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„Helden der Jugend”: Aus für Strenesse

XHal­lo Jür­gen, magst Du mal was zum end­gül­ti­gen Ende von Stre­nes­se schrei­ben (TW heu­te)?”, schreibt mir am Mitt­woch ein Kon­takt auf Lin­ke­dIn. “Ich fin­de es schon beängs­ti­gend, in wel­chen Tem­po die gan­zen ‘Hel­den der Jugend’ weg­ster­ben.“

Das ist hier zwar kein Wunsch­kon­zert, und schon gar nicht kön­nen ein paar war­me Wor­te von mir nost­al­gi­sche Wal­lun­gen lin­dern. Aber natür­lich ver­schwin­det mit Stre­nes­se ein Name vom Markt, der für lang­jäh­ri­ge Bran­chen­teil­neh­mer mal ein gro­ßer war. Das ist frei­lich sehr lan­ge her.

Sei­ne Blü­te­zeit hat­te das Unter­neh­men in den 90er Jah­ren des letz­ten Jahr­hun­derts. Grün­der­sohn Gerd Streh­le und sei­ne Frau und Chef­de­si­gne­rin Gabrie­le Streh­le bil­de­ten ein kon­ge­nia­les Team. Sie küss­ten und sie schlu­gen sich, aber es kam Gro­ßes dabei her­aus. Ab 1995 zeig­te man in Mai­land. Ende der 90er gehör­te Stre­nes­se mit einem Umsatz von weit über 100 Mil­lio­nen zu den weni­gen inter­na­tio­nal bekann­ten deut­schen Mode­mar­ken, neben Esca­da und Hugo Boss.

Doch Fehl­ent­schei­dun­gen wie der Ein­stieg in die Mens­wear oder die Expan­si­on mit eige­nen Läden kamen das Unter­neh­men teu­er zu ste­hen. Fami­li­en­zwis­tig­kei­ten kamen dazu. Mit­te der Nuller Jah­re war Stre­nes­se zum Sanie­rungs­fall gewor­den, es fehl­ten die Mit­tel und teil­wei­se der Wil­le zur Moder­ni­sie­rung. Die letz­ten posi­ti­ven Schlag­zei­len lie­fer­te die Fuß­ball-WM 2010, wo Jogi Löw im blau­en Kasch­mir­pul­li von Stre­nes­se eine gute Figur mach­te.

2013 über­nahm mit Luca Streh­le die drit­te Gene­ra­ti­on, sei­ne Stief­mut­ter Gabrie­le Streh­le schied aus. 2014 platz­te die Refi­nan­zie­rung einer Anlei­he und Stre­nes­se muss­te Insol­venz anmel­den. Es begann ein Hau­en und Ste­chen unter diver­sen Inves­to­ren, die sich den immer noch gro­ßen Namen sichern woll­ten, was am Wider­stand der Fami­lie schei­ter­te. 2017 ging das Unter­neh­men schließ­lich an eine Schwei­zer Treu­hand­ge­sell­schaft, und Streh­les waren end­gül­tig raus. Von da an wur­de es ruhig ums Unter­neh­men. Das neue Manage­ment konn­te den Nie­der­gang nicht auf­hal­ten, im Juli des ver­gan­ge­nen Jah­res kam die zwei­te Insol­venz. Die Coro­na-Kri­se mach­te den Sanie­rungs­be­mü­hun­gen nun end­gül­tig einen Strich durch die Rech­nung.

Steht das Aus von Stre­nes­se für die Kri­se eines gan­zen Markt­seg­ments?

Da bleibt mir nur, mich selbst zu zitie­ren. Schon beim Aus für Rene Lezard im ver­gan­ge­nen Novem­ber wur­de der Abge­sang auf das Pre­mi­um-Gen­re laut. “Aber die Nach­rich­ten vom Tod die­ses Markt­seg­ments sind, um es mit Mark Twa­in zu sagen, über­trie­ben. Natür­lich hat sich die Wett­be­werbs­si­tua­ti­on für die soge­nann­te Bel­eta­ge des Mark­tes stark ver­än­dert, das Geschäft ist nicht ein­fa­cher gewor­den, die Pre­mi­um-Kun­din kauft heu­te auch bei Mas­si­mo Dut­ti, Cos und Zara, die Mul­ti­la­bel-POS haben sich aus­ge­lich­tet, wäh­rend die Pre­mi­um-Brands im eige­nen Retail meist Geld ver­bren­nen und ihnen das Mar­ke­ting­bud­get fehlt, mit den gro­ßen Luxu­ry Brands mit­zu­hal­ten. Aber es gibt immer noch anspruchs­vol­le Kun­den, die Qua­li­tät suchen, und sie bei Mar­ken wie Marc Cain, Ria­ni, Lui­sa Cer­ano oder Doro­thee Schu­ma­cher auch fin­den. Die Kri­se ein­zel­ner Unter­neh­men ist nicht zwangs­läu­fig die eines gan­zen Mark­tes.”

Hin­ter­her ist man immer schlau­er. Aber manch­mal liegt die Ver­ant­wor­tung auch bei den Unter­neh­mern.

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