist jedenfalls das erste Mal, dass eine Modemesse sich Konsumenten öffnet. Die werden im Sommer in Scharen aufs Flugfeld strömen und aus der Bread & Butter endgültig ein Mode-Festival machen.
Karl-Heinz Müller war lange gegen diesen Schritt, den große Marken immer mal wieder gefordert haben. Aus guten Gründen. Die Messe dient traditionell der Geschäftsanbahnung zwischen Industrie und Handel. Ein Arbeitstermin, und die Bread & Butter hat bei allem Halligalli für ein professionelles Umfeld gesorgt. Schaulustige stören da nur. Die Lieferanten zeigen ihre neuesten Produkte und die Einzelhändler informieren sich über die aktuellen Trends. Ein halbes Jahr später finden die Konsumenten das Destillat dieses Sichtungsprozesses in den Läden.
So zumindest hat das Business über Jahrzehnte funktioniert. In dem Maße, wie sich die Vertikalen im Markt breit gemacht haben, hat das traditionelle B2B-Geschäft zugleich an Bedeutung verloren. Diese Entwicklung stellt die Messen in Frage und entzieht ihnen Potenzial. Umso bemerkenswerter ist das, was in Berlin im Gefolge von Bread & Butter und Premium entstanden ist. Das hängt mit der nach wie vor wichtigen Kommunikationsfunktion dieser Marktplätze zusammen. Und mit dem Nimbus der Metropole Berlin. Um die Ware ging es für nicht wenige Berlin-Besucher nur am Rande.
Die großen (Mainstream-)Marken waren anfangs gerne mit dabei, auch weil sie vom Szene-Umfeld der Hauptstadt profitieren wollten. Letztlich sehen sie aber nicht die Notwendigkeit, Unsummen in einen Showcase zu investieren, der lediglich auf den Handel abzielt. Das hat sich schon bei den letzten Veranstaltungen gezeigt (und ist im übrigen in vielen Branchen so; man denke nur an die Ispo, wo Adidas und Nike schon lange keine Stände mehr buchen). Lieber sorgen die Marken mit Endverbraucherkommunikation für Nachfragedruck. Oder investieren gleich in eigene Läden und Webshops.
Die Öffnung in Richtung Konsumenten gibt Karl-Heinz Müller ein zusätzliches Argument beim Quadratmeter-Verkauf. Man wird sehen, ob die Marken dem folgen. Oder nicht doch lieber gleich in der Fußgängerzone investieren.
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Und sonst?
… ist der Name der neuen Karstadt-Chefin durchgesickert. Eva-Lotta Sjöstedt soll am kommenden Mittwoch vom Aufsichtsrat bestätigt werden. Ob die Schwedin wirklich weiß, worauf sie sich einlässt? Und wann schreibt der erste Journalist von Ikeastadt?
… rettet Bernd Freier den in Finanznot geratenen Basketball-Bundesligisten S.Oliver-Baskets, gemeinsam mit einem anderen Würzburger Unternehmer gehört ihm der Verein nun. Freier verliert eben nicht gern, schon gar nicht im Sport.
… musste Louis Vuitton seinen 9 Meter hohen Riesen-Koffer vom Roten Platz abbauen, nachdem er das Lenin-Mausoleum in den Schatten gestellt hat. Und wir dachten, es handele sich um das künftige Putin-Mausoleum.
… amüsiert sich das Internet über Jeff Bezos Amazon-Prime Air-Idee. Sehr lustig der Paketenwerfer von Postillon. Sehenswert auch dieses Video über "Amazon Rocket":
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