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Skandale bei Apple, Steuerprüfung bei Eickhoff, MMM bei H&M

Nach­dem sich die Medi­en bis­lang nur für die mie­sen Zustän­de in der chi­ne­si­schen Pro­duk­ti­on von Apple inter­es­sier­ten, ent­hüll­te der Spie­gel die­se Woche, dass auch in der Dis­tri­bu­ti­on in Deutsch­land man­ches im Argen liegt. Das Schlech­te liegt eben manch­mal so nah. Die Mit­ar­bei­ter in den deut­schen Stores sol­len stän­dig Über­stun­den machen müs­sen, sie ste­hen unter einem hohen, krank­ma­chen­den Leis­tungs­druck und wer­den dafür zu nied­rig bezahlt, erga­ben die mona­te­lan­gen Recher­chen von Redak­teu­rin Anna Kist­ner. Zu alle­dem sol­len sie jeden Tag gute Lau­ne ver­brei­ten, dabei bekom­men sie noch nicht ein­mal ihr iPho­ne bil­li­ger. Des­we­gen grün­den sich jetzt in Mün­chen und Frank­furt Betriebs­rä­te. Ob das die Lau­ne der Beleg­schaft hebt?

Sol­che Pro­ble­me hät­ten ande­re Mode­händ­ler ger­ne. Der Münch­ner Store soll wie, man sich an der Isar zuraunt, über 100 Mil­lio­nen Euro im Jahr umset­zen, und das auf nur 800 m² auf zwei Eta­gen. Das schaf­fen Tex­til­händ­ler auf 10.000 m² nicht. Der Spie­gel berich­tet sogar von 85 Mil­lio­nen allein im letz­ten Weih­nachts­ge­schäft. Der Apple-Hype ist viel beschrie­ben. Nicht ein­mal Aber­crom­bie-Kun­den sind so ver­rückt, vor dem Store zu kam­pie­ren, wenn die neue Kol­lek­ti­on ausg­lie­fert wird. Apple hat das Luxus­pro­blem, in sei­nen Läden per­ma­nent Hoch­fre­quenz mana­gen zu müs­sen. Für die Mit­ar­bei­ter bedeu­tet das zwangs­läu­fig Arbeit und Stress. Aber ist das nicht immer noch bes­ser, als in einem Desi­gner­la­den auf drei Kun­den am Tag zu war­ten? Selbst­ver­ständ­lich soll­te die Qual adäquat ver­gü­tet wer­den.

Erst die Skan­dal­be­richt­erstat­tung um Apple-Zulie­fe­rer Fox­conn, dann die Mel­dun­gen von App­les Steu­er­ver­mei­dungs­pra­xis (das Unter­neh­men zahl­te 2011 für die Gewin­ne in sei­nem Aus­lands­ge­schäft kei­ne 2% Steu­ern), jetzt die Ent­hül­lung des Apple-Ver­käu­fer-Auf­stan­des – ein wenig unheim­lich ist es schon, dass die Nega­tiv­be­rich­te dem Geschäft des iKon­zerns offen­bar nicht scha­den. In die­sem Fall hört das Volk wahr­schein­lich mal nicht auf sei­nen Bun­des­prä­si­den­ten: “Man kann mor­gens um fünf für das neu­es­te Gerät anste­hen. Man kann aber auch einen gan­zen Tag lang vor dem Laden gegen unmensch­li­che Arbeits­ver­trä­ge pro­tes­tie­ren”, spiel­te Joa­chim Gauck ges­tern auf dem Füh­rungs­tref­fen Wirt­schaft der SZ auf den Fall an. “Mit dem Kas­sen­bon kann man schlim­me Zustän­de zemen­tie­ren.” Und: “Schwar­ze Zah­len sind kein Grund, rote Lini­en zu über­schrei­ten.”

Das Bei­spiel Apple zeigt im Extrem, wie beim The­ma Nach­hal­tig­keit geheu­chelt wird. Die Leu­te erei­fern sich mit dem Spie­gel und liken das Apple-Bas­hing bei Face­book, und es fällt ihnen gar nicht auf, dass sie ein iPho­ne dazu benut­zen. Sind die Pro­duk­te nur geil genug, dann schert es die Kon­su­men­ten halt wenig, ob Min­dest­stan­dards in der Pro­duk­ti­on und im Ver­trieb bzw. gesell­schaft­li­che Ver­pflich­tun­gen ein­ge­hal­ten wer­den. Da zahlt man dann sogar Prei­se, die Apple eine Net­to­um­satz­ren­di­te von 24 Pro­zent ein­brin­gen. Auf einen Dis­coun­ter wie Kik ein­zu­dre­schen, des­sen Pro­duk­te sowie­so nie­mand haben möch­te, der sich Bes­se­res leis­ten kann, ist dage­gen ziem­lich bil­lig.

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Stich­wort Steu­er­ver­mei­dung: Mit Albert Eick­hoff ist ein pro­mi­nen­ter Name auf der vom NRW-Finanz­mi­nis­te­ri­um auf­ge­kauf­ten schwei­zer Steu­er-CD auf­ge­taucht. Ver­mut­lich ste­hen da auch noch ein paar sei­ner Kun­den drauf. Die dürf­te die öffent­lich­keits­wirk­sa­me Akti­on der Steu­er­fahn­der jetzt ziem­lich auf­ge­scheucht haben. Eine Mil­li­on Euro lie­gen Bild zufol­ge auf dem schwei­zer Kon­to, das Eick­hoff vor 35 Jah­re eröff­net hat und auf das er seit 30 Jah­ren nichts mehr ein­ge­zahlt habe, wie er der Bild-Zei­tung erklär­te. “Damals gehör­te es zum guten Ton, Geld ins Aus­land zu schaf­fen.” Für eine Selbst­an­zei­ge sei er “zu doof” gewe­sen. Eick­hoff hat rich­tig reagiert, gegen­über Steu­er­fahn­dung und Pres­se alles offen­ge­legt und will jetzt nach­zah­len. “Wenn man bekannt ist, muss man mit sowas leben. In einer Woche spricht kein Mensch mehr dar­über.”

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Und sonst? Ist Kar­stadts CFO zurück­ge­tre­ten. Ich mache mir nicht die Mühe, nach­zu­se­hen, wie man den Namen schreibt. Das konn­te ich mir in der kur­zen Amts­zeit nicht mer­ken. Die Per­so­na­lie ist nicht eben geeig­net, das Ver­trau­en in Kar­stadts Gene­sung zu stär­ken. Bei Esprit ist es umge­kehrt: Da hat sich Micha­el Ying erneut zum Groß­ak­tio­när auf­ge­schwun­gen. Er ver­dop­pel­te sei­nen Anteil am Unter­neh­men auf über 10%. Das macht zumin­dest den Inves­to­ren Hoff­nung. Yings Zukäu­fe lie­ßen den Akti­en­kurs ges­tern vor­über­ge­hend um über 30% explo­die­ren. Und dann ist auch noch die jüngs­te Desi­gner­ko­ope­ra­ti­on bei Hen­nes & Mau­ritz ange­lau­fen: MMM for H&M. Die war nur mög­lich, weil Mai­son Mar­tin Mar­gie­la Die­sel-Grün­der Ren­zo Rosso gehört. Der will Geld ver­die­nen und kei­ne Kunst machen. Die Öffent­lich­keit, die durch H&M erzeugt wird, ist das exak­te Gegen­teil des­sen, was der scheue Namens­ge­ber für sei­ne Mar­ke gewollt hät­te. Wäre Mar­tin Mar­gie­la tot, wür­de er sich im Gra­be umdre­hen.

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