Passiert large

Otto gut. Zalando böse.

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Ist das jetzt der Unter­schied zwi­schen Old und New Eco­no­my? Just in der Woche, in der Otto mit sei­ner Seni­or Expert Con­sul­tancy-Initia­ti­ve sich wie­der mal als beson­ders sozi­al ein­ge­stell­tes Unter­neh­men zeig­te, sorg­te ein ZDF-Bericht über anschei­nend men­schen­un­wür­di­ge Arbeits­be­din­gun­gen bei Zalan­do für Auf­re­gung.

Auf der einen Sei­te das deut­sche Tra­di­ti­ons­un­ter­neh­men, ein mil­li­ar­den­schwe­rer Fami­li­en­be­trieb, der sich, obwohl sein Geschäfts­mo­dell hef­tig unter Beschuss steht, sein sozia­les Gewis­sen bewahrt und auch noch Inno­va­ti­ons­kraft beweist. Die Bell­heims zu ver­pflich­ten, ist für alle Betei­lig­ten gut. Die Rent­ner kön­nen sich freu­en, dass sie gebraucht und bezahlt wer­den. Und Otto fin­det eine krea­ti­ve Lösung gegen den aktu­el­len und künf­tig sich noch ver­schär­fen­den Fach­kräf­te­man­gel. Eine nach­ah­mens­wer­te Initia­ti­ve. Und end­lich wie­der mal eine gute Nach­richt aus dem Kon­zern, der zuletzt mit Restruk­tu­rie­rungs­plä­nen, Stel­len­strei­chun­gen und schlech­ten Arbeits­be­din­gun­gen bei Logis­tik­toch­ter Her­mes Schlag­zei­len gemacht hat.

Und dann ist da auf der ande­ren Sei­te Zalan­do: der aggres­si­ve Auf­stei­ger, der in nur drei Jah­ren einen signi­fi­kan­ten Markt­an­teil erobert hat. Aus Sicht des Ein­zel­han­dels ist das Ber­li­ner Start-up ein unfai­rer Wett­be­wer­ber. Denn es geht den Zalan­do-Grün­dern weni­ger dar­um, Schu­he, son­dern viel­mehr ein Unter­neh­men zu ver­kau­fen. Da kommt es auf die lang­fris­ti­ge Wachs­tums­sto­ry und nicht so sehr auf die aktu­el­le GuV an. Die Markt­an­tei­le wur­den buch­stäb­lich ohne Rück­sicht auf Ver­lus­te erkauft. Es ist kein Zufall, dass die bis­lang sehr öffent­lich­keits­scheue Zalan­do-Geschäfts­füh­rung neu­lich erst­mals Umsatz­zah­len vor­leg­te. Die Braut muss geschmückt wer­den.

Dass die Zalan­do-Sto­ry auf dem Rücken der Mit­ar­bei­ter geschrie­ben wird, ist ein nahe­lie­gen­der Ver­dacht. Der ZDF-Repor­ter ging die Sache denn auch ent­spre­chend an, mit dem gan­zen inves­ti­ga­ti­ven Besteck von ver­steck­ten Kame­ras, ver­frem­de­ten Stim­men und Exper­ten­in­ter­views, wie es übli­cher­wei­se bei Berich­ten über die Machen­schaf­ten von rus­si­schen Mäd­chen­händ­lern oder die Ver­nich­tungs­la­ger der nie­der­säch­si­schen Hüh­ner­ba­ro­ne zum Ein­satz kommt. Lässt man die effekt­hei­sche­ri­sche Mach­art mal außer Acht, zeigt der Film kaum wirk­lich Skan­da­lö­ses. Sicher, es ist nicht schön, bei Zalan­do in der Logis­tik zu arbei­ten. 7,01 Euro Stun­den­lohn sind nicht viel. Die Toi­let­ten­si­tua­ti­on ist beschis­sen. Aber was ist so schlimm dar­an, dass dort auch Polen arbei­ten? Und wel­ches Unter­neh­men ver­zich­tet schon dar­auf, sei­ne Mit­ar­bei­ter zu kon­trol­lie­ren?

Die ZDF-Repor­ta­ge ver­fehl­te ihre Wir­kung trotz­dem nicht. Auf der Face­book-Sei­te von Zalan­do brach ein Sturm der Ent­rüs­tung los. Und zahl­rei­che Medi­en berich­te­ten dar­über. Ein Shit­s­torm im Was­ser­glas, wie Ex-Kol­le­ge Olaf Kol­brück im Blog Etailm­ent sehr schön kom­men­tier­te. Das stellt man sich bild­lich bes­ser nicht vor. Am Ende blei­ben viel­leicht ein paar Fle­cken zurück, Zalan­dos Geschäf­te wird die gan­ze "Affä­re" kaum tan­gie­ren.

Nicht ein­mal das Arbeit­ge­ber-Image des Ber­li­ner Start-ups dürf­te Krat­zer bekom­men. Zalan­do gilt als beson­ders hip­pe Adres­se bei Absol­ven­ten. Etli­che Manage­ment­po­si­tio­nen wur­den in den ver­gan­ge­nen Mona­ten mit High Poten­ti­als von McK­in­sey & Co besetzt. In der Haupt­stadt saugt der Online Retail­er einen Gut­teil der Digi­tal Bohe­me ab bzw. jene, die ger­ne dazu gehör­ten. Dass das Gros der Jobs rela­tiv öde Bild­schirm-Arbeits­plät­ze sind, ficht die Leu­te nicht an. Die müs­sen den gan­zen Tag sit­zen. Und sind wahr­schein­lich auch nicht beson­ders gut bezahlt. Aber für eine Skan­dal-Repor­ta­ge aus dem Maschi­nen­raum der New Eco­no­my sind sie nicht so geeig­net wie die geplag­ten Paket­pa­cker von Groß­bee­ren. Dafür sehen sie ein­fach zu gut aus.

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