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Tabubruch in Celle

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Mit der Über­nah­me von 34 Part­ner-Stores in den eige­nen Bestand betä­tig­te sich CBR-Chef Chris­toph Rosa die­se Woche als Tabu-Bre­cher. Das heißt, eigent­lich ist es nur ein hal­ber Tabu­bruch. Denn mit der Eröff­nung von Street One- und Cecil-Web­shops ist die CBR-Grup­pe schon vor bald zwei Jah­ren zum Ein­zel­händ­ler gewor­den. Aber, nicht wahr, so rich­tig hat man das, was da im Inter­net läuft, immer noch nicht auf dem Schirm.
Jetzt also der Schritt ins sta­tio­nä­re Geschäft. Das ist inso­fern bemer­kens­wert, als dass Street One und Cecil die letz­ten markt­star­ken Lie­fe­ran­ten waren, die noch kei­ne eige­nen Läden hat­ten. Die Ver­ant­wort­li­chen in Cel­le waren stets gut dar­in, zu erklä­ren, wes­halb die Kon­zen­tra­ti­on auf Who­le­sa­le sys­tem­im­ma­nent für das CBR-Geschäfts­mo­dell und des­halb gera­de­zu zwin­gend sei. Satt zwei­stel­li­ge Umsatz­ren­di­ten gaben ihnen Recht.
Dem Han­del hat das natür­lich gefal­len. Dabei war die Fach­han­del­streue für CBR nur ein Aspekt. Die für ein Mode­un­ter­neh­men die­ser Grö­ßen­ord­nung ver­gleichs­wei­se gerin­ge Kapi­tal­bin­dung war ein wesent­li­ches Argu­ment, wes­halb die CBR-Grün­der Det­lev Mey­er und Fried­helm Behn ihre Fir­ma sei­ner­zeit für eine Rekord­sum­me an Finanz­in­ves­to­ren ver­kau­fen konn­ten.
Seit­her sind ein paar Jah­re ver­gan­gen, und das Geschäfts­mo­dell von CBR stieß an Wachs­tums­gren­zen. Die müs­sen jetzt über­wun­den wer­den. Und da geht es CBR nicht anders als ande­ren: In einem zuneh­mend enge­ren Mul­ti­la­bel-Markt wird der Auf­bau eines kräf­ti­gen eige­nen Ver­triebs-Stand­bein lang­fris­tig zur Exis­tenz­fra­ge. Das gilt erst recht, wenn man inter­na­tio­nal wach­sen will. In den meis­ten Aus­lands­märk­ten gibt es gar nicht aus­rei­chend selbst­stän­di­ge Ein­zel­händ­ler, die Flä­chen­kon­zep­te in ihre Mul­ti­la­bel-Häu­ser ein­bau­en könn­ten. Und wenn es um Store-Part­ner­schaf­ten geht, wer­den Rus­sen oder Chi­ne­sen bekann­te Mar­ken­an­bie­ter bevor­zu­gen. Street One und Cecil fal­len ihnen als zug­kräf­ti­ge Namen wahr­schein­lich nicht als Ers­tes ein. Des­halb wird CBR neben der zwei­fel­los vor­han­de­nen Pro­zess-Exzel­lenz am Pro­fil sei­ner Mar­ken arbei­ten müs­sen. Und dazu gehö­ren auch Schau­fens­ter in fre­quenz­star­ken City-Lagen.
Das The­ma Direkt­ver­trieb wird im Ein­zel­han­del heu­te übri­gens längst nicht mehr so heiß dis­ku­tiert. Wo sie vor zehn Jah­ren noch Sturm gelau­fen wären, reagie­ren vie­le Ein­zel­händ­ler auf die eige­nen Läden ihrer Lie­fe­ran­ten heu­te häu­fig nur noch mit einem Ach­sel­zu­cken. Es sind ein­fach zu vie­le. Die Ver­ti­ka­li­sie­rung zeigt sich in Deutsch­land über­wie­gend als Vor­wärts-Inte­gra­ti­on der Indus­trie. Ohne deren Mono­mar­ken-Stores bekä­me die ECE ihre vie­len Ein­kaufs­zen­tren kaum voll. Dabei wird die teu­re Store-Expan­si­on der Mar­ken anfangs stets aus den Erträ­gen des Who­le­sa­les finan­ziert. Denn ren­di­te­schwach, wenn nicht gar ver­lust­träch­tig, das sind die von Lie­fe­ran­ten betrie­be­nen Laden­ket­ten nicht sel­ten. Das meis­te Geld wird in Out­lets ver­dient. Über den Preis zu ver­kau­fen ist halt auch die bil­ligs­te Art der Ver­mark­tung.
Es ist schon so, dass die Indus­trie in aller Regel die Kom­ple­xi­tät des Ein­zel­han­dels-Geschäfts unter­schätzt (so wie der Ein­zel­han­del den Auf­wand unter­schätzt, eige­ne Kol­lek­tio­nen zu erstel­len und Pri­va­te Labels pro­fes­sio­nell zu mana­gen). Einen Laden zu eröff­nen, hat mit Ein­zel­han­del so viel zu tun, wie die Hoch­zeit mit der Ehe. Wer sich auf die­sen Weg begibt, braucht zual­ler­erst zwei­er­lei: Geld und Geduld.
Für vie­le umsatz­star­ke und inter­na­tio­nal ambi­tio­nier­te Mar­ken ist der Weg den­noch alter­na­tiv­los. Es sei denn, sie begnü­gen sich mit der Rol­le des Nischen-Stars. Die Logik des Mark­tes, in dem Pro­fil und Pro­fit den Wett­be­werb ent­schei­den, zwingt die Unter­neh­men in die Ver­ti­ka­li­sie­rung. Die Fra­ge ist, wie viel Zeit sie sich dafür las­sen. Las­sen kön­nen. Denn zu schön sind die Wachs­tums­ra­ten, die sich über den Direkt­ver­trieb erzie­len las­sen. Finanz­in­ves­to­ren oder Bör­se wol­len beein­druckt wer­den. Und wenn die Inha­ber pri­mär kurz­fris­ti­ge finanz­wirt­schaft­li­che Zie­le ver­fol­gen, ist die Ver­lo­ckung groß, die Schleu­sen zu öff­nen. Was dem lang­fris­ti­gen Erfolg nicht unbe­dingt immer zuträg­lich ist.
CBR hat als Ein­zel­händ­ler im übri­gen so güns­ti­ge Start-Vor­aus­set­zun­gen wie kein ande­rer gelern­ter Who­le­sa­ler: das Unter­neh­men managt heu­te schon 880 Part­ner-Stores. Waren­wirt­schaft­lich beherrscht man die­ses Geschäft. Mit Chris­toph Rosa hat man einen Ein­zel­händ­ler-Sohn an der Spit­ze, der sicher­lich weiß, was noch zu tun ist.
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