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Zalando verdrängt H&M

XEine klei­ne Nach­richt illus­triert den gan­zen Wan­del im Mode­han­del: Zalan­do eröff­net an der Düs­sel­dor­fer Kö. Nicht am häss­li­chen Ende, wo kei­ner hin­geht, son­dern mit­ten­drin, unweit der Kö-Gale­rie. Mie­ter ist dort aktu­ell H&M, der sei­nen Ver­trag nicht ver­län­gert bekommt. Angeb­lich hat der Ver­mie­ter mit den Schwe­den über die 2400 m² noch nicht ein­mal ver­han­delt.

Der digi­ta­le ver­drängt den sta­tio­nä­ren Bran­chen­pri­mus. Und das auf sei­nem ange­stamm­ten Ter­rain, mit einem Laden! Wer hät­te das vor fünf Jah­ren gedacht. Da war H&M noch der gro­ße Ver­drän­ger. Die ver­ti­ka­len Filia­lis­ten haben das Gesicht der Innen­städ­te in den ver­gan­ge­nen Jahr­zehn­ten grund­le­gend ver­än­dert. Weil sie Mie­ten bezah­len konn­ten, die höher als ihre Per­so­nal­kos­ten sind. Das ändert sich gera­de, auch wegen der wach­sen­den digi­ta­len Kon­kur­renz. Die arbei­tet mit Fremd­ka­pi­tal, das auf eine Irgend­wann-Ver­zin­sung spe­ku­liert. Wo anders als im Inter­net könn­te ein Unter­neh­men exis­tie­ren, das wie Far­fetch in einem Jahr um 69 Pro­zent auf eine Mil­li­ar­de Dol­lar wächst und gleich­zei­tig sei­nen Ver­lust auf 374 Mil­lio­nen ver­dop­pelt?

Zalan­do eröff­net an der pro­mi­nen­ten Adres­se frei­lich kei­nen Flag­ship Store. Son­dern ein Out­let. Dort gibt es dann wahr­schein­lich die Luxu­ry Brands zu Nied­rig­prei­sen, um die sich sie Ber­li­ner zur­zeit bemü­hen und die ihnen im Netz kei­ner abnimmt. Und mit denen ein paar Meter wei­ter Breu­nin­ger und dem­nächst die KaDe­We Group im Carsch-Haus Full­pri­ce Busi­ness machen wer­den wol­len. Auch aus sol­chen Grün­den soll­ten die Mar­ken sich gut über­le­gen, mit wem sie zusam­men­ar­bei­ten. Das wer­den ohne­hin nur die­je­ni­gen tun, die sich kei­nen Direkt­ver­trieb leis­ten kön­nen. Selek­ti­ve Dis­tri­bu­ti­on wird im Inter­net noch weni­ger funk­tio­nie­ren.

Dass ein Pure Play­er wie Zalan­do auch sta­tio­när expan­diert, ist ohne­hin weni­ger Aus­fluss einer ver­meint­li­chen Omnich­an­nel-Stra­te­gie als ein Not­na­gel und mit­hin Zei­chen von Schwä­che. In dem Maße, wie der Onli­ner Out­lets eröff­net, dürf­te die Ein­kaufs­pla­nung ver­sagt und die Alt­wa­ren­lä­ger zuge­nom­men haben. Aber da sind die Ber­li­ner bekannt­lich nicht allein, wes­halb der Out­let-Kanal einer der Gewin­ner der letz­ten Jah­re ist. TK Maxx hat gera­de Rekord­zah­len publi­ziert. Der Off­pri­ce-Rie­se wuchs um 7 Pro­zent auf über 41 Mil­li­ar­den Dol­lar. Wenn die Bran­che jetzt wegen Coro­na auf noch mehr Ware sit­zen bleibt, dürf­te sich der Besuch einer der 4500 Filia­len für die Schnäpp­chen­jä­ger dem­nächst erst recht loh­nen.

Dass mit­ten auf der Kö ein Preis­for­mat öff­net, ist nicht zuletzt ein Beleg für die zuneh­men­de Dyna­mik von Stand­or­ten. Frü­her domi­nier­ten dort Fach­händ­ler wie Eick­hoff die Sze­ne, dann kamen die Mono­la­bels­to­res der Luxu­ry Brands hin­zu. Die Eröff­nung des Fre­quenz­brin­gers H&M hat die Inter­es­sen­ge­mein­schaft Königs­al­lee noch begrüßt. Inzwi­schen sind an der Adres­se auch Lidl und Aldi gelan­det (frei­lich im häss­li­chen Teil), und das Luxus­ge­schäft kon­zen­triert sich noch stär­ker in Rich­tung Kö-Bogen­/B­reu­nin­ger.

In Düs­sel­dorf ist die­ser “Niveau­ver­fall” zugleich Kla­gen auf hohem Niveau. Man sehe sich wie Richard David Precht nur mal in einer typi­schen deut­schen Mit­tel­stadt wie Solin­gen um. Irgend­wo muss Kik sei­ne 3700 Filia­len schließ­lich betrei­ben.

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Und sonst?

… tritt Ama­zon dem Han­dels­ver­band HDE bei. Eine Pro­vo­ka­ti­on für Ver­di, die Ama­zon als logis­tik­zen­tren­be­trei­ben­den Ein­zel­händ­ler sieht, wäh­rend Ama­zon sich selbst als ein­zel­han­dels­trei­ben­den Logis­ti­ker ver­steht. Jeden­falls soweit es um die Tari­fe geht. Ande­rer Mei­nung als das Neu­mit­glied zu sein, dürf­te dem HDE künf­tig schwer fal­len. Denn wer beisst schon die Hand, die ihn füt­tert.

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