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Vote! Aber nicht wieder den Falschen!

Photo70.000 Dol­lar fürs Haa­re­ma­chen! Die­se Sum­me habe Donald Trump im Rah­men sei­ner TV-Show ‚The App­ren­ti­ce‘ für Hair­sty­ling von der Steu­er abge­setzt, hat die New York Times die­se Woche ent­hüllt. Zusam­men mit ande­ren Abschrei­bun­gen habe der US-Prä­si­dent sei­ne Steu­er­last damit in den Jah­ren 2016 und 2017 auf 750 Dol­lar drü­cken kön­nen.

70.000 Dol­lar – das klingt nach einem schlech­ten Deal. Ins­be­son­de­re wenn man das Ergeb­nis betrach­tet. Rech­net man die Sum­me indes über die 14jährige Lauf­zeit der TV-Show, kommt man auf gut 400 Dol­lar im Monat. Immer noch nicht wenig, aber bei dem kunst­vol­len Arran­ge­ment, das den Kopf des US-Prä­si­den­ten krönt, im Bereich des Mög­li­chen. Soll­te Trump etwa aus­ge­rech­net den Steu­er­be­hör­den gegen­über ehr­lich gewe­sen sein?

Man mag das nach über 20.000 erwie­se­nen Lügen seit 2016 nicht glau­ben. Schlimm genug, dass selbst nach der heu­te Nacht bekannt­ge­ge­be­nen Covid 19-Infek­ti­on sich sofort Zwei­fel breit­ma­chen, es han­de­le sich dabei um Wahl­kampf­tak­tik. Auch im TV-Duell am Diens­tag gab Trump den Trump, wie er leibt und lebt. Die wenigs­ten sei­ner Ein­las­sun­gen haben den Fak­ten­check über­stan­den. Sofern es sich über­haupt um Fak­ten han­del­te, denn der US-Prä­si­dent beschränk­te sich weit­ge­hend auf Stör­ma­nö­ver und Beschimp­fun­gen sei­nes Her­aus­for­de­rers Joe Biden. Donald Trump, wie Biden es in der TV-„Debatte“ getan hat, als „Clown“ zu bezeich­nen ist den­noch falsch. Denn die Show war nicht zum Lachen.

Tra­gisch ist, dass die meis­ten Zuschau­er es als das betrach­ten: eine Show. Dabei ist die poli­ti­sche Aus­ein­an­der­set­zung dar­über, wie eine Gesell­schaft zusam­men­le­ben will, zu wich­tig, als dass man die Ent­schei­dung dar­über, wer die Macht bekom­men soll, rein auf Images redu­ziert und die Sub­stanz igno­riert. Es wäre zugleich naiv zu glau­ben, dass das frü­her anders war. Statt sich mit kom­ple­xen Pro­ble­men zu beschäf­ti­gen, wäh­len die meis­ten Men­schen seit jeher die Per­son, der sie zutrau­en, die­se Pro­ble­me am bes­ten und in ihrem Sin­ne zu lösen. Neu ist indes das media­le Umfeld: Da die fach­kun­di­gen Fil­ter des pro­fes­sio­nel­len Jour­na­lis­mus im Social Media-Zeit­al­ter zuneh­mend aus­fal­len, kön­nen ruch­lo­se Popu­lis­ten wie Trump mit „alter­na­ti­ven Fak­ten“ und Spek­ta­kel Auf­merk­sam­keit und Stim­men gewin­nen. Wer wie Trump auf Twit­ter aus­zu­tei­len gewohnt ist, tut das zum Amü­se­ment sei­ner Ziel­grup­pe eben auch im TV.

Einer von vie­len Tief­punk­ten war sei­ne unver­hoh­le­ne Auf­for­de­rung an die rechts­extre­men ‚Proud Boys‘, sich – wofür auch immer – bereit zu hal­ten. Weil die mili­tan­ten Ras­sis­ten mit Vor­lie­be schwarz-gel­be Polos von Fred Per­ry tra­gen, hat­te die bri­ti­sche Mar­ke für die­sen Arti­kel bereits ver­gan­ge­ne Woche einen Ver­kaufs­stopp in USA und Kana­da erklärt. Rich­tig so! Das fiel in die­sem Fall leicht, denn Fred Per­ry kann sich des Applaus‘ der über­wie­gen­den Mehr­heit sicher sein.

Ansons­ten ist poli­ti­sche Posi­tio­nie­rung für Mar­ken viel­fach pro­ble­ma­tisch. Gera­de in einer extrem pola­ri­sier­ten Gesell­schaft wie den USA ist die Befürch­tung nicht unbe­rech­tigt, es sich durch eine Par­tei­nah­me mit der ande­ren Hälf­te der Bevöl­ke­rung zu ver­scher­zen. Aus­nah­men wie Pata­go­nia bestä­ti­gen die Regel. Chia­ra Boni etwa gehört zu den bevor­zug­ten Klei­der­aus­stat­te­rin­nen repu­bli­ka­ni­scher Pro­mis wie Ivan­ka Trump oder Kim­ber­ly Guil­foyle. Was sich geschäft­lich für sie aus­zahlt, aber, wie sie BoF ver­riet, nicht ihrer poli­ti­schen Gesin­nung ent­spricht. Nicht alle kön­nen sich der Ver­ein­nah­mung durch die Poli­tik so leicht ent­zie­hen wie die Rol­ling Stones, die Trump mit Kla­ge gedroht haben, soll­te der noch ein­mal einen ihrer Hits auf einem Par­tei­tag spie­len.

Das Herz der meis­ten Mode­leu­te dürf­te für die Demo­kra­ten schla­gen. Mode braucht ein libe­ra­les Kli­ma, um sich ent­fal­ten zu kön­nen, und die Indus­trie kei­nen Pro­tek­tio­nis­mus. Nicht zuletzt ist der Trump-Clan in jeder Hin­sicht die Ver­kör­pe­rung schlech­ten Geschmacks. Vor vier Jah­ren hat­ten sich vie­le US-Desi­gner des­halb offen an die Sei­te von Hil­la­ry Clin­ton gestellt. Die Vogue hat­te sogar eine Wahl­emp­feh­lung abge­ge­ben. Das Maga­zin wird in den Swing Sta­tes offen­bar nicht gele­sen, und so mach­ten alle lan­ge Gesich­ter, als Donald Trump die Wahl gewann. Mela­ni­as Oufits wur­den seit­dem zwar stets beach­tet und nicht sel­ten poli­tisch aus­ge­legt. Zu einem Titel-Lieb­ling hat sie es – anders als etwa Miche­le Oba­ma – nie gebracht.

Anders als 2016 ver­mei­den es die Mode­leu­te im lau­fen­den Wahl­kampf, sich par­tei­po­li­tisch fest­zu­le­gen. Statt des­sen rufen Initia­ti­ven wie ‚Fashion for Future 2020‘ zur Wahl auf, bedru­cken Merch-Arti­kel mit “Vote”-Slogans oder unter­stüt­zen Michel­le Oba­mas Akti­on ‘When we all vote‘. In der Hoff­nung, dass die Men­schen nicht erneut dem Fal­schen die Stim­me geben.

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Und sonst?

… muss­te die belieb­te Insta­gram-Sei­te Gale­ria Arsch­ge­weih sich nach Kla­ge von Gale­ria Kar­stadt Kauf­hof umbe­nen­nen: in Gale­rie Arsch­ge­weih. Nach Been­di­gung des Insol­venz­ver­fah­rens kann sich das Unter­neh­men also nun den wirk­li­chen Pro­ble­men wid­men.

… mel­det Boo­hoo fürs letz­te Quar­tal (31.8.) Rekord­zu­wäch­se bei Umsatz und Ertrag. Im Juli war der Kurs nach Medi­en­be­rich­ten über Lohn­dum­ping in der hei­mi­schen Pro­duk­ti­on mas­siv ein­ge­bro­chen. Den Kun­den waren die Aus­beu­ter­prak­ti­ken offen­sicht­lich egal. Soweit zur kom­mer­zi­el­len Rele­vanz von Social Respon­si­bi­li­ty.

… sorgt Ama­zon gleich mit zwei tech­ni­schen Inno­va­tio­nen für Schlag­zei­len: Einer Indoor-Droh­ne, die die Woh­nung abfliegt, wenn man von unter­wegs schau­en möch­te, ob alles in Ord­nung ist. Und einem neu­en Kas­sen­sys­tem, das nicht mehr nur den klei­nen Fin­ger, son­dern gleich die gan­ze Hand scannt. Ob Star Trek-Fan Bezos sei­ne Ware eines Tages zu den Kun­den beamt?

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Apro­pos Ama­zon:

“Tei­le die Pro­duk­te, ver­die­ne Geld“, for­dert mich Ama­zon seit Tagen via Insta­gram auf. Und bie­tet mir an, bei „Ama­zon Influen­cers“ mit­zu­ma­chen. Ich dür­fe mei­ne eige­ne Store­front eröff­nen und dort mei­nen Fol­lo­wern Pro­duk­te emp­feh­len. Dafür gibt‘s dann Pro­vi­si­on.

Wie kom­men die nur auf pro­fa­shio­nals? Wir sind ja hier nicht bei ‚The Blon­de Salad‘ und wol­len das auch gar nicht sein…. Die Zahl der Fol­lower sei für die­ses Affi­lia­te-Pro­gramm nicht allein ent­schei­dend, lese ich bei Goog­le nach. Für Ama­zon sei­en auch Metri­ken wie die Qua­li­tät der Posts und das Enga­ge­ment der Fol­lower auf ver­schie­de­nen Kanä­len rele­vant. Neh­men wir es also alle gemein­sam als Kom­pli­ment.