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Altkleidersammlung bei H&M. Und Schlagzeilen von Douglas, Zalando, Kik, Zara, Escada und Gerry Weber.

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Das ist doch mal eine coo­le Idee, die H&M da umsetzt! Ab Febru­ar machen die Schwe­den einen Teil ihrer welt­weit über 2700 Geschäf­te zu Alt­klei­der­sam­mel­stel­len. Wer sei­ne abge­tra­ge­nen oder kaput­ten Sachen los­wer­den will, der schleppt sie ein­fach in die nächs­te Filia­le (sofern die­se zu den aus­ge­wähl­ten Stores gehört, von denen in der Pres­se­mit­tei­lung die Rede ist). Pro Kla­mot­ten-Tüte bekommt man 15% Rabatt auf den nächs­ten Kauf bei H&M. Das erin­nert so ein biss­chen an die Sani­fair-Klos auf den Auto­bahn­rast­stät­ten: Man lässt sei­nen Scheiss da und bekommt dann an der Kas­se was ange­rech­net.

Doch im Ernst: Das ist eine gute Sache. Am Ende gewin­nen alle dabei. Ers­tens die Kun­den Platz im Klei­der­schrank und einen Rabatt bei H&M. Zwei­tens die Umwelt, denn die öko­lo­gisch unbe­denk­lichs­te Mode ist – nicht wahr – die, die gar nicht erst pro­du­ziert wer­den muss, also Second Hand-Ware. Und drit­tens natür­lich H&M, der als Fast Fashion-Anbie­ter laten­ter Kri­tik aus­ge­setzt ist und sich über die­se Akti­on umwelt­be­wußt zei­gen kann.

Vor allem aber pro­fi­tiert I:Collect davon. Mit H&M hat man jetzt einen rich­tig dicken Fisch an Land gezo­gen. I:Collect ist ein inter­na­tio­nal agie­ren­des Dienst­leis­tungs­un­ter­neh­men für Tex­til­ver­mark­tung und –recy­cling mit Sitz in Baar in der Schweiz. In Koope­ra­ti­on mit Part­ner­un­ter­neh­men im Ein­zel­han­del sam­melt I:CO nach eige­nen Anga­ben in mehr als 50 Län­dern gebrauch­te Tex­ti­li­en, Schu­he und Acces­soires direkt am Point of Sale. Die Ware geht in gigan­ti­sche Sor­tier­be­trie­be und anschlie­ßend in Second Hand-Geschäf­te (der kleins­te Teil), in den Export in Ent­wick­lungs­län­der (ein gro­ßer Teil) sowie in die indus­tri­el­le Ver­wer­tung (der größ­te Teil), als Roh­stoff für die Reiß­spinn­stoff­in­dus­trie oder für Putz­lap­pen. Hin­ter I:CO steht die SOEX Group, das ist ein welt­weit agie­ren­der Tex­til­ver­wer­ter mit Sitz in Bad Oldes­loe, hin­ter dem wie­der­um der arme­ni­sche Fami­li­en­clan Oha­ni­an steht. Das Unter­neh­men wur­de 1977 von Sou­rein Oha­ni­an gegrün­det, seit 1993 wird es von sei­nen Söh­nen Ner­ses und Hag­op Oha­ni­an geführt. SOEX hat Betei­li­gun­gen in elf Län­dern und beschäf­tigt 2300 Mit­ar­bei­ter. Zu dem Unter­neh­men gehö­ren bei­spiels­wei­se auch die Klei­der­märk­te in Ber­lin, Ham­burg und Mün­chen. Ich habe einen der Oha­ni­ans vor bald 20 Jah­ren als jun­ger Ham­burg-Kor­re­spon­dent der TW getrof­fen und konn­te schon damals kaum glau­ben, was für ein Rie­sen-Busi­ness hin­ter der Alt­klei­der­ver­mark­tung steht. Das wird spä­tes­tens dann klar, wenn man sich die Zah­len des Fach­ver­bands Tex­til­re­cy­cling (FTR) vor Augen führt. Der schätzt, dass in Deutsch­land jähr­lich ca. 2 Mil­lio­nen Ton­nen Alt-Tex­ti­li­en anfal­len, davon rund 960.000 Ton­nen Beklei­dung (Stu­die von 2007). Jeder Bun­des­bür­ger kauft laut FTR im Jahr 27 kg Beklei­dung. Die­se Men­gen dürf­ten ange­sichts ten­den­zi­ell sin­ken­der Prei­se stei­gen, die Halt­bar­keit der Ware gleich­zei­tig sin­ken. Die Ver­wer­tung ist also ein Wachs­tums­markt und ein gutes Geschäft. Und – bei aller Kri­tik an den Aus­wir­kun­gen von Second Hand-Expor­ten auf die loka­len Märk­te in den Ent­wick­lungs­län­dern – unter dem Strich auch ein sinn­vol­les.

Bei Adler, Reno, Sport 2000 und Vöge­le Shoes in der Schweiz kann man übri­gens schon seit län­ge­rem Alt­wa­re in I:CO-Boxen abge­ben, auch bei Esprit und Puma gab es das schon. Es hat nur kei­ner so recht mit­be­kom­men. Also ich zumin­dest nicht. Das hat H&M bes­ser ver­stan­den.

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Und sonst? Ist jetzt nicht nur bei Dou­glas Advent-Zeit. Kann man bei Zalan­do ein Weih­nachts­lied schrei­en. Heißt es in der Asch­hei­mer Top-Eta­ge: Bru­no allein zu Haus. Setzt Chris­toph Lüt­gert sei­nen Kreuz­zug gegen Kik fort. Hat Zara ange­kün­digt, auf Gift-Che­mi­ka­li­en ver­zich­ten zu wol­len… bis 2020. Ger­hard Weber ist dann 79. Jetzt hat er erst mal bis 2014 ver­län­gert.

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