Passiert large

Politik im Sommer-Modus. Kaufhof in der Krise. Basler im Aus. Lidl in New York. Mango in roten Zahlen. H&M und Inditex im Vergleich.

XWas ist nur aus dem Som­mer­loch gewor­den? Natür­lich zeig­ten die Medi­en die übli­chen Urlaubs­fo­tos von Pro­mi­nen­ten, im Vor­feld der Wahl ins­be­son­de­re von Poli­ti­kern, und nicht sel­ten ging es dabei um Mode­fra­gen. Da war die Kanz­le­rin beim Wan­dern in 7/8 Out­door-Hosen. Halt so wie die meis­ten Leu­te, die sie wäh­len sol­len. In Bay­reuth trug sie ein Kleid, das sie vor Jah­ren schon ein­mal anhat­te, und das nicht das ers­te Mal. Ganz die schwä­bi­sche Haus­frau, die sie lands­mann­schaft­lich nicht ein­mal ist. Sig­mar Gabri­el zeig­te sich beim Afri­ka-Besuch im neo­ko­lo­nia­lis­ti­schen Kha­ki-Out­fit, wäh­rend sei­ne loka­len Gesprächs­part­ner sich bei 35 Grad pro­to­koll­ge­recht in Anzug und Kra­wat­te zwäng­ten. Sarah Wagen­knecht ließ sich vom “Spie­gel” in Rad­ler­ho­sen und Fahr­rad­helm ablich­ten, was immer noch bes­ser aus­sah als der übli­che olle Rosa Luxem­burg-Look der Lin­ken-Spit­zen­kan­di­da­tin. Gre­gor Gysi trau­er­te in einem Inter­view der FKK-Kul­tur der DDR nach. Wir dage­gen sind eigent­lich ganz froh, Leu­te wie ihn nicht mehr sehen zu müs­sen, wie Gott sie schuf.

Das Bild zur Bun­des­tags­wahl hat frei­lich jetzt schon Chris­ti­an Lind­ner gelie­fert, im Unter­hemd mit Han­dy auf dem Sofa. Der FDP-Vor­sit­zen­de mach­te zudem als Ther­mo­mix-Pro­pa­gan­dist von sich reden. Höchst­wahr­schein­lich unab­sicht­li­che Lob­by­ar­beit, die – social media sei Dank – auch noch Stim­men brin­gen dürf­te. Und tau­send­mal ele­gan­ter, als 18 auf die Schuh­soh­len zu pin­seln. Wie unge­schickt dage­gen die Kom­mu­ni­ka­ti­on des jüngs­ten Enga­ge­ments von Chris­ti­an Wulff, der als Pro­ku­rist bei einem tür­ki­schen Mode­fi­lia­lis­ten ange­heu­ert hat, des­sen Name sich auch nach meh­re­ren Zei­tungs­ar­ti­keln kei­ner mer­ken kann. Trotz­dem: Will­kom­men in unse­rer Bran­che, Herr Bun­des­prä­si­dent!

Ansons­ten war von Som­mer­loch nicht viel zu spü­ren. Dafür sorg­ten neben Trumps Ent­glei­sun­gen der Abgas­skan­dal und die Air Ber­lin-Plei­te. Im Poker um die insol­ven­te Air­line hat­te zwi­schen­zeit­lich Hans Rudolf Wöhrl am Tisch Platz genom­men. Und auch die Auto­kri­se soll­te uns inter­es­sie­ren, und das nicht nur, weil der vor Mona­ten bestell­te Cayenne nun vor­erst nicht aus­ge­lie­fert wird. Bin­nen­kon­junk­tur und Kon­sum­kli­ma hän­gen nicht unmaß­geb­lich an den Arbeits­plät­zen die­ser deut­schen Schlüs­sel­in­dus­trie. Fahr­ver­bo­te kön­nen eben­so wenig im Inter­es­se des inner­städ­ti­schen Ein­zel­han­dels sein. Im übri­gen zeigt sich in der Auto­kri­se das­sel­be hybri­de Kon­sum­ver­hal­ten, das auch die Mode­indus­trie zu Nach­hal­tig­keits­ka­prio­len zwingt. Man empört sich über die unsau­be­ren Prak­ti­ken der Anbie­ter und will doch auf das bil­li­ge T‑Shirt und den PS-star­ken SUV nicht ver­zich­ten, mit dem man dann bei Alna­tu­ra vor­fährt.

Oder auch bei Lidl, wenn dort dem­nächst die neue Hei­di Klum-Kol­lek­ti­on auf die Flä­che kommt. Die wird im Sep­tem­ber auf der New York Fashion Week gezeigt. Nach dem Pop up-Store am Neu­en Wall der nächs­te, noch viel grö­ße­re Scoop des Lebens­mit­tel­dis­coun­ters. Man hat den Ein­druck, als gin­ge es den Neckar­sul­mern vor allem dar­um, den auf­ge­bla­se­nen Mode­leu­ten zu zei­gen, wo der Ham­mer hängt. Hei­di ließ sich der­weil beim Tur­teln mit Micha­el Mich­alsky am Strand von St. Barth ablich­ten. Die nächs­te GNTM-Staf­fel droht.

Bei Sich­tung der Fach­me­di­en war ansons­ten vor allem Kri­sen­be­richt­erstat­tung. Allen vor­an über Kauf­hof, der seit der Her­ab­stu­fung durch Kre­dit­ver­si­che­rer nicht mehr zur Ruhe kommt. Eine finan­zi­el­le Schief­la­ge wird in Köln und Kana­da regel­mä­ßig demen­tiert. Die Abbe­ru­fung von HBCs Pre­si­dent Inter­na­tio­nal und Kauf­hof-Auf­sichts­rats­chef Don Watros spricht eine ande­re Spra­che. Jetzt wird schon wie­der über eine Deut­sche Waren­haus AG spe­ku­liert, den ewi­gen Wie­der­gän­ger der Waren­haus-Publi­zis­tik.

End­gül­tig Schluss ist bei Bas­ler. Irri­tie­rend ist dabei, dass so vie­le Ein­zel­händ­ler der Mar­ke nach­wei­nen. Das Schick­sal der Gold­ba­cher lag schließ­lich auch in deren Hän­den. Die eins­ti­ge Ertrags­per­le ist ein Mus­ter­bei­spiel für den Nie­der­gang vie­ler deut­scher Mode­mar­ken: von einem star­ken Macher groß gemacht, von der Markt­ent­wick­lung über­rollt und mit den Kun­den alt gewor­den, von Finanz­in­ves­to­ren her­un­ter­ge­wirt­schaf­tet und am Ende ent­beint.

Über­ra­schend sind die öffent­lich gewor­de­nen Minus-Ergeb­nis­se von Cha­nel. Von Kri­se zu spre­chen, wäre ver­fehlt. Es ist aber sehr wahr­schein­lich, dass Fami­lie Wert­hei­mer jetzt noch inten­si­ver über die Zukunft nach Karl Lager­feld nach­denkt.

Dass auch im Fast Fashion-Seg­ment nicht alles Gold ist was glänzt, zeigt das Bei­spiel Man­go. Nach sei­ner Repo­si­tio­nie­rung ist der spa­ni­sche Mode­fi­lia­list in die roten Zah­len gerutscht. Ganz anders dage­gen die Kol­le­gen von Indi­tex, die von Rekord zu Rekord eilen. Die Ver­glei­che mit H&M, die die TW ange­stellt hat, mögen pla­ka­tiv sein. Sie füh­ren den­noch in die Irre. Denn nur weil die Spa­ni­er bes­se­re Kenn­zah­len lie­fern, sind die Schwe­den als Play­er am Markt nicht weni­ger ernst­zu­neh­men. Zumal in der Stock­hol­mer For­mat-Fabrik regel­mä­ßig neue, inno­va­ti­ve Fili­al­kon­zep­te an den Start gebracht wer­den, wie das gera­de die­ser Tage in Lon­don gelaunch­te Arket. Dass H&M‑CEO Karl Johan Pers­son mit 1,4 Mil­lio­nen im TW-Ver­gleich gegen­über Indi­tex-CEO Pablo Isla mit sei­nem mehr als acht­fa­chen Jah­res­ge­halt wie ein armer Schlu­cker aus­sieht, dürf­te den Grün­de­ren­kel ohne­hin kalt las­sen. Fami­lie Pers­son hat sich allein für 2016 eine Divi­den­de von über 680 Mil­lio­nen Euro aus­be­zahlt.