Passiert large

Prada und Corona

ImgPra­da und Coro­na waren die The­men von Mai­land, und es ist kei­ne Fra­ge, dass das Virus einen grö­ße­ren wirt­schaft­li­chen Impact haben wird als die Liai­son von Miuc­cia und Raf. Die bes­te Kri­sen-Reak­ti­on zeig­te Gior­gio Arma­ni: mit sei­ner Show vor lee­ren Rän­gen bewies er glei­cher­ma­ßen Für­sor­ge und PR-Gespür. Anders Phil­ipp Plein. Der zeig­te swa­rov­ski­kris­tall­be­setz­te Lakers-Shirts vor gold­fo­li­en­über­zo­ge­nen Heli­ko­ptern, und das aus­ge­rech­net am Tag vor der Trau­er­fei­er für Kobe Bryant. Die Ver­nei­gung ging nach hin­ten los. „Fuck you, Phil­ipp“ war noch eine der freund­li­che­ren Reak­tio­nen im Netz. Viel­leicht hät­te Plein hus­ten­de Models über den Lauf­steg schi­cken sol­len. Das hät­te eben­so aktu­el­len Bezug gehabt, und bil­li­ger wäre es auch gewe­sen.

Doch Scherz bei­sei­te. Die sich abzeich­nen­de Covid-19-Pan­de­mie wächst sich zu einer mas­si­ven wirt­schaft­li­chen Bedro­hung aus, auch und gera­de fürs Mode­busi­ness. Als Ers­tes hat es alle erwischt, die in Chi­na Geschäf­te betrei­ben. Adi­das mel­de­te für die ers­ten Wochen nach Chi­ne­se New Year einen Umsatz­ein­bruch von 85% in der Regi­on. Mes­sen wie die CHIC oder die Inter­tex­ti­le muss­ten abge­sagt wer­den. Die Luxus­mei­len in Euro­pa lei­den unter den weg­blei­ben­den chi­ne­si­schen Tou­ris­ten eben­so wie die Tex­til­mes­sen in Mün­chen und Paris, die Euro­shop in Düs­sel­dorf oder die Schuh­mes­se in Mai­land unter Aus­stel­ler- und Besu­cher­schwund. Unter­neh­men haben Rei­se­ver­bo­te für ihre Mit­ar­bei­ter aus­ge­spro­chen, man­che ver­fü­gen Home Office, Arma­ni hat sei­ne Büros kur­zer­hand ganz geschlos­sen. Die Bör­sen sind auf Tal­fahrt; die Top 10 Luxus­kon­zer­ne haben Mon­tag auf Diens­tag die­ser Woche zusam­men 25 Mil­li­ar­den Dol­lar an Wert ver­lo­ren. LVMH hat, wie man hört, ein Kri­sen­pro­gramm auf­ge­legt und stellt etli­che Aus­ga­ben auf den Prüf­stand.

Die Risi­ken für Kon­junk­tur und Kon­sum­kli­ma stei­gen mit der Dau­er und Hef­tig­keit der Kri­se. Das Mode­busi­ness wird die Fol­gen erst noch spü­ren. Die aktu­el­le Aus­lie­fe­rung ist gar nicht mal so sehr das Pro­blem. Die Läden sind auch so voll. Wer sei­ne Lie­fer­ket­te nicht im Griff hat, dem lie­fert das Virus jetzt sogar ein Ali­bi.

Doch was pas­siert mit der Pro­duk­ti­on und Aus­lie­fe­rung in den kom­men­den Wochen? Wo wird die Indus­trie die neu­en Fer­ti­gungs­auf­trä­ge plat­zie­ren? Hilft Pro­duk­ti­ons­ver­la­ge­rung, wo Chi­na fast über­all Kom­po­nen­ten bei­steu­ert? Der ita­lie­ni­sche Leder­wa­ren­ver­band, der vor zwei Wochen noch stei­gen­de Auf­trags­men­gen wegen der Coro­na-Kri­se in Fern­ost mel­de­te, dürf­te sich schon mal zu früh gefreut haben.

Auch die Mode­mes­sen müs­sen ihre Flä­chen für den Som­mer ver­mark­ten. Wird die Fashion Week in Ber­lin statt­fin­den, wenn in Tokio sogar die Absa­ge von Olym­pia erwo­gen wird? Und was bedeu­tet das Gan­ze für den Kon­sum? Abge­se­hen davon, dass die Leu­te bei einer dro­hen­den Wirt­schafts­kri­se ihr Geld bei­sam­men hal­ten wer­den – wer­den sie in die Läden kom­men, wenn Ein­kau­fen ein Gesund­heits­ri­si­ko dar­stellt? Von Hams­ter­käu­fen wer­den die Tex­ti­li­ten kaum pro­fi­tie­ren. Wenn die Kun­den zuhau­se blei­ben und sich ans Online­be­stel­len gewöh­nen, wird dies dem Distanz­han­del wei­ter Auf­trieb ver­schaf­fen. Ande­rer­seits: Braucht, wer die meis­te Zeit zuhau­se ver­bringt, über­haupt stän­dig neue Kla­mot­ten? Von Jog­ging­ho­sen allein kann die­se Indus­trie nicht leben….

Die Coro­na-Kri­se ist mit dem SARS-Aus­bruch 2003 kaum zu ver­glei­chen, auch was den Grad der Hys­te­rie angeht. Nicht nur Viren, auch Nach­rich­ten ver­brei­ten sich heut­zu­ta­ge schnel­ler. Man muss sie den­noch ernst neh­men: Covid-19 hat jetzt schon weit mehr Todes­op­fer gefor­dert als SARS vor 17 Jah­ren. Deutsch­lands Top-Viro­lo­ge Chris­ti­an Dros­ten mein­te ges­tern Abend bei May­brit Ill­ner, dass 60 bis 70 Pro­zent der deut­schen Bevöl­ke­rung Erfah­rung mit Coro­na machen könn­ten. Die ent­schei­den­de Fra­ge sei: in wel­chem Zeit­raum. Es gehe jetzt dar­um, die Ver­brei­tung zu ver­zö­gern, an Impf­stof­fen wer­de gear­bei­tet. Die Stra­te­gie der Behör­den sei des­halb rich­tig, und irgend­wel­che auf­ge­reg­ten Talk­show-Debat­ten dar­über zu füh­ren Ener­gie­ver­schwen­dung. Danach habe wahr­schein­lich nicht nur ich den Fern­se­her aus­ge­macht.

Die neue Pan­de­mie erin­nert uns auch dar­an, wie stark die inter­na­tio­na­le Ver­net­zung in den 17 Jah­ren seit SARS zuge­nom­men hat. Wir haben von die­ser Glo­ba­li­sie­rung alles in allem pro­fi­tiert. Umge­kehrt besteht nun die Gefahr, dass die Kri­se all denen Auf­trieb gibt, die gegen glo­ba­le Zusam­men­ar­beit und für natio­na­le Abschot­tung sind. Das kann im Mode­busi­ness nie­mand wol­len.